Auto weg - Oh, schreck!




Gestern gegen 23.30 Uhr: Durch einen schrillen, sich sekündlich wiederholenden Ton werde ich aus meinem Albtraum in der REM - Phase I heraus gerissen. Ich hatte geträumt, mit der Deutsche Bahn AG durch eine Winterlandschaft fahren zu müssen, so lange, bis der Zug wegen Schneebruchs in der tiefsten Pampa stecken blieb. Jetzt war ich wach, weil eine Auto - Alarmanlage irgendwo in der Nachbarschaft laut herum quäkte. Es war immer der gleiche Ton zu vernehmen. Nervtötend, so mitten in der Nacht.

Zunächst vermutete ich, das penetrante Geräusch käme aus dem im Wohnzimmer laufenden Fernseher. Meine bessere Hälfte sah wieder bis in die Puppen irgend so einen Film, den sie zuvor auf dem Nachtprogramm aufgezeichnet hatte. Doch der brüllende Fernseher war es nicht, aus dem jene Auto - Alarmanlage heraus zu hören war. Das Warnsignal war echt und es kam von draußen. 

" Hast Du etwa gestern nach dem Eierkauf vom Biohof das Garagentor nicht wieder herunter rollen lassen? Das wird doch nicht unser neuer Mazda sein, der da aufheult? ", schoss es mir durch den Kopf. Ich wurde etwas unruhig, zog meine Hausschuhe an und schlich mich zur Haustür. Im Schlafanzug lugte ich um die Ecke und erkannte, dass die befürchteten Auswirkungen einer leichten Altersdemenz, auch in diesem Fall nicht zu trafen. Das elektrische Garagentor war geschlossen. Von daher konnte es nicht unser Auto gewesen sein, dass da herum gemeckert hatte.

Beruhigt verzog ich mich in das Schlafzimmer. Der Fernseher brüllte immer noch. Ich steig wieder in das warme Bett, drehte mich in die Decke ein und nahm eine Art von stabiler Seitenlage ein. Ich schloss die Augen, doch der ersehnte Schlaf wollte nicht kommen. Meine Gedanken kreisten um die jaulende Auto - Alarmanlage. Dabei erinnerte ich mich an Ereignisse aus den vielen Jahren, in denen ich selbst von Diebstählen rund um das geliebte Vehikel betroffen war, aber auch an Fälle, die ich als Anwalt auf den Schreibtisch liegen hatte.

Mein letzter Renault, ein blauer  R4, wurde zwei Mal auf dem Parkplatz vor dem Mensa Wohnheim nachts aufgebrochen. Beim ersten Einbruchdiebstahl rissen die Halunken das damals sündhaft teure Autoradio für beinahe 800 DM aus der Konsole. Die Stereo - Lautsprecher auf der Ablage konnte sie nicht abschrauben, weil es wohl zu lange dauerte. Beim zweiten Versuch scheiterten die Diebe an der plötzlich los jaulenden Alarmanlage, die mein Schwager nachträglich installiert hatte. Als ich die Polizei vor mir stehen hatte, wurde ich von den Beamten deswegen gelobt.

Dann, so zirka 20 Jahre später probierten es Diebe bei mir erneut. Mein alter Mazda 626 D Kombi, der schon reichlich Kilometer auf dem Tacho hatte, stand jede Nacht auf der Strasse vor dem elterlichen Hausgrundstück. Vielleicht hatte ich den Kriepel erst gar nicht abgeschlossen, vielleicht hatten die Diebe auch eines der üblichen Werkzeuge eingesetzt, mit dem der PKW binnen kurzer Zeit geöffnet werden kann, auf jeden Fall könnten die Ganoven den Wagen zwar öffnen, jedoch wegen der elektronischen Wegfahrsperre nicht weiter als zwei Meter bewegen. Sie hatten versucht das Auto kurz zu schließen, denn die Zündkabel baumelten noch unter dem Lenkrad herum. Als die von Nachbarn gerufene Polizei durch wildes Klingeln mich geweckt hatte, stellten sie mir gleich einige dümmliche Fragen. Wieso denn das Auto mitten auf der Kreuzung stünde? Warum denn die Beifahrertür zu öffnen sei? Wer war da eigentlich der Geschädigte?

Erst als die Polizisten den Kabelsalat sahen, waren sie zu beruhigen. Sie nahmen eine Strafanzeige auf, dann zuckelten sie wieder ab.

Ganz so glimpflich wie in meinem eigen Fall, verlief jener eines einstigen Mandanten nicht. Es war der Vater meiner einstigen Auszubildenden, der mich vor vielen Jahren aufsuchte und um Rechtsrat bat. Es ging damals auch um einen PKW - Diebstahl. Der Mandant hatte Ende 1988 einen VW " Corrado " gekauft. Es war ein als Mittelklassewagen eingestuftes Sportcoupe. Das vollkommen neue Modell entwickelte sich innerhalb der nur 7 Jahre Produktionsdauer zum riesigen Flop.

 https://de.wikipedia.org/wiki/VW_Corrado

Der Mandant aber war vom eigenen Lebenszuschnitt her betrachtet, ein Vertreter aus der Kategorie " Kängeruh " zuzuordnen. Was auch vor mehr als 2 Dekaden zuviel bedeutet, dass er sich dieses Auto von Volkswagen gar nicht leisten konnte. Doch er bestellte eben eines jener wenigen VW - Modelle und besaß nach dessen Auslieferung für eine bestimmte Zeit ein Alleinstellungsmerkmal in der Hansestadt Bremen. Allerdings nicht mehr für lange, denn bereits einige Tage nach dem er das neue Fahrzeug vor dem Parkplatz in der Nähe seines schmucken Reihenhauses in Bremen - Habenhausen abgestellt hatte, musste er an einem Morgen feststellen, dass das Auto weg war.

 Da war er angeblich völlig perplex. Er informierte die Polizeidienststelle und gab dort eine Diebstahlanzeige auf. So nahm das spätere Malör seinen weiteren Verlauf. Die Polizei ermittelte und (er)fand dabei einige Ungereimtheiten. Wie konnte der neue PKW so einfach ohne Schlüssel entwendet werden? Warum war auf dem Abstellplatz, einer so genannten Parktasche, keinerlei Aufbruchspuren, also Glassplitter, vorhanden? Warum hatte aus der Nachbarschaft niemand verdächtige Personen oder gar Aufbruchgeräusche vernommen? 

Die Ermittlungen wurden nun gegen den Mandanten als Fahrzeughalter fort gesetzt. Ein Schlüssel - Gutachten wurde in Auftrag gegeben. Das hieraus folgende Ergebnis lautete, dass der Hauptschlüssel  sowie der Ersatzschlüssel wenige Nutzungsspuren aufwiesen, womit klar war, dass mit beiden Schlüsseln Schließ - und Zündvorgänge getätigt sein mussten. Dann kam das Entscheidende: Bei dem Ersatzschlüssel fanden sich verdächtige Kopierspuren. Das beutete, dass ein Drittschlüssel angefertigt worden sein musste.

Es sah jetzt für den Mandanten nicht gut aus.  Er musste, wenn er den Zweitschlüssel nicht aus der Hand gegeben haben wollte, von der Anfertigung eines weiteren Autoschlüssels gewusst haben. Damit hätte er einen versuchten Betrug sowie eine Straftat vorgetäuscht. Beides sind Vorsatztaten und schließen die Leistung aus der Kaskoversicherung aus.

Es kam zum Strafverfahren; der Mandant wurde just wegen dieser beiden angeklagten Taten verurteilt.  Das Urteil wurde rechtskräftig, die Versicherung ersetzte den Kaufpreis des Fahrzeuges mit beinahe 50.000 DM nicht. Der Traum vom Sportcoupe´war geplatzt, der Mandant blieb auf einen Haufen Schulden sitzen.

Nun saß er da und fragte, ob da noch etwas zu machen wäre. Nein, ein Wiederaufnahmeverfahren hatte keinen Sinn. Es gab weder neue Beweise, die ihn hätten entlasten können, noch wurde der VW wieder aufgefunden. Das Fahrzeug blieb wie von Erdboden verschluckt, dabei gab es nur einige Tausend in Westdeutschland.

Später, als der Mandant wegen eines anderen Rechtsfalls bei mir auftauchte, fragte ich später meine Auszubildende, ob sie wüsste, wie ihr Vater die aufgelaufenen Schulden beglichen hätte. Die Eltern hatten sich aber längst getrennt und waren geschieden. Sie bekam von der Verurteilung nichts mit. Später verkauften ihre Eltern das Reihenhaus, ob dieses nur wegen der Ehescheidung geschah, war ihr ebenso wenig bekannt.

Meine bessere Hälfte kam nach über einer halben Stunden aus dem Wohnzimmer hoch. Der Fernsehfilm war zu Ende. Ich war immer noch wach, weil mir jene Erinnerung von vor vielen Jahren nicht mehr aus den Kopf gingen. Ich erzählte ihr von der heulenden Auto - Alarmanlage. Es war sicherlich nur ein Versehen, dass sie aktiviert worden war. Mir ist dieses schon mehrfach passiert. Dann kam das aktuelle Thema " Corona " erneut ins Gespräch. Söder und andere Ministerpräsidenten haben eine weitere Verschärfung der Ausgangs - und Kontaktbeschränkungen beschlossen. Am Donnerstag wollen die Enkel kommen. Die Größere möchte mit ihrer Oma zum Shoppen fahren. Mit dem neuen Mazda, einem E - Auto, was ihr zwar nicht so gefällt, wie jenes von ihren Eltern ( einen VW Golf  ), aber dass wir ein Elektroauto angeschafft haben, findet sie toll.

Das Neue hat natürlich auch eine elektronische Wegfahrsperre, ein Alarmanlage und sogar ein GPS - Sender im Cockpit. Damit kann es - rein theoretisch - nicht geklaut werden. Doch eine plärrende Alarmanlage setzt bei mir immer noch ungute Erinnerung aus der Vergangenheit frei.


   


TRAFFIC  Sound  -  Those Days Have Gone  -  1970:



 

  

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