Photograph war ein Fotograf

Wenn ich in den Morgenstunden in die Echinger Bahnhofstraße einbiege, gelange ich nach knapp 50 Metern an eine Häuserzeile mit einigen Geschäften. Ein Friseur befindet sich hier. Zwei italienische Restaurants haben ihre dort ihren Platz. Ein Bekleidungsgeschäft ebenfalls. In der Mitte der Reihe betreibt ein Fotograf sein Geschäft. In der Schaufensterauslage sind eine Reihe von Bilder zu sehen. Es handelt sich überwiegend um Fotos aus dem Familienumfeld. Hochzeitsfotos natürlich, Bilder auf denen auch Kinder zu sehen sind oder Fotografien mit Eltern bzw. Großeltern. 

Viele davon wurden in schmucke Bilderrahmen eingesetzt. Die Auswahl liegt auf oder an passenden Stoffbahnen. Hübsch, aber auch dezent beleuchtet. Rechts neben dem Eingangsbereich der professionell aufgemachten Auslagen hat der Inhaber des Geschäfts einen Textausdruck angebracht. Hierin ist zu lesen, dass er sein Geschäft nach 11 Jahren nun zum 31. Januar 2021 aufgibt.

Die aktuellen " Corona " - Beschränkungen haben den Inhaber dieses kleinen Geschäfts zur Aufgabe gezwungen. Aber, der Fotograf benannte noch weitere Gründe für die Beendigung seiner Berufstätigleit. Die Entwicklung auf dem digitalen Kommunikationssektor zählen dazu. Auch die vermehrte Nutzung von Sozialen Medien, wie Facebook, Instagram oder auch Snapchat haben zu einer völlig veränderten Marktsituation geführt. Der Fotograf als Dienstleister für Privatkunden wurde in den letzten 10 Jahren immer weiter zurück gedrängt. 

Wer sich in diesem Berufszweig vormals selbständig gemacht hat, muss heutzutage um sein Überleben auf dem Markt kämpfen. Zudem ist die Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit in der Form eines stationären Ladengeschäfts mit hohen Kosten verbunden. Neben der Miete, werden weitere damit verbundene Nebenkosten, aber auch  Versicherungen, Einrichtungskosten und natürlich Materialkosten fällig. Da ist es oft schwierig, wenn nicht so gar unmöglich, diese Monat für Monat durch ausreichende Einnahmen zu decken. Ein hartes Brot.

Was vormals als Mode - oder euphorisierend als Traumberuf beschrieben war, wird vielleicht nur noch in den wenigen Bereichen der Medien - und Werbebranche anzufinden sein.

Einst nannte sich dieser staatlich anerkannte Beruf auch Lichtbildner, alsdann Photograph. Längst sind die Tätigkeitsbereiche dieser Brache vielfältiger geworden und die Ausbildungsmöglichkeiten andere, als noch vor einigen Jahrzehnten. Doch die Veränderungen innerhalb jener spezifischen Berufsfelder erbrachten keine großartigen Steigerungen bei den Durchschnittsverdiensten, die aktuell zwischen 1.450 bis 1.800 Euro brutto liegen. Eigentlich zu wenig, um die Lebenshaltungskosten abzudecken. Als selbständiger Fotograf dürften die Einkommen sogar noch darunter liegen.


https://de.wikipedia.org/wiki/Fotograf


Beim Vorbeigehen erinnerte ich mich an einen Schulkollegen aus der Volksschule. Der hatte damals den Berufswunsch des Fotografen gegenüber seinen, auch eher einfach gestrickten Eltern, geäußert. Er durfte eine Ausbildung als Fotograf nicht absolvieren, weil die spießigen Eltern einen technischen Beruf als zukunftssicherer ansahen. Er machte ab 1969 eine Lehre als Maschinenschlosser und schloss diese dann ab. Glücklich war er in seinem Beruf dabei nie. Erst als am 1. Januar 1975 die Volljährigkeit von 21 auf 18 Jahren herab gesetzt wurde, erlernte er seinen sehnlichen Berufswunsch. Er wurde danach von größeren Firmen, wie auch Versandkataloganbieter " Neckermann ", " Quelle " oder " Otto " und Autoherstellern gebucht, verdiente sehr gut, ging aber in den 1990ern mit einer eigenen Firma in Nordrhein - Westfalen pleite.

Hiernach musste er kleine Brötchen backen und lebte eher von der Hand in den Mund.

Die Chance, überhaupt ein ausreichendes Einkommen erzielen zu können, wird der Fotograf auf der Bahnhofstraße wohl nie bekommen haben. Er gibt jetzt auf. Irgendwann, möglicherweise dann. wie die Seuche vorüber gezogen ist, könnten diese Gewerberäume neu vermietet sein.

 


RINGO STARR  -  Photograph  -  1973:






 

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