Marderbiss
Seit mehr als 1 1/2 Jahren wohnen wir nun in Bayern. Wir fühlen uns eingebayert. Wir haben es mehr als gut getroffen. Wir wohnen in einem schmucken, vollständig sanierten Split - Level - Haus aus den Endsiebzigern. Wir haben deshalb immer warme Füße, fließend Heiß - und Kaltwasser, zwei Duschen, drei Toiletten, vier Kellerräume, zwei Schlafzimmer ( das ist in unserem Alter besonders wichtig, weil ich schnarche und zwar laut, meine bessere Hälfte dafür leiser ) und weitere vier Zimmer. Summa summarum geht es uns nicht schlecht.
Aber auch unsere Nachbarn leben nicht gerade in Armut. Würde ich den gezeigten Wohlstand an der Anzahl der PKW, die in den Garagen, Carports und vor der Tür stehen, fest machen wollen, sind diese sogar sehr gut betucht. Nun, ja, ganz so ist es nicht. Hier lebt ein leicht gehobener Mittelstand. Das war allerdings nicht immer so. Aus Gesprächen mit Nachbarn konnte ich erfahren, dass eine Reihe von ihnen einst nicht unbedingt gut verdienten und vormals den Pfennig zwei Mal umdrehen mussten.
Seit einer Reihe von Jahren ist das nicht mehr so. Mit dem allgemeinen Anstieg der Einkommen ist auch die Lebensqualität einher gegangen. Und damit verändert sich auch das Freizeitverhalten. Es wird viel gereist, viel Geld für Urlaub und Freizeitaktivitäten ausgegeben. Der Durchschnittsverdienst in dem Freistaat ist bundesweit betrachtet hier am höchsten. Das kommt allerdings nicht von ungefähr. Wer einen gut bezahlten Job bekleiden möchte, sollte, nein, er muss auch hier mobil sein.
Deshalb fahren die unmittelbaren Nachbarn eben auch zwei PKW. Der Nachbar Visavis hat sich kürzlich einen nigelnagelneuen BMW zugelegt. Das schmucke Wägelchen steht in stahlblauer Metallic - Lackierung vor der Garage. In dieser befindet sich ein Mercedes. Nein, kein Sport Coupe´, keine leistungsstarke Limousine oder auch keine schmucke E - Klasse. Es ist schon ein leicht betagter W 176 aus den Baureihen der frühen Nullerjahre. Und auch bei dem chicen neuen BMW handelt es sich keineswegs um einen 630 Gran Tourismo i, der der oberen Mittelklasse zuzuordnen ist, sonder er hatte sich " nur " einen 3er zugelegt. Einen schmucken 320i als 4 - Zylinder mit satten 184 PS. Erst vermutete ich gar protzige 258 PS unter der glänzenden Haube.
Das elegante Wägelchen stand keine zwei Tage vor der Garage als er den Weg in die Werkstatt des BMW - Händler fand. Die Elektronik spielte verrückt.Nach mehr als einer Stunde am Diagnosegeräte fanden die schlauen Werkstatt - Mitarbeiter den Fehler. An den elektrischen Zuleitungen waren Beschädigungen erkannt worden, die auf einen Marderbiss hindeuteten. Flugs lokalisierten die BMW - Mannen die Beschädigungen und isolierten diese ab.
Dann kam die saftige Rechnung für den Nachbarn. Das Engagement der Herren in den styligen blauen Overall kostete satte 600 Euro. Der Nachbar kippte beinahe aus den Latschen. 600 Tacken für ein bisschen elektronische Dienstleistung? Ganz schön happig.
Der Marder ist eigentlich kein Unbekannter in Sachen Auto - Pannen. Bei unserem Ex - Nachbarn Am Tälchen im schönen Dresden hatte ein Marderhund den gesamten Kabelbaum an dessen großvolumigen Van abgefressen. Der amerikanische Wagen musste daraufhin abgeschleppt werden. Die Kosten für die Reparatur waren damals im unteren vierstelligen Bereich. Einige Jahre später lag jener Übeltäter regungslos im Rinnstein vor unserer Garage. Ein anderer Nachbar hatte das Tier dort entdeckt und bat mich, den Kadaver irgendwie zu entsorgen, weil sonst weitere Aasfresser sich einstellen würden. Ich nahm meine Arbeitshandschuhe, einen Spaten und einen Plastesack. Dann vergrub ich das Tier in unserem Garten. Unsere Kater hatten dem unvorsichtigen und zudem neugierigen Revier - Eindringling den Garaus gemacht.
Jetzt ließ mir die Geschichte unseres BMW - Halters keine Ruhe mehr. Ich begann im all wissenden Netz zu recherchieren.
Ja, tatsächlich Katzen und Marder mögen sich überhaupt nicht. Sie gehe sich deshalb geflissentlich aus dem Weg. Kommt es dennoch zu einer Auseinandersetzung, zieht der Marder - je nach Größe des Katers - fast immer den Kürzeren. Und: Marder mögen Autos zum Anfressen gerne. Aber, nicht alle rollenden Wohnzimmer sind bei diesen Tieren beliebt. Die BMW - Modelle gehören zu jenen Automarken, die auf der Skala der Allesfresser ganz oben anzusiedeln sind.
Nach dem Lesen diverser Artikel im Internet war mir klar, warum wir uns nie einen BMW zu legen werden. Auch ein Audi, einige VW - Typen oder ein Skoda kommt nicht in Betracht.
Der Nachbar holte sich Rat von einem ebenfalls Biss - Geschädigten, der einen VW - Bus fährt und dem der knabbernde Marderhund auch die elektrischen Kabel angefressen hatte. Er riet ihm, ein Holzrahmen mit verzinkten, feinmaschigen Drahtgeflecht zu besorgen und diesen unterhalb der Vorderachse auf den Boden zu legen. Seit einigen Wochen sehe ich nun ein solches Konstrukt auf dem Platz vor der Garage des BMW - Fahrers ständig liegen.
Wir haben übrigens im Kasko - Versicherungsumfang ein solches Malheur mit eingeschlossen. Sicher ist auch dort sicher, obwohl Marder " Mazda " nicht mag. Der Autohersteller verbaut keine, das Wildtier anlockende, geruchsintensive Teile in dem Auto. Uns beißt er demnach nicht, der Marder, dieser Hund!
EARTHEN VESSEL - You Can - Everlasting Life - 1971
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