Ostereier im Januar
Der von vielen Wissenschaftlern fest gestellte Klimawandel hat uns Erdenbürgern in den letzten Jahren mehrere, dann wohl überdurchschnittlich heiße Sommer beschert. Eigentlich wäre diese Erkenntnis für Sonnenanbeter ein Grund, um in Jubelarien auszubrechen. Aber, auch sie sind eher skeptisch,was den tatsächlichen Nutzen für das eigene Leben betrifft. Heiße Sommer bedeuten zumeist, dass der Trinkwasserverbrauch steigt, die Anzahl von Hitzetoten nach oben schnellt und die meisten Mitteleuropäer sich körperlich eher abgeschlafft fühlen. Nein, zu hohe Temperaturen können auch auf die Psyche Auswirkungen haben, dann nämlich, wenn es für viele Leidende keine Möglichkeiten gibt, diesen Zustand durch einen Sprung ins kühlende Nass, einen Aufenthalt unter einem schützenden Baum oder einer Flucht in nicht so warme Regionen der Erdkugel zu beenden. Bei übermäßiger Hitze soll ja auch das Aggressionspotential der Autofahrer rapide ansteigen.
Dieses mal so ganz nebenbei erwähnt.
Tatsächlich ist es zutreffend, dass es bei der klassischen Einteilung von bekannten Wetterabläufen innerhalb verschiedener Klimazonen immer mehr Abweichungen gibt. So lag vor einigen Wochen in dem von üblicherweise milden Wintertemperaturen bevorzugte Spanien enorme Schneefälle. Ein einmaliges Phänomen? Vielleicht!
Weil der Bewohner eines hoch entwickelten Industrielandes eher dazu neigt, diese und andere Ereignisse zu kategorisieren und nach Erklärungsversuchen lechzt, stellt sich dabei auch immer die Frage, ob sich einige Regionen unseres Planeten dauerhaft mit solchen klimatischen Veränderungen rechnen müssen. Während sich die Wissenschaft hier noch eher im Ungefähren befindet, hat die Wirtschaft in einigen Teilen längst auf jene Klima - und Umweltveränderungen reagiert.
Um den kaufwütigen Kunden bei der Qual der Wahl nicht selbstlose Hilfe zuteil kommen zu lassen, wird nicht nur die Werbetrommel ordentlich gerührt, nein, über den Handel in Form normierter Verkaufstempel wird Ware angeboten, deren Erwerb noch vor 50 Jahren von den Jahreszeiten und natürlich auch den Wetter - und Klimabedingungen stark abhängig war. Da gab es beispielsweise frische Erdbeeren nur ab Anfang Juni, Spargel ab Anfang Mai und Schokoladenostereier oft erst kurz vor Ostern, nämlich meistens im April.
Wer vor dieser Zeit Heißhunger auf jene Köstlichkeiten hatte, der guckte zumeist in die Röhre. Damit ist es längst vorbei. Jahreszeit unabhängig, werden die Regale voll geklotzt. Erdbeeren kann der Konsument beinahe jeden Tag im Jahr erwerben. Okay, von November bis März kommen diese zumeist aus den südlichen Gefilden dieser Erde und schmecken meistens eher wie Kohlrabi. Beim Spargel sieht das schon wesentlich besser aus; wenngleich dessen so genannte Ökobilanz, sofern er aus fernen Ländern, wie vielleicht aus Peru, stammt, mies ausfällt.
Ganz anders verhält es sich bei Schokoladenostereiern. Die werden überwiegend in deutschen Fabriken produziert, kommen dort in Verpackungen unterschiedlicher Art und werden auf Euro - Paletten durch ganz Deutschland sowie Europa gekarrt. Da die nur noch wenigen Fabriken das ganze Jahr über 24 Stunden pro Tag, an 7 Tagen je Woche Waren fertigen müssen, um kosten-ökonomisch betrachtet rentabel zu laufen, ist es längst zur Gewohnheit geworden, dass die den Endpreis und damit auch den der Hersteller diktierenden Lebensmittel - Giganten jene Schokoladenostereier bereits Wochen, nein, Monate vor dem eigentlich Osterfest in den Verkaufständen feil bieten.
Sicherlich ist die für jene Kalorien belastete Köstlichkeit verwendete Schokolade just auch jene, die bei Weihnachtsmännern und anderen Süßwarengedöns angerührt wird. Doch die Verpackung macht da immer noch den Unterschied. Optisch betrachtet, werden Weihnachtsmänner von Lindt, Milka, Rieglein oder anderen Anbietern sich immer noch von Osterhasen dieser oder eben anderer Firmen unterscheiden. Geschmacklich sind sie indes identisch.
Also, weshalb sollen Weihnachtsmänner, Nikoläuse und andere Süßigkeiten dieses Warensegments nicht auch das gesamte Jahr über verfügbar sein? Weshalb es mich denn schon längst nicht mehr erstaunt, wenn ich bereits in der zweiten Januarwoche Osterhasen, Ostereier und ähnlich Artikel in den Regalen des örtlichen " NORMA " - Geschäfts auffand. War die innerliche, aber eher schwache Empörung über jenen Schnellschuss an den ersten Tagen nach dem Auffinden der Kalorien - Schwergewichtige noch vorhanden, griff ich bereits eine Woche später beherzt zu.
Nein, nicht bei den Osterhasen, nicht bei den Küken und den Ostereiern aus Schokolade, sondern bei den Nougat - Marzipan - Baumstämmen. Die waren eher neutral und fielen deshalb an der Kasse nicht so auf. Doch vorgestern konnte ich nicht widerstehen. Ich schnappte mir einen Beutel zu 200 Gramm Kampfgewicht mit jenen kleineren Ostereiern, die in vielfarbiger Staniolfolie ummantelt angeboten werden und legte sie in den Einkaufswagen.
Mensch, was waren das noch für suchtfreie Zeiten, so ab den frühen 1960er Jahren, als es eben Ostereier erst wenige Tage vor Ostern gab, diese dann bereits einige Tage nach Oster aber wieder aus den Regalen der Lebensmittelfachgeschäfte verschwunden waren. Bereits zu jener Zeit hielt sich bei uns Kindern - nicht nur dort - das hartnäckige Gerücht, dass die nicht " abverkauften " Schokoladenostereier, die teuren Osterhasen von Lindt und anderen, wenigen Anbietern, von den Händlern zurück geschickt, wieder eingeschmolzen und als Weihnachtsmänner viele Monate danach in den kleinen Regalen stehen würden.
" Alles Quatsch! " behaupten die Hersteller. Das wird wohl schon längst so sein, denn solche Rückkaufaktionen sind viel kostspieliger als die Produktion der Schokoladenpampe aus der die Ostereier gemacht werden.
IRISH COFFEE - I´m Hers - 1971:
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