Nagelpilz oder: Warum ich (k)einen Termin bei der Dermatologin bekam.


Das bestehende Wirrwarr im deutschen Gesundheitswesen ist kaum zu übersehen. Nicht nur anhand des Vorschriften - Dschungels lässt sich dieses festhalten. Über Zweihundert Krankenkassen, mehr als Eintausendachthundert Krankenhäuser, mehr als Achtunddreißigtausend Amtsärzte und über Vierhundertundachtundzwanzigtausend Mediziner insgesamt weist der hoch gezüchtete Dienstleister auf. Tendenz, steigend.

Da könnte der sich in das System begebende Mensch als Patient eigentlich bedenkenlos dem Ablauf zur Wiederherstellung seiner Gesundheit hingeben. Könnte er es wirklich?

Wer naiv dem gigantischen Apparat deutsches Gesundheitswesen gegenüber steht, dem Moloch  unkritisch eingestellt ist oder diesem gläubig gegenüber steht, wird sein blaues Wunder erleben.

Als ich vor einigen Monaten bei der Hausärztin eine allgemeine Untersuchung durchführen ließ, stellte diese einige Wehwehchen fest. Neben einen  erhöhten Blutdruck, war das ein Jahre lang mitgeschleppter Nagelpilz. Der ungebetene Gast hat im Nagelbett beider  eingenistet und breitet sich von dort aus. In schöner Regelmäßigkeit laufen die beiden Zehennägel des Hallux ( Großer Zeh ) links und rechts bläulich an,  werden nach und nach hoch gedrückt und fallen schließlich ab. 

Eine Beeinträchtigung, die zwar nicht dramatisch, jedoch unangenehm zu bezeichnen ist, zumal sich die Zehennägel nur sehr schlecht schneiden lassen und beim Sport den Sitz des Turnschuhes leicht verändern. Der Hausärztin gefiel der Nagelpilz auch nicht. Sie übergab mir eine Überweisung zu einem Facharzt, einem Dermatologen.

Obwohl im Umkreis von knapp 20 Kilometer davon einige praktizieren, war es zunächst nicht ganz so einfach, in einer der ausgewiesenen Praxen überhaupt einen Termin zu erhalten. Der Grund dafür ist so simpel und liegt in der mit erheblichen Fehlern behafteten Struktur des Gesundheitswesen an sich. Es wird nicht darauf geachtet, dass bestimmte Bereiche sich längst verselbständigt und dabei industrielle Charakterzüge angenommen haben. Dazu gehört zweifelsohne der dermatologische Sektor. Hier lässt sich mit dem, aus den USA herüber geschwappten Schönheitswahn ordentlich Kohle ziehen.

Nun gut, für Montag, den 30. Juni 2025 hatte meine bessere Hälfte bei einer der wenigen Hautärzte, die sich dem Ursprung ihrer Daseinsberechtigung noch ansatzweise verpflichtet fühlen, einen frühen Termin ergattern können. So fuhr ich denn frohen Mutes gegen 7.30 Uhr in Richtung der Garchinger Praxis, die ich zunächst trotz eingegebener Anschrift mit dem Navigationssystem nicht auf Anhieb fand.

Ich parkte das Auto jedoch in der Nähe des Rathausplatzes und legte die Reststrecke zu Fuß zurück. Doch ich fand die dann über das Smartphone  anzeigte Anschrift nicht. So fragte ich einen Passanten, der mir allerdings bestätigen konnte, dass ich mich auf dem richtigen Weg befand.

Immerhin etwas.

Leicht erschöpft und angesäuert, hatte ich endlich das Gebäude gefunden. Ich wollte dann sofort zur Tat schreiten und die Tür zur Praxis öffnen. Doch die war verschlossen. Aha, also klingeln. Doch sie öffnete sich immer noch nicht. Ich erkannte neben der Klingelleiste einen maschinengeschriebenen Aushang. " Die Praxis bleibt vom 18. Juni bis zum 02. Juli 2025 geschlossen. "  war darauf zu lesen.

Na, prima. Einen Online - Termin erhalten, obwohl die Dame gar nicht praktiziert. Da haben wir es wieder mal. Das deutsche Gesundheitswesen steckt bei der Digitalisierung weiterhin in den Kinderschuhen.

Fluchtend begab ich mich auf den Rückweg. Mindestens 1 Stunde Lebenszeit verschwendet. 

Seit vorgestern nun behandele ich den bösen Nagelpilz mit einem Ultraschallgerät selbst. Meine bessere Hälfte hatte recherchiert und stieß dabei auf dieses medizinische Hilfsmittel. Der Hersteller verspricht, dass der Eindringling unter dem Nagelbett auch ohne Chemie ausgerottet wird. Es dauert halt nur ein wenig länger, wie ein zufriedener Kunde in seiner - hoffentlich nicht gekauften - Bewertung schrieb.

Sollen die auf Kosten des Staates und der Steuerzahler ausgebildeten Hautärzte doch die schrumpeligen Hautflächen alternder Damen für viel Geld behandeln und sich ihre Taschen mit dem erwünschten Verjüngungswahn füllen. Ich fröne derweilen der Nagelpilzbehandlung im trauten Heim.     



FAITHFUL BREATH  -  Back On My Hill  -  1980:


 


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