Venedig leben und sterben sehen.
Angeblich soll es im Leben eines Menschen einige Dinge geben, die sie / er auf jeden Fall einmal gemacht haben müsste. Dazu zählen u.a. auch die drei maskulinen Zielsetzungen: Einen Baum pflanzen, ein Haus bauen, ein Kind zeugen.
Für religiös angehauchte Mitmenschen könnten dieses vielleicht sein: Die Pilgerfahrt nach Mekka, der Had(d)sch, für Christen könnte es die Teilnahme an der Pilgerfahrt auf dem Jakobsweg, dem Camino de Santiago sein; für Hindus, möglicher Weise das reinigende Bad am Zusammenfluss von Ganges und Yamuna.
Der gemeine Tourist indes, der pauschalisierte Globetrotter, sollte mindestens die großen Ziele des Erdballs, wie New York, Rio oder Tokio, wie Rom, Madrid oder Wien oder wie Berlin, Prag und Oslo einmal bereits gesehen haben.
Zu jenen " Must Have " - Zielen zählt zweifelsohne auch Venedig. Venezia, wie die Stadt in der Landessprache benannt wird, ist längst zum Magneten des Massentourismus avanciert. Über die Stadt am Mittelmeer ist viel geschrieben worden. Neben unzähligen Künstlern, Schriftsteller und sonstigen Feingeistigen, die - nur zu oft - wahre Lobeshymnen auf Venezia der Nachwelt hinter lassen haben, gibt es seit geraumer Zeit allerdings - auch in der Stadt selbst - eine Entwicklung, die das Ausmaß des Massentourismus beklagt.
So las ich kürzlich im " SPIEGEL " einen Artikel über jene negativen Begleiterscheinungen, die von den Horden einfallenden Besucher in Venedig verursacht werden. Nicht nur der Unfalltod eines Tübinger Universitätsprofessor in diesem Sommer wirft einen langen Schatten auf das boomende Touristkgewerbe. Sicherlich lassen sich Unfälle in dieser Form nicht völlig vermeiden, dazu tummeln sich an einem Tag zu viele Menschen auf zu engen Raum, dennoch werden Stimmen laut, die diesen Massenansturm im wahrsten Sinne des Wortes kanalisieren möchten, die die Zahl von jährlich 1,7 Millionen Besucher, die brutto 286 Millionen Euro Einnahmen in die Kassen der Venezianer spülen, stark reduzieren möchten.
Zu den Kritikerinnen zählt auch die Romanautorin Donna Leon ( Commissario Brunetti ). Sie weist ebenso wie andere Stadtbewohner auf die immensen Umweltschäden hin, die durch jenen ungezügelten Besucherstrom entstehen. Andererseits sind direkt oder indirekt mindestens 5.000 Arbeitsplätze von der Tourismusbranche geschaffen worden. Sie ist damit der Job - Motor Nummer Eins in der Stadt am Mittelmeer. Ohne die touristischen Arbeitsplätze wären von den bis 1970 noch über 370.000 Einwohnern nicht nur über 100.000 inzwischen weggezogen, sondern weitaus mehr.
http://de.wikipedia.org/wiki/Venedig
Dennoch gibt es eben jene einflussreichen Bestrebungen, die Zahl der Besucher drastisch zu reduzieren. Zu den Vorschlägen zählen auch das Erheben eines Eintrittsgeldes, die vorherige Anmeldung zu dem geplanten Besuch, das Verbot die Riesen - Luxusliner erst gar nicht in die venezianische Bucht fahren zu lassen.
Immerhin gibt es aber auch eine andere, vielleicht durch den Markt verursachte Regulierung: Die Preise für Dienstleistungen, Speisen und Getränke sowie Eintrittsgelder zu den Sehenswürdigkeiten sind seit einer Dekade nahezu explodiert.
So zahlt der Tourist für eine Fahrt mit einer der berühmten Gondeln an den Gondolierie satte 80 Euro für knappe 45 Minuten. Ein spärliches Essen in einem der viele Restaurants rund um die touristischen Trampelpfade ist selten unter 35 bis 50 Euro zu bekommen. Hier herrscht der reine Nepp.
Außerhalb der von den wilden Preistreibereien geprägten Touristenattraktionen, gibt es jedoch exzellentes Essen zu zivilen Preisen:
http://de.answers.yahoo.com/question/index?qid=20080306135102AAJNj2W
Wer also die Stadt noch lebend sehen möchte, sollte zudem die Hauptsaison tunlichst meiden, denn dann steppt dort der berühmte Bär. Das Frühjahr oder die Wintermonate sind hierfür besonders geeignet. Allerdings ist auch dieses keine Garant für eine leere Piazza di Rialto, Piazza di San Marco oder Piazzale Roma.
Schließlich gibt es die Meute an Eisgrauen, gar - melierten oder Silverager auch in anderen Staaten außerhalb Europas.
Übrigens: Ich halte es dann lieber doch mit Hildegard Knef und ihrem Lied, " Ich brauch´kein Venedig ":
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