Lengede - 50 Jahre nach dem Grubenunglück.


Wer heute einen Vertreter aus der Generation der 20 -,30 - oder 40jährigen nach einem Ort mit dem Namen Lengede befragt, würde dazu allenfalls ein müdes Achselzucken erhalten. Nie gehört! Wo liegt das denn?
Für die Kriegs - und unmittelbaren Nachkriegsgenerationen indes, dürfte die Namensnennung dieses Ortes im niedersächsischen Landkreis Peine ( PE ) ein nahezu verklärten Blick verursachen. Lengede! Natürlich, das " Wunder von Lengede ", das Grubenunglück damals, die über Tage andauernden Rettungsarbeiten.
Der aus fünf Teilgemeinden bestehende Ort geriet 1963 in die Schlagzeilen der Presse, in den Fokus der Nachrichten und war sogar Teil des Fernsehprogramms.

http://de.wikipedia.org/wiki/Lengede

Anlass war die dort betriebene Eisenerzgrube mit dem Schacht " Mathilde ", die zur Ilseder Hütte zählte und bis in das Jahr ihrer Schließung 1977 zu den modernsten Förderanlagen Europas zählte.

http://de.wikipedia.org/wiki/Grube_Lengede-Broistedt

Das Unglück von Lengede ereignete sich am 24. Oktober 1963 gegen 20.00 Uhr als aus dem angrenzenden Klärteich der aufgeschüttete natürliche Damm brach und sich 475.000 Kubikmeter Wasser in die Grube ergoßen.
Von den zu diesem Zeitpunkt unter Tage tätigen 129 Arbeitern kamen dabei 29 zu Tode. Weitere 100 der Mittagsschicht konnten sich retten oder wurden nach einigen Tagen geborgen. Das Unglück von Lengede war nicht nur Hauptthema in den Medien, es wurden hiernach einige Publikationen dazu veröffentlicht und mehrere Dokumentationen sowie zwei Spielfilme produziert.

http://de.wikipedia.org/wiki/Grubenungl%C3%BCck_von_Lengede

Lengede war in den 60er Jahren ein Begriff. Nicht, weil der Ort als Synonym für die grenzenlose Hilfsbereitschaft und das bekundetet Mitgefühl der Westdeutschen stand, sondern weil die Anfänge der modernen Rettungstechnik hier deutlich erkennbar wurden. Aus dem Stegreif wurde nämlich ein Hilfsmittel aus Eisen und Stahl konstruiert, das in dieser Form zuvor während des Grubenunglücks auf der Gelsenkirchener Zeche " Dahlbusch , dass sich im dortigen Stadtteil Rotthausen 1955 ereignete, zum Einsatz gekommen war: die so genannte " Dahlbusch - Bombe ". Was sich hinter diesem martialisch anhörenden Begriff verbarg, war so simpel, wie auch erfolgreich. Aus einem Metallmantel, dem eine Spitze aufgesetzt war, womit die Konstruktion das Aussehen eines Torpedos hatte. Die noch im NS - Militärjargon berichtende Presse gab jener Rettungskapsel dann den Namen " Dahlbusch - Bombe ", wie die Konstruktion im Aussehen auch der einer Flugzeugbombe sehr nahe kommt.

http://de.wikipedia.org/wiki/Dahlbuschbombe

Der weitere Ablauf der Ereignisse in Lengede ist durch die extensive Medien - Berichterstattung bekannt und wird in den später gedrehten Dokumentarfilm bis in alle Einzelheiten noch einmal nachvollzogen.

  • 1969: Das Wunder von Lengede. Ein Dokumentarspiel. (Fritz Böttger, ZDF)
  • 1979: Das Wunder von Lengede oder Ich wünsch` keinem was wir mitgemacht haben. (Hans-Dieter Grabe, ZDF)
  • 1997: Die Grubenkatastrophe. Chronik und Erinnerung. (NDR)
  • 2003: Protokoll einer Katastrophe. Das Drama von Lengede. (Frank Bürgin, WDR)
  • 2003: Das Wunder von Lengede Zweiteiliger Spielfilm. (Im Auftrag von Sat.1)

In dem vor 10 Jahren von Sat1 produzierten Spielfilm, der in zwei Teilen gesendet wurde, wird durch eine nahezu authentische Handlung, der Ablauf des Unglücks gezeigt. Der Sat1 - Film, der sich nicht durch ein Aufgebot namhafter Schauspieler auszeichnet, war bei seiner Erstausstrahlung ein großer Erfolg. Insgesamt sahen " Das Wunder von Lengede " 11 Millionen Zuschauer, was einem Marktanteil von über 36 % entsprach.

http://de.wikipedia.org/wiki/Das_Wunder_von_Lengede_(2003)

Auch wenn viele Eigenproduktionen der Privaten eher als Rohrkrepierer zu bezeichnen sind, reiht sich der Sat1 - Film eher in die Gruppe der ausnahmsweise gelungenen Filme ein.

Als vor 50 Jahren die Fernsehberichterstattung des ZDF über das Grubenunglück von Lengede begann, saßen ich als Schüler, eher ahnungslos und ohne großes Wissen darüber, warum nun ausgerechnet aus einem Kohleschacht Bergleute gerettet werden sollten, vor dem TV - Gerät im Wohnzimmer meiner Großeltern. Die in schwarz - weiß laufende Übertragung faszinierte mich dennoch so sehr, dass ich bei den Live - Bildern, die einst mit nur einer Kamera gezeigt wurden, da diese so schwer wie ein Mittelklassewagen war, Herzklopfen und schweiß-nasse Hände bekam.

Verstanden habe ich aber eben viele Dinge damals nicht. So auch nicht, warum das Unglück von vor 50 Jahren 29 Menschen das Leben kostete? Warum die Warnungen viele Bergleute und auch Anwohnern sowie Fachleuten, dass das nahe des Schachteingang angelegte Wasserbecken eine latente Gefahr darstellt, in den Wind geschrieben wurden?
Heute konstatiere zu dem Unglück: Es ist deshalb zu einem Wassereinbruch gekommen, weil aus Kostengründen und wegen des Gewinnstrebens des Betreibers, die Sicherheit der dort arbeitenden Menschen nur zweitrangig war. 
So, wie es auf das Zugunglück von Eschede 35 Jahre später auch zutrifft.


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