Koa Schickeria in Schwabing!

Der nächste Ostseeurlaub steht vor der Tür. Trotz der vielen Arbeiten im neuen Domizil, werden wir uns auch in diesem Jahr einige Tage der Erholung gönnen. Das Quartier wird das gleiche wie im Vorjahr sein. Nur der Zeitraum ist ein wenig länger.

Immer auf besseres Wetter hoffend, haben wir bereits die anstehenden Tage in Prerow auf dem Darß vorgeplant. Dabei spielen die Fahrradtouren eine sehr große Rolle. Schließlich soll es erneut ein Aktivurlaub sein, den wir uns vorgenommen haben.

Zu den Vorplanungen zählt auch die Anschaffung eines neuen Drahtesel. Da mein betagtes Velociped vor einem Jahr an der Ostsee abgelegt wurde. Warum also nicht tauschen und ein neues gebrauchtes Zweirad kaufen?

Gesagt - getan!

Vor einigen Tagen entdeckte meines bessere Hälfte bei " ebay Kleinanzeigen " ein Fahrrad des italienischen Herstellers " Bergamont ". Ein Damenrad mit 26 " - Reifen in gelb. Just jenes, dass sie vor einem Jahr bei unseren letzten Darß - Aufenthalt auch gemietet hatte.

Es stand zur Abholung in München für sage und schreibe nur 70 Euro bereit.

Gestern war es dann soweit. Ich fuhr gegen 18.00 Uhr in Richtung München los. Wohl wissend, dass ich in den " dicksten " Feierabendverkehr hinein rauschen würde. Was sich dann zum Teil bewahrheitete.

Das Navigationsgerät - längst in die Jahre gekommen und deshalb oft unzuverlässig - zeigte mir eine Fahrtzeit von etwa 20 Minuten an. Es wurde letztendlich eine halbe Stunde. Da die Straßen in der bayrischen Landeshauptstadt eben dicht waren.

Die " Petra - Kelly - Straße " liegt im Münchner Stadtteil " Schwabing ". Dort, wo ganz allgemein gesagt, die so genannte " Schickeria " haust. Jene abgehobenen Geldsäcke, deren Villen ab 2, 5 Millionen Euro aufwärts erst interessant werden.

Und gerade von einem solchen Klientel bin ich beim Antreten der Fahrt ausgegangen. Das war allerdings völlig falsch. Denn in " Schwabing " leben nicht nur vermeintlich Reiche, sondern auch Menschen wie Du und Ich. Einfache Bürger, Mieter oder sogar " Hartzer ". Das ist auch dort keineswegs anrüchig. Ganz im Gegenteil: Der ehemalige Oberbürgermeister Hans - Joachim Vogel hat sich stets dafür eingesetzt, dass die Geldsäcke nicht unter sich bleiben.

Auch seine SPD - Nachfolger Ude und Kronawitter verfolgten dieses Konzept. Deshalb traf ich in der " Petra - Kelly - Straße " auf eine Wohn - Parkanlage, in der unterschiedliche Münchner zusammen leben. Ob nun Migrationshintergrund oder nicht, ob Zugereiste oder nicht, ob gebürtiger Bayer oder nicht - das ist hier " wurscht ".

Nach dem Klingeln empfing mich ein jüngerer, bärtiger Mann. Er zeigte mir den Drahtesel, der zuvor von seiner 11jährigen Tochter genutzt worden war. Der Zustand war okay; die gleichzeitig eintreffende Tochter auch. Wir hielten ein wenig Small Talk. Er kannte Dresden, das Elbsandsteingebirge, die Sächsische Schweiz.

70 Euro für ein zuvor durchaus teures Damenrad waren ein Schnäppchen.

Jetzt kann der Ostseeurlaub näher rücken - wir sind bereit. Zwei Fahrräder haben wir schon. Was fehlt, wäre das sonnige Wetter. Es muss ja nicht gleich eine Trockenperiode sein, so wie im vergangenen Jahr. Der Mensch lebt aber häufig von Gewohnheiten. Er ist eigentlich ein " Gewohnheitstier ", so wie andere Lebewesen auch. Hat er sich erst einmal an etwas gewöhnt, möchte er dieses nicht mehr missen. Sommerwetter im Mai / Anfang Juni?

Das wäre doch schön. Es muss ja nicht gleich über Monate trocken bleiben.

Doch manches Mal muss der Mensch auch bestimmte Gewohnheiten oder Meinungen und Lebenseinstellungen einfach revidieren. Das Leben ist nämlich keine mathematische Gleichung. Weshalb sich die irrige Vorstellung, dass im Münchner Stadtteil " Schwabing " nur Schicki - Micki - Hanseln herum laufen und nur Geldsäcke leben, sogleich in die Kategorie Märchenerzählungen ablegen lässt. Es wohnen dort überwiegend Normalos.

Ich gab der Tochter des Radverkäufers einen Obolus und nannte diesen " Taschengeldaufbesserung ".
80 Euro sind keine 480 Euro - das kostet nämlich ein Neues.



" Liquid Vision " -  " Morning Rain " - " Hypnotized " - 2002: