Söder, Herrmann, Heimatzerstörer



Heute haben wir es endlich geschafft und den PKW auf die neue Wohnanschrift umgeschrieben. Eigentlich hatte  ich den irrigen Plan geschmiedet, das Fahrzeug umzumelden. Das bedeutet, wir hätte auch neue Zulassungsschilder erhalten. Doch, so weit kam es gar nicht.

Während wir brav und artig auf den Einlass bei der Zulassungsstelle des Landratsamtes in Freising warteten, malte ich mir bereits aus, wie der japanische Lastenesel mit " FS " - Kennzeichen aussehen würde und die seit Jahren angebrachten " DD " - Schilder verschrottet werden müssten.

Nach zirka einer halben Stunde Wartezeit wurde die gezogene Nummer dann auf der elektronischen Tafel angezeigt. Eine ältere, sehr nette Dame bediente uns. Sie klärte uns gleich zu Beginn darüber auf, dass trotz des erfolgten Umzugs, keine komplette Ummeldung erfolgen muss.

Das war um satte 50 Euro billiger. So wurde nur eine Anschriftenänderung in dem Teil I der Zulassungsdaten vorgenommen, dann konnten wir mit dem " DD " - Kennzeichen weiter fahren.

So verließen wir den Parkplatz des Freisinger Amtes und fuhren in Richtung Autobahnzubringer. Nach einigen Kilometern erkannten wir an der gegenüber liegenden Fahrbahnseite eine Reihe von Feldern. Hieran schloss sich ein Holzschuppen an. Und auf dessen Seitenwand war ein großes Plakat mit der Aufschrift " Söder, Herrmann, Heimatzerstörer " zu erkennen.

Wer damit gemeint ist, war mir sofort klar. Söder ist der derzeitige bayrische Ministerpräsident.
Herrmann der bayrische Innenminister. Beide gehören - wie sollte es auch nach mehr als 7 Jahrzehnten anders sein? - der CSU an. Und diese Partei hat sich auf die Fahnen geschrieben, den Freistaat nach vorne zu bringen. Will heißen: Wirtschaftswachstum um jeden Preis. Natürlich haben die Schwarzen es seit vielen Dekaden erfolgreich geschafft, aus dem einstigen Agrar - Bundesland Bayern einen prosperierenden Freistaat Bayern zu formen. Hier geht es vielen Menschen durchaus gut. Die Frage ist nur: Um welchen Preis?

Einstieg Großprojekte, wie der Flughafen " Franz - Josef - Strauß " im Erdinger Moos haben zu einer massiven Umweltbelastung geführt, Tausende ehemaliger Haus - und Grundstückseigentümer wurde sukzessive kalt enteignet, weil die startenden und landenden Düsenclipper zum Anfassen nahe über die einst schmucken und teuren Anwesen hinweg fliegen. Das - sicherlich vorbildliche - Autobahnnetz hat das flächengrößte Bundesland fein säuberlich in Planquadrate eingeteilt. An nahezu jedem größeren Ort befindet sich eine Autobahnanbindung. Der extensiv betriebene industrielle Landwirtschaftssektor führte zu einer immensen Umweltbelastung.

Es gäbe noch viele Bereiche, die dazu beigetragen haben, dass in Bayern nicht alles Gold ist, was dort glänzt.

Die nette Mitarbeiterin an der Freisinger Kfz - Zulassungsstelle plauderte mit uns ein wenig aus dem Nähkästchen. Sie wohnt dort von Montag bis Freitag und pendelt dann zu ihrem eigentlichen Wohnsitz nach Neustadt an der Saale. Sie erzählte von ihren beiden Kindern, die in Regensburg studiert hätten und für die es dort eben keine Arbeit gab. An ihrem Heimatort Neustadt an der Saale schon gar nicht. Arbeitslosigkeit in Bayern ist seit langem kein Thema mehr. Doch die Bedingungen, um einen Job zu bekommen, sie haben sich längst verändert. Mobilität wird auch hier hoch gesetzt. Wer Geld verdienen möchte, der muss ebenso der Arbeit nachziehen.

Seit unserem Umzug nach Eching gehe und fahre ich regelmäßig zu einer " Penny " - Filiale, um dort die Einkäufe zu erledigen. Auch hier ist - bei näheren Hinsehen - die strukturelle Armut erkennbar. Wenn ich in die Einkaufswagen anderer Kunden sehe, kann ich sofort erkennen, wer wenig Geld zur Verfügung hat. Angebote sind auch dort zügig abverkauft. In den Abendstunden treffen sich sozial Schwache, Obdachlose und andere Heimatlose in der Nähe der Glas - und Papiercontainer, um Bier zu trinken. Auch dazu gilt: Im Westen nichts Neues!

Ja, Bayern mag zwar ein wohlhabendes Bundesland sein, aber es gibt von der Regel auch viele Ausnahmen. Und zudem muss der Einheimische - wie es auf dem aufgehängten Plakat an dem Schuppe bei Freising deutlich zu lesen stand - einen hohen Preis zahlen. Sicherlich wird für die Umsetzung der Modernität auch viel Heimat zerstört, aber ein Entwurzelter, ein Heimatvertriebener, ein Heimatloser, der täglich pendelt, der von Wochenende zu Wochenende mehrere Hundert Kilometer auf den Straßen, dieses, unseres, Landes verbringen muss, der hat längst das Gefühl, eine Heimat zu erhalten, verloren.


Manfred Mann´s " Earthband " - " Redemption Song " - " Somewhere In Afrika " - 1983:





und 


" Instrumental Song " - 1991:







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