Die Dresdner Verkehrsbetriebe - Bald arisch?


Nun, so manche Meldung, die ich in den nahezu 15 Jahren meines Aufenthalts im vermeintlichen Osten, im " Reich des Bösen ", in " Dunkeldeutschland gelesen habe und in der sich über den " bösen Ossi " weidlich ausgelassen wurde, hat mich regelmäßig geärgert. Es gibt ihn nicht, den typischen " Ossi ", so wie es auch sein Pendant, den typischen " Wessi " nicht gibt. Das einst qua Indoktrination aufoktroyierte Klassenbewusstsein, es ist längst nicht mehr vorhanden. Was anstelle dessen getreten sein könnte, ist das flaue, unterschwellige Gefühl, auch 30 Jahre nach dem Zusammenschluss der beiden deutschen Staaten, eher als minderwertig, als Deutscher zweiter Klasse, mithin als " Dunkeldeutscher " in eine schon immer vorhandene Schublade abgelegt werden zu können.

Die tiefen Verwerfungen der gewollten, aber längst nicht mehr geliebten deutschen Wiedervereinigung, zeigen auch 30 Jahre danach ihr Gesicht. Manches Mal kommt es einem kritischen Beobachter so vor, als driften die 11 ( 10 ) West - und 5 Ost - Bundesländer von Jahr zu Jahr weiter auseinander. Von einer Vereinigung keine Spur? Von ihrer Vollendung zu träumen? Vielleicht dann doch eher noch, an ihr zu glauben?

Das Hamburger Nachrichtenmagazin " DER SPIEGEL " hat sich nach der inoffiziellen Wiedervereinigung im November vor 3 Jahrzehnten eventuell die berechtigte Hoffnung gemacht, dort, im " Osten " der Republik also, neue Märkte für den Absatz seiner Print - Produkte erschließen zu können. Dieses Vorhaben scheint - zumindest nach heutigem Erkenntnisstand - grandios gescheitert zu sein.

TitelbildIrgendwann in der langen Zeitspanne von 3 Dekaden, haben die " SPIEGEL " - Verantwortlichen diesen Plan verworfen und ihn in den Stahlschrank ( besser sogar: Giftschrank ) der eigenen Historie eingeschlossen.
Die mediale geprägte, politische Umerziehung der " Ossis " ist nicht erfolgt. Ganz im Gegenteil: Die
Gesamtheit der Medien wird im " bösen Osten " heutzutage, regelmäßig aus der völkischen Ecke als " Lügenpresse " diffamiert. Statt eines erwünschten West - Sprechs, verharren jene hinzu gekommenen Bürgerinnen und Bürger im Deutschland der aufgehenden Sonne, im nostalgischen DDR - Vokabular und seit einigen Jahren auch noch im Sprachgebrauch des untergegangenen Tausendjährigen Reichs.

Das kommt oberhalb des entsteigen Grenzflusses Elbe nicht gut an. Die Hamburger, nach dem NS - Desaster geläutert und damit dem Naturell der weltoffenen Millionenstadt am Meer wieder entsprechend, mögen keine Provinzeier, verabscheuen rechten Nationalismus und allen voran, Rassismus. Das gilt nahezu uneingeschränkt auch für die vielen " SPIEGEL " - Mitarbeiter, die sich Woche für Woche mit jeder Ausgabe darin sehen, Qualitätjournalimus anzubieten.

Das gelingt immer öfter, zumindest in den heutigen Zeiten, die durch jene Kommunikationstechniken für den " Normalo " - Rezipienten beinahe zu einem Dschungel an Informationen geworden sind. Dass sich darin auch sehr oft Irrwege befinden, dürfte selbst redend sein. Da ist es hilfreich, wenn der Interessierte sich auf den Qualitätsjournalismus ( der Fall Claas Relotius mag hier die Ausnahme sein ) verlassen darf.

Wenn Lügen in Wahrheiten umfunktioniert werden sollen, wird alsbald auch das Postulat der Meinungs - und Pressefreiheit ( Medienberichterstattung ) in Gefahr geraten. Diese Abarten bei der Auslegung jenes Grundrechts von der rechtsnationalen Seite führen dazu, dass Nachrichten zusehends gleich geschaltet - nicht gleich lautend - werden.


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Da las ich gestern Morgen just im " SPIEGEL " - Nr. 52 / 2019 auf Seite 135 unter der Rubrik " Der Augenzeuge ", dass einem jungen Mann aus Dresden nach einer Fahrt mit einem Bus der Dresdner Verkehrsbetriebe ( DVB ) beim Aussteigen ein Aushang, der deutlich sichtbar an der Windschutzscheibe pappte, auffiel. Hierauf stand in Fraktur - Schrift gehalten ( das ist bekanntlich die staatlich auferlegte Schriftart ab 1941 durch die NS -  Verbrecher ) zu lesen:

" Diesen Bus steuert ein Deutscher Fahrer ".

( Grammatikalisch korrekt muss es heißen: " Diesen Bus steuert ein deutscher Fahrer ". )

Der Kunde der DVB nahm sein Handy und fotografierte jenen Aushang. Dabei sah ihn der Busfahrer der Linie 90, die ja vom Postplatz bis zur Gompitzer Höhe verkehrt, etwas seltsam an. Es war ein Montagmorgen gegen 7.45 Uhr, als der DVB - Kunde, noch reichlich müde, zunächst an der Front des Fahrzeugs vorbei ging. Erst dann kam er ins Grübeln und überlegte, ob der angeklebte Papierstreifen nicht als Provokation zu bewerten sein könnte, weil er vielleicht einen rassistischen Grundgedanken verkündet: " Seht her, liebe Fahrgäste, dieser Bus wird von keinem Ausländer gelenkt; ihn fährt ein guter Deutscher "?

Der junge Mann wandte sich an den DVB und veröffentlichte sein Foto mit dem Aushang bei " Twitter ". Damit war die Angelegenheit für ihn erledigt.

Doch nun nahm seine Geschichte erst richtig Fahrt auf. Zunächst erhielt er von dem DVB  eine Antwort. Der betreffende Mitarbeiter des Dienstleister müsse mit " Konsequenzen " rechnen, wurde dem Mann mitgeteilt. Dann kamen Hunderte Benachrichtigungen zu dem gesetzten " Tweet ". Überwiegend zustimmende, teils beleidigende Bekundungen, aber auch Morddrohungen. Das übliche Geplänkel also, wenn es darum geht, seine eigene Gesinnung öffentlich zu machen.

Das Mutige an dieser Zufallsaktion ist hiernach aber, dass der junge Mann sich mit seinem Namen für die Klärung der mutmaßlich rassistisch motivierten Botschaft an der Windschutzscheibe des Busses der Linie 90 der  DVB eingesetzt hat. Dass dieses auch die lokalen Printmedien auf den Plan brachte, dürfte in unserer heutigen, sehr schnelllebigen Zeit, selbstredend sein. Die Dresdner " Morgenpost " berichtete mit einem Bild und vollständiger Namensnennung des Mannes über jene Frechheit, die sich ein Angestellter ( wohl Busfahrer ) erlaubt hatte. Das wiederum führte dazu, dass sich die Familie und Freunde des Mutigen durchaus Sorgen machen.

Der Grund dafür ist bekannt: Auch in der sächsischen Landeshauptstadt gibt es neben rechtsradikalen Maulhelden, deutsch - nationalen Spinnern und verblendeten Verschwörungstheoretikern, eine größere Anzahl von Straftätern, die auch vor Gewalt nicht zurückschrecken. Der junge Mann indes gab sich eher furchtlos: Er wolle mit seiner Aktion zeigen, dass Dresden nicht braun sei, auch wenn es in der Großstadt durchaus Menschen gebe, die mit dem Zurschaustellung ihrer völkischen Gesinnung provozieren möchten, was andrerseits eine entsprechende Gegenwehr in der Bevölkerung hervor rufe.

Der Außenstehende kann diese Geschichte zwar als lächerlich abtun. Er darf sie als unbedeutende Marginale im gesamtgesellschaftlichen Umgang miteinander bewerten. Er kann sie aber auch als einen - sehr untauglichen - Versuch bewerten, eine längst gesellschafstauglich gewordene politische Grundeinstellung zur Schau zu stellen, die darauf basiert, dass " Deutschland den Deutschen " gehöre.

Während des zweiten Weihnachtsfeiertages kommunizierte meine bessere Hälfte mit einem " Facebook " - Freund, der sich einem sinnfreien Spruch der AfD - Schwachmaten zu eigen machte:
" Weihnachten und Europa bleiben weiß! "
Sie widersprach ihm heftigst. Er knickte indes nicht sofort ein, obwohl seine Argumente eher etwas dem Stammtisch - Vokabular ähnelten.

Das Gespräch soll fort geführt werden. Immerhin besser als Sprachlosigkeit, Ausgrenzung oder gar Straftaten gegen den Andersdenkenden. Das war einst, vor zirka 88 Jahren der Fall, als nach und nach eine Bevölkerungsgruppe ausgegrenzt und danach systematisch liquidiert wurde.
" Dieser Betrieb ist jetzt arisch " - war auf so manchem Plakat an den Firmenwänden zu lesen, als der NS - Verbrecherstaat seine Vernichtungszüge gegen rassisch " Minderwertige " antrat.

Wehrtet den Anfängen!

 

ELECTRIC RIDERS - The Great Bonfire - Messengers - 2004:





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