Nymphensittich entflogen



Heute ist Montag, der 16.12.2019. Der Blaue Montag, denn das Wochenende ist da schon längst vorbei. Ich hasse Montage. Darüber habe ich mich bereits in einem Blogeintrag ausgiebig erklärt. Nur, dieser Montag ist besonders blau. Am Samstag haben ja meine Werderaner einige Kilometer Luftlinie von Eching entfernt, ihr 15. Pflichtspiel bei der Millionario - Truppe des FC Bayern absolviert und dabei - ich hatte es befürchtet, erwartet und nicht live bei " Sky " angesehen - ordentlich eins auf den Helm bekommen. Schwamm drüber, weiter geht´s im Abstiegskampf.

Weil ich im Land des Ernstfeindes mit Dresdner Kfz - Kennzeichen und zudem einer " Werder Raute " auf der Heckklappe, meine Sympathie für die Grün - Weißen offensiv artikuliere, musste ich am Blauen Montag befürchten, dass andere PKW - Fahrer sich Schenkel klopfend über soviel Zweckoptimismus amüsieren würden, wenn sie in der 30er - Zone hinter mir her zuckeln.

Deshalb ließ ich unseren Mazda lieber in der Garage stehen und machte mich die zirka 2,5 Kilometer bis zum " PENNY " zu Fuß auf den Weg. Das Wetter ließ auch einen solchen Spaziergang zu. Es war zwar kühl, aber dafür trocken und nahezu windstill. Also nahm ich meinen Textilbeutel unter den Arm und schlurfte los.

Die Strecke kenne ich mittlerweile gut und so wunderte ich mich auch nicht sonderlich, dass ab kurz vor 9.00 Uhr an jenem Blauen Montag kaum Betrieb auf den Straßen war. Vielleicht haben viele sich des Bayern - Sieges erfreut, so wie die MDR - Sportredaktion mit der Edel - Bazi - Fan - Tante Heine? Wie auch immer, nach zirka 15 Minuten stand ich vor dem Supermarkt, schnappte mir einen Einkaufsesel und holte Brötchen sowie zwei Packungen Konfekt, das wir morgen für unsere in Dresden lebende Tante versandfertig machen werden. Nach dem Verlassen des " PENNY " - Marktes ging ich die gleiche Strecke zurück.

Während ich noch ein wenig über den Sinn und Zweck der weihnachtlichen Geschenkorgie nachdachte, sah ich an einem Lichtmasten einen dort aufgeklebten Zettel, auf dem stand: " Nymphensittich am 09.12.2019 vormittags entflogen ". Danach folgte eine Kurzbeschreibung des Vogels.

Nö, dat könnt ihr getrost vergessen. Der ist für immer weg. Noch eher wahrscheinlich dürfte aber sein, dass der Sittich gar nicht mehr lebt.

Ich überlegte auf dem Nachhauseweg, wie der Vogel aus der Wohnung oder gar noch aus dem Käfig entfleuchten konnte? Die Nymphensittiche sind ja intelligente Tiere. Zwar können sie nicht jene Wort nachsprechen, wie es ihre kleinere und größeren Artgenossen, die Wellensittiche oder die Papageien / Amazonen drauf haben, aber dennoch sind sie pfiffig. Da ist es gut möglich, dass der Vogel die Bauertür selbst aufgemacht haben könnte und durch ein offenes Fenster ins Freie gelangte.

Vor sehr langer zeit, so zu Beginn meines Studiums, lebte ein damaliger Bekannter mit seiner Freundin in einer Wohnung nahe Minden. Diese gehörte zu einem einstigen Bauernhof. Deshalb gab es dort auch jede Menge Tiere. Einen Hund, mehrere Katzen, Gänse, Hühner, Enten und in der besagten Wohnung auch einen Nymphensittich. Der war weiß und hatte einige gelbe Farbtupfer auf seinem Gefieder. Immer wenn ein Mensch die Wohnung betrat, legte der Sittich, der auch einen Namen hatte, den ich jedoch nicht mehr weiß, mit seinem fürchterlichen Gekrächze und Gezeter los. Verließ die Person die Räume wieder, war er ruhig.

Mein Bekannter hatte den Vogelbauer auf einen kleinen Tisch gestellt, der vor einem Fenster platziert war. Das Fenster wiederum war durch weiße Gardinen verhängt. Zudem hatte das Paar noch Übergardinen angebracht, die im Sommer ständig zugezogen werden mussten, weil der Raum auf der Südseite lag und es in den heißen Monaten dort nahezu unerträglich wurde. Der Nymphensittich wäre an einem Hitzeschlag eingegangen. So aber, hielten die vielen Gardinen die Sonne ab.

Weil der Nymphensittich nicht im kühleren Schlafzimmer stehen sollte, denn auch dieser Vogel macht enorm viel Arbeit, weil er unter anderem Federn verliert, die sich dann im ganzen Raum verteilen und er ungehemmt in jede Ecke des Käfigs kotet und diese Hinterlassenschaften im Zimmer verteilt werden, wenn der Vogel wild in seinem Bauer herum flattert. Kurzum: Das Viech macht Dreck!

Irgendwann an einem schönen Frühlingstag, mein einstiger Bekannter besuchte gerade Vorlesungen an der Fachhochschule in Bielefeld, wo er sich mit der BWL versuchte; seine Freundin war an ihrer Ausbildungsstelle, mussten beide Mieter das Fenster zu einem Raum der Wohnung offen gelassen haben und so gelangte eine der Katzen, die geschickt über das Dach eines darunter liegenden Schuppens auf die Fensterbank empor geklettert war, in die Wohnung. Sie hatte wohl längst mitbekommen, dass der Nymphensittich in der Wohnung der ersten Etage lebte und hier häufiger einen Höllenlärm verursachte.

Damit war ab jenem Tag Schluss. Die Katze killte den Lärmer noch im Käfig. Wie sie das angestellt hatte, war für meinen Bekannten ein Rätsel. Jedenfalls lag der gemeuchelte Sittich mit aufgerissener Brust mitten im Vogelbauer; die beiden Beinchen in die Höhe gestreckt und zuvor Angstschisse überall im Käfig verteilend. Der Krakeler war tot - es lebe sein Nachfolger.

Wenige Tage danach musste mein Bekannter seiner Freundin aus einer Zoohandlung in Minden einen neuen Vogel besorgen, weil sie über das Ableben des Vorgängers fürchterlich geheult hatte.

Seitdem waren die Beiden vorsichtiger. Sie ließen nie wieder ein Fenster oder eine Tür der Wohnung offen.

Viele Monate später, mein Bekannter hatte das BWL - Studium geschmissen und sich zudem von seiner Freundin getrennt, erzählte dieser mir, dass er den Nymphensittich gehasst habe, weil dieser immer so viel Dreck hinterließ. Er hatte nie vor, sich einen neuen Vogel anzuschaffen. Doch seine Ex - Freundin setzte sich damals durch. Und just dieser Sittich war auch ein Trennungsgrund. Es gab wegen des Vogels öfters Streit zwischen dem Paar.

Ich war inzwischen auf den letzten Hundert Meter zu unserem Haus. Dort leben ja drei Katzen. Weshalb ein Vogel niemals hierher kommen kann. Und mal ganz ehrlich: So´n Nymphensittich als Haustier ist doch nun wahrlich nix?

Katzen sind da doch eine ganz andere Liga; vor allem, wenn sie in Bayern gehalten werden.




YURI GAGARIN - First Orbit - 2013:




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