1111 Kalorien



Seit beinahe 10 Monaten dreht sich ein größerer Zeitabschnitt bei uns rund um das Thema " Joggen ". " Laufen oder Laufen wir nicht? ", so könnte die Frage an jeden zweiten Tag in der Woche lauten. Und tatsächlich wird der Blick aus dem Fenstern, dann auf den Himmel und später auf das in der Küche angebrachte Außenthermometer ein wichtiger Bestandteil der Tagesplanung. Inzwischen sind wir ja Rentner und haben - so glaubt es jedenfalls der Volksmund - viel Zeit. Sehr viel Zeit? Nun, ja, diese existenzielle Frage ließe sich mit den Worten von Radio Eriwan " Im Prinzip, ja! " beantworten.

Die - mutmaßlich - viele Zeit, die Rentnern nachgesagt wird, lässt sich indes nicht vervielfachen. Der Tag hat nach unserer anerkannten Zeitrechnung eben " nur " 24 Stunden, demnach 1.440 Minuten oder - um es etwas reißerischer zu schreiben - satte 86.400 Sekunden. Nicht mehr, denn danach beginnt ein neuer Tag und der gesamte Zeitablauf von vorne.

So einfach ist es eigentlich in unserem irdischen Dasein. Doch, was der Einzelne mit der ihm zur Verfügung gestellten Zeit macht, bleibt ihm - wieder eine Radio Eriwan - Antwort -  " im Prinzip, ja " - selbst überlassen. Einige Milliarden Erdenbürger müssen die ihnen zur Verfügung stehende Zeit mit Tages - sowie immer häufiger mit Nachtarbeit verbringen. Oft mehr als 8, 10 bis zu 12 Stunden für einen Hungerlohn, der nicht einmal ausreicht, um ihre Angehörigen, ihre Familie oder sich selbst zu ernähren. Vielfach werden deshalb Kinder, die körperlich kaum in der Lage sind, jene Sklavenarbeiten zu erledigen, hierfür heran gezogen.

Andere wiederum, vielleicht 100 Millionen vertun ihre Zeit in Knästen, in abgeriegelten und abgesperrten Bauten, Räumen, in denen ein Dutzend und mehr Gefangenen zusammen gepfercht wurden. Sie haben oder sie sollen sich gegen die geltenden Regeln, Bestimmungen verstoßen oder nicht selten, gegen die Herrschenden aufgelehnt haben. Das war in der Frühzeit, im Mittelalter ganz besonders, als dort Kaiser, Könige, Fürsten sowie andere Schmarotzer das Sagen hatten, nicht anders. Heutzutage sind die Sanktions - und Repressionsmethoden der Mächtigen etwas humaner; wenngleich nicht gerechter.

Ein weiterer Teil der Erdbevölkerung zählt zu den unproduktiv Tätigen. Es sind Soldaten oder andere Bewaffnete, die ihre gegebene Zeit damit verbringen entweder Krieg zu führen oder mögliche Kriege zu verhindern. Auch diese Menschen verfügen über ein großes Zeitkontingent, dass sie irgendwie ausfüllen müssen. Ich weiß das noch aus meinen Tagen als Soldat der Bundeswehr, in der ich sinnlose Zeit meines Lebens verplempert habe. Dafür gab es allerdings Geld.

Nun aber bin ich Rentner. Ein " Läufer ", ein " laufender Rentner ". Zudem habe ich angeblich viel Zeit. Für jenen Abschnitt, der sich, angelehnt an einen 400 Meter Lauf  in einem Stadion, so einige Meter vor der letzten Kurve zur Zielgeraden einordnen lässt, kann jene mir gegebene Zeit durchaus in unterschiedlicher Weise verbracht werden. Ich könnte mehr Bücher lesen ( na, eigentlich nur im Urlaub, weil ich " SPIEGEL " - Leser bin ), ich könnte mehr Musik hören ( ja, aber nur " Krautrock " über das Internetradio ) oder ich könnte mehr Laufen. Ja,aber das sollte ein Mensch / Mann meines Alters nicht zu sehr übertreiben. Hier gilt der Grundsatz: " Nicht viel, hilft viel " sondern " nicht zu viel, hilft mehr ".

Weshalb wir eben " nur " alle zweit Tage zum Joggen nach draußen gehen. Und dabei haben wir inzwischen eine fest stehende Strecke. Von der Haustür aus über die Maisteigstraße und die Schleißheimer Straße in den Klosterweg, zum Hollener See, den wir umrunden.

Diese Strecke, so hat es unsere ebenfalls und dieses schon länger sowie professioneller joggende Tochter errechnet, macht etwas mehr als 8 Kilometer aus. Okay, das mag nicht gerade sehr viel sein, aber hier gilt das Prinzip der Kontinuität. Wir laufen auch bei Minusgraden im Winter, bei Wind im Herbst und bei Wärme im Sommer. Dafür gibt es ja eben die - nicht gerade billige - Sportkleidung. Es gibt Laufschuhe, die nicht selten um die 200 Euro kosten. Es gibt Laufhosen, die manchmal so um 100 Euro zu erwerben sind und es gibt Shirt, ultra - leichte Jacken sowie Westen, zudem Socken und Stirnbänder. 

Und es gibt Lauf - Uhren. Das sind kleine Computer, mit denen Frau / Mann nicht nur die Zeit, sondern auch die Anzahl der Schritte sowie die verbrauchten Kalorien und noch mehr ablesen kann. So hat sich der Laufsport längst zu einem kleinen Wettbewerb entwickelt. Nach jeder absolvierten Strecke stellt sich die Frage, wie viel Schritte, bei wie viel verbrannten  Kalorien sind es dieses Mal?

Vor einigen Tagen las meine bessere Hälfte, die ja die Grundlagen für unsere jetzigen sportlichen Aktivitäten gelegt hat, eine so genannte Schnapszahl von ihre High Tech - Uhr ab. Es waren " 1111 " Kalorien, die der Mini - Computer nach unserem Lauf errechnet hatte.

1111! Aha, das könnte sich wie 11.11. lesen. Also wie, der 11.11. um 11.11 Uhr - der Karnevalsbeginn.

Tatsächlich, das Leben ist nicht so selten ein Karneval. Um uns herum toben Maskierte, Fratzen und Pausenclowns herum. Die dürfen in diesem Jahr nicht feiern. Tante " Corona " hat etwas dagegen. Oder, korrekter ausgedrückt, das " Corona " - Kabinett im fernen Berlin und unser Möchte - gern - Kanzler im nahen München wollen keinen Karneval, keinen Fasching, keine Fassenacht. 

Da bleib eben nur das Joggen als Freizeitsport, um die viele Zeit, die uns jetzt zur Verfügung steht, sinnvoll totzuschlagen. Und Kalorien verbrennt der Mensch dabei auch.  



PINK FLOYD  -  Run Like Hell - The Wall  -  1979:


 


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