Mal wieder einen Virus eingefangen?
Seit Mittwochnacht quält sich meine bessere Hälfte mit Bauschmerzen, Schüttelfrost und Durchfall herum. Irgendwann davor muss sie sich ein Virus eingefangen haben. Sie lag den gesamten Donnerstag im Bett und quälte sich mit jenen Symptomen herum, die ich nur zu gut selbst kenne. Ein Tagesablauf zwischen Bett, Toilette und zurück. Geschwächt vom Flüssigkeitsverlust, bat sie mich, einen Kamillentee zu kochen. Der zwar keine Verbesserung brachte, jedoch den strapazierten Magen ein wenig füllte.
Nun, zu der Hausärztin wollte sie nicht. Sie pochte darauf, sich selbst zu therapieren und wollte dennoch den Grund für ihr Unwohlsein in Erfahrung bringen. Also befragte sie übe Tante Google das all wissende Internet. Das gab ihr unter anderem diese Auskunft:
https://www.infektionsschutz.de/erregersteckbriefe/noroviren/#c3880
Norovirus, verdorbenes Essen, Durchfall, Bauschmerzen, Unwohlsein, Kopfschmerzen - einfach gesagt: Mit sich und der übrigen Welt nicht zufrieden sein?
Ich erinnerte mich an die frühen 1990er Jahre. Ich stand beruflich voll im Saft. Ich versuchte mich zu jener Zeit, als die wiedervereinigte Republik ihren Wiedervereinigungsfreudentaumel längst wieder abgelegt hatte, mehr oder weniger erfolglos als Feld -, Wald - und Wiesen - Anwalt in Bremen. Es wäre noch in jenen Jahren besser gewesen, in den - nicht mehr ganz so - wilden Osten abzuhauen. Dort waren die beruflichen Perspektiven wesentlich günstiger. Ich hätte lieber, über einen ehemaligen Studienkollegen eingefädelt, der seine doppelten Brötchen ( Stichwort " Buschzulage " - https://de.wikipedia.org/wiki/Buschzulage ) als Ressortleiter der Oberfinanzdirektion Rostock tätig war, mich dort andocken sollen. Oder auch bei der IG Metall als Rechtssekretär mit einem für damalige Verhältnisse durchaus üppigen Salär von mehr als 5.000 DM brutto ( zuzüglich diverser steuerlicher Vergünstigungen ) einsteigen sollen. So, wie es zwei einstige - brotlose - Mistreiter aus der zu großen Anwaltschaft aus Achim bei Bremen vorexerzierten. Vielleicht wäre auch ein Posten als Volljurist in der immer noch aufzubauenden Verwaltung, wie in dem Amt zur Regelung offener Vermögensfragen in Burg bei Magdeburg ( ( https://de.wikipedia.org/wiki/Landesamt_zur_Regelung_offener_Vermögensfragen#:~:text=Das%20Landesamt%20zur%20Regelung%20offener,Ämter%20zur%20Regelung%20offener%20Vermögensfragen. ) ein finanziell oder vornehmlich beruflich besserer Weg gewesen? Wenn auch zunächst in befristeter Form.
Doch ich schlug jene Chancen aus. Statt ihrer, dümpelte ich im Haifischbecken einer vollkommen überbelegten Anwaltschaft des endgültig kleinsten und damit der Dauerverarmung zustrebenden Bundeslandes als Friedfisch umher. Ständig auf der Suche nach nicht lukrativen Mandaten aus dem Prekariatsumfeld; innerhalb dessen sich der Rechtsratsuchende mit geleisteter Vollmachtszeichnung zum Intimfeind mauserte, der später die sauer verdienten Gebühren nach der Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung ( BRAGO ) einem noch streitig machte oder im Zuge dessen über einen ebenso erfolg - sowie ruchlosen Kollegen - unter Hinweis auf die Bundesrechtsanwaltsordnung ( BRAO ), einem einen eklatanten Verstoß gegen dieselbige andichtete, dann die Hanseatische Rechtsanwaltskammer einschaltete, die in Gestalt der einstigen Geschäftsführerin mit elegantem Doppelnamen, einen der best - gehassten ordnungsgemäß frankierten Briefe zustellen ließ, in dem - natürlich unter Fristsetzung - eine Stellungnahme zu dem als " Beschwerde " zu bewertenden Vorwürfen des Ex - Mandaten erbeten wurde.
Alles dieses und noch viel mehr, mutete ich mi auch nach der so genannten Wende, die für uns Juristen von einst, ein einmalige Chance darstellte, weil die Mehrzahl von uns eh arbeitslos gewesen worden wäre, ich mir weiter zu. Ich schob meine Familie als Grund für mein Ver(s)zagen vor. Doch in Wahrheit war ich sogar zu feige, um eine erneute berufliche Veränderung hinzunehmen?
So schlug ich mich Tag für Tag, Woche für Woche, Monat für Monat, mit einem Dasein am wirtschaftlichen Existenzminimum herum.
An einem jener Kampftage - ich hatte mir aus Kostengründen - eine Monatskarte der " Bremer Straßenbahn AG ", eine als " Bremer Karte " bekanntes Abonnement für die Busse und Bahnen im Stadtgebiet und Regionalumfeld zugelegt, fuhr ich an einem dieser öden Werktage in einer der zu jener Tageszeit proppenvollen Regionalzügen und später Straßenbahnen in Richtung meines Büros in Bremen - Hastedt. Überall um mich herum hustete und prustete es. Es war noch Winter. Es war kühl. Es war nass. Es herrschte das sattsam bekannte Erkältungswetter.
Gegen Grippe - und Erkältungserkrankungen war ich nie richtig gefeit. Einst als Raucher schon gar nicht. So kam es dann, wie es kommen musste: Ich zog mir eine Virusinfektion zu. Nicht irgendeine, sondern eine Noro - Virus - Erkrankung. Die mich für einige Tage nieder streckte. Und zwar so, dass ich völlig antriebslos im Bett lag, dort wie in einer Sauna vor mich her schwitzte, beinahe eine Dauersitzung auf dem Klo abhielt und mich so elend fühlte, als müsste ich demnächst abdanken. Erst nach einigen Tagen konnte ich mich hiervon erholen.
Ich wusste deshalb, wie sich meine bessere Hälfte seit Mittwoch fühlt. Deshalb kochte ich ihr einen Kamillentee. Wichtig ist es, den starken Flüssigkeitsverlust auszugleichen. Ansonsten hilft gegen eine derartig hartnäckige Infektion nur ein Aussitzen. Das musste ich mir dann damals auch eingestehen. Ich habe es somit überlebt.
LIGHTSHINE - Feeling - 1976:
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