Wenn das Wasser kommt

 


Die " Todesflut " in Ahrtal ist ja mehr als 19 Monate her und jährt sich mit dem 14. Juli 2023 zum wiederholten Mal. Wenn demnächst einige Dokumentation zu dem Ereignis gesendet werden sollten, in dem eine Chronologie der Umweltkatastrophe in solche Berichte eingebettet sind ( so u.a. hier: https://reportage.wdr.de/chronik-ahrtal-hochwasser-katastrophe#fruehe-warnungen ), dann kommt nicht nur menschliches Versagen zum Vorschein, sondern es wird auch auf einen diesem immanenter Hang in Erscheinung treten, die Natur in ihren mannigfaltigen Facetten ständig zu unterschätzen. 

Auch bei der so genannten Ahrtal - Flut hat die Natur uns gezeigt, dass sie letztendlich am längeren Hebel sitzt und sich nicht in der erwünschten Form manipulieren lässt. Am Ende waren hier 133 Tote zu verzeichnen; der Sachschaden  wurde auf mehr als 347, 1 Millionen Euro errechnet ( wovon die Versicherer diese zum größten Teil nicht reguliert haben ).

Solche Ereignisse hat es in den letzten Jahrzehnten immer wieder gegeben; wenngleich das Ausmaß der durch das Wasser verursachten Schäden wesentlich kleiner war. So kann ich mich noch gut daran erinnern, wie Unwetter mit Starkregen auch die Gemeinde, in der mein Geburtsort liegt, hin weg zogen und dabei beträchtliche Verwüstungen verursachten. 

Es muss irgendwann in der Mitte der 1960er Jahre gewesen sein, als einige Kinder aus der Nachbarschaft mit meiner Schwester und mir zum Baden das zirka 1 Kilometer entfernt gelegen Bad Eilser Freibad besuchten. Es waren Schulferien, es war sehr heiß und weitere Abkühlungsmöglichkeiten gab es in der Nähe nicht. Das Freibad in Bückeburg lag zu weit entfernt. Der Weg dorthin war zu Fuß nicht zu schaffen und Fahrräder hatten wir nicht. Das gleiche traf auf das Bergbad in Obernkirchen zu. So dackelten wir Tag für Tag zum Baden nach Bad Eilsen.

In jenem Sommer, Mitte der 1960er Jahre, zog von Westen, genauer gesagt aus Richtung Porta Westfalica eine schwarze Wolkenwand auf. Die beiden Bademeister erkannten die aufziehende Gefahr und ließen über ein Megaphon die Badeanstalt räumen. Informationstechniken gab es einst natürlich noch nicht. Die Badeanstalt besaß nicht auch keine Telefon, so dass sich die beiden Verantwortlichen auf ihre eigenen Erfahrungen verlassen mussten. Und sagten ihnen: Es wird ein Unwetter geben.

Binnen weniger Minuten waren die Wiesen rund um das Schwimmbecken wie leer gefegt. Alle Kinder und die wenigen Erwachsenen drängten sich zu den Umkleidekabinen. Wer schnell aus dem großen Gedränge heraus kam, durfte hoffen, noch trocken zuhause anzukommen. Wer zu lange brauchte, also " herum trödelte ", hatte dann Pech gehabt. Meine Schwester und ich gehörten zu jener Truppe der " Zuspäten ". Nachdem wir das Bad verlassen hatten, begann es zu regnen. Er klatschten einige, sehr große Wassertropfen auf den trockenen Boden und es staubte sogar dabei. Dann prasselten nahezu überall um uns herum Regentropfen auf die Erde. Kurz danach schüttete es von oben wie aus Kübeln. Der Unwetter entlud sich über unseren Köpfen. Wir flohen zu einem Pavillon, der sich einst neben den Wegen des Kurparks befand.

Die Wassermengen bildeten zunächst kleine Rinnsale auf den Wegen, die sich dann zu einem breiten Wasserlauf formten, der in Richtung der Badeanstalt und des dahinter liegenden Baches mit dem Namen " Aue " abfloss. Es blitzte und donnerte ununterbrochen. Das Wasser erreichte den Pavillon und stieg dort binnen weniger Minuten auf Kniehöhe. Wir stellten uns auf die dort eingebauten Bänke und hofften, dass wir dort keine nassen Füße bekommen. Der Pegel stieg und stieg. Meine Schwester heulte, weil sie Angst bekam. 

Nach einer halben Stunde war der Spul vorbei. Das Unwetter zog weiter in Richtung Osten, wo es sich über dem Mittellandkanal, den Schaumburger Wald bis weiter zur Weser entlud. 

Als wir das kleine Gebäude verlassen konnten, sahen wir überall tiefe Furchen im Boden. Hier hatte sich das Wasser seinen Weg gesucht. Die aufgestellten Sonnenschirme der Restaurants und des Cafes waren allesamt umgekippt, weil die Regenmengen sie unterspült hatte. Es sah dort wie auf einem Schlachtfeld aus. Tische lagen neben den Stühlen, Preis - und Werbetafeln waren umgefallen; die Markisen zeigten zerfetzte Stoffe, weil die Regenmassen sich dort gesammelt hatten. Wir bekamen wieder Angst und liefen so schnell wir konnten nach Hause.

Viele Jahre später, in der Mitte der 1970er, zog im August aus der entgegen gesetzten Himmelsrichtung, nämlich vom Osten, eine Gewitterwand auf den Talkessel zwischen dem Wesergebirges, dem Bückeberg und dem Harrl heran. Es war ein schwüler Tag in jenem Hochsommermonat als sich dann ein Unwetter über den Ort und die Nachbargemeinden entlud. Es blitzte, donnerte und krachte pausenlos. Dazu schüttete es aus Kübeln vom Himmel. Binnen weniger Minuten stand das Wasser auf den Straßen der Gemeinde in Kniehöhe. Auch auf dem Grundstück meiner Eltern sammelte sich das Regenwasser und floss am hinteren Teil des Hauses in den Keller, wo es sich über den Kellergang einen Weg in den dortigen Gulli suchte.

Der konnte die Wassermassen jedoch nicht bewältigen. Binnen Minuten waren sämtlich Kellerräume mit einer 10 bis 15 Zentimeter hohen Wasserdecke belegt. Langsam floss das Regenwasser dann wieder ab. Der Schaden war überschaubar. Lediglich einige am Boden stehende Behältnisse mit Lebensmittel wurden durch tränkt. 

Weniger glimpflich verlief dann ein weiteres Unwetter in den 1990er Jahren als die Regenmassen die Feldstraße herunter schossen und die Gullis diese nicht auffangen konnten, so dass das Wasser durch die Kanalschächte rückwärts in die Häuser lief.   

Von diesen und weiteren, ähnlichen Ereignissen habe ich ja in meinem Blog bereits berichtet:

https://draft.blogger.com/blog/post/edit/8221564797470254880/7728681780041283407

Auch wenn diese Ereignisse mit der " Ahrtal " - Flut, den beiden Hochwasser - Katastrophen in Sachen und Sachsen - Anhalt nicht vergleichbar sind, so zeigen sie dennoch eines: Unwetter und andere von der Natur ausgehende - so genannte - Katastrophen sind primär von den Menschen verursacht worden. Die Überbevölkerung, die unsinnige Zersiedlung und der menschengemachte Klimawandlung führen eben zu derartigen Ereignissen. Beton ersetzt eben keine Bäume!  

       

 Fuzz Sagrado  -  Tropical Rain  -  A New Dimension  -  2022




 

  

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