Könnern - Köthen - Zörbig : Wo die Landschaften blühen.
Die Strecke zwischen Dresden und Bad Eilsen ist lang. Genauer gesagt, sie ist 419 Kilometer lang und würde bei einer zuvor vom Routenplaner berechneten Fahrtzeit mit 4 Stunden und 17 Minuten zu Buche stehen. Die 64 Liter Dieselkraftstoff im Tank reichen nicht für die Hin - und Rückfahrt ( ohne nervige Staus ). Mit einer
einzigen Tankfüllung es ist somit auch nicht getan. Es sei denn: Mann/Frau fährt Mercedes oder ähnliche Luxus - Gefährte.
Für den Mazda 6 Kombi Diesel jedenfalls sind die 840 Kilometer zuzüglich 15 Kilometer Umweg wegen Stau auf der A2 vor Hannover - Kreuz - Ost und zuvor gefahrener 25 Kilometer Stadtverkehr definitiv zu lang. Zumal der Kraftstoffverbrauch nur dann geringer ist, wenn die optimistischen Angaben der PKW - Hersteller auch 1;1 in Natura umgesetzt werden.
So entschlossen wir uns alsbald hinter Magdeburg die A14 zu verlassen, um dort billig zu tanken. Das Navi gab uns eine Freie Tankstelle in Köthen als Ziel an und so nahmen wir eben jene Abfahrt " Könnern " auf der A 14. Zunächst sah es so aus, als sollte dieses eine übliche Fahrt über eine Land - oder Bundesstraße werden. Doch - weit gefehlt! Unmittelbar nach dem Verlassen der Betonpiste, traf uns die Realität des sachsen - anhaltischen Lebensumfelds. Zunächst erwartete " James ", die sonorige Stimme aus dem Navi, dass die Fahrt mit einem rechts Abbiegen auf B 71 in Richtung Könnern fort zu setzen sei. Häh? " Könnern "? Warum das?
"James" indes ließ sich nicht aus der Ruhe bringen und empfahl uns nach 300 Metern links in Richtung Gröbzig abzubiegen. Gesagt, getan! So rumpelte der Mazda mit immerhin noch mehr als 10 Litern Dieselkraftstoff auf einer als Landstraße ausgegebenen Kopfsteinpflasterwegung in Richtung " Gröbzig ", durch ein Nest mit dem Namen "Edau". Nie gehört, nie gesehen, nie erkannt - im Sachsen - Anhalt -Land!
Fluchend vertrauten wir uns dem Navi weiter an, das uns ja auf dem schnellsten Weg nach " Köthen " zum Tanken bringen sollte.
Die Rumpelfahrt ging mit höchsten 30 Km/h weiter, bis ein Kaff auftauchte, das sich doch tatsächliche " Plattendorf " schimpft. Nee, näh? Jetzt trifft uns die Ostalgie, die DDR - Historie und ihre Mangelwirtschaft noch mit voller Härte. In " Plattendorf " waren dann auch tatsächlich Plattenbauten in höchster, sozialistischer Formvollendung zu sehen. Mausgrau, herunter gekommen, trist. Hoffentlich begegnet uns jetzt kein Mensch, denn der würde uns mit Sicherheit erstaunt anglotzen und sich selbst fragen: " Wo wollen die denn hin?"
Es war aber kein Lebewesen weit und breit zu sehen. Nicht einmal ein räudiger Straßenköter lief auf den Grundstücken herum. Wenn jetzt Erich oder Erich oder Willi aus den Gräbern auferstehen würden, uns die linke Faust zum Sozialisten Gruß zeigend, selbst nach dem Weg fragen könnten, wir hätten die feste Überzeugung gewonnen, dass er noch lebt, der Geist der unter gegangenen DDR.
So aber sah uns Niemand, wir konnten auch Niemanden fragen und waren im Niemandsland. Da, wo sich jeden Tag, wenn es dunkel geworden ist, Hasel, Igel und Fuchs zum Skat spielen treffen, um sich ab 22.00 Uhr Gute Nacht zu sagen.
Die Naviagationshilfe in Gestalt des " Tom Tom " ( Eigenwerbung " Find Your -Own? - " Way ) riet uns nun, auf dem Kartoffelacker, das sich Landstraße nennt, abzubiegen. So gelangten wir nach " Edderitz ", an einem als " Flughafen " ausgewiesenen Gelände vorbei, durch " Basdorf " fahrend, endlich nach " Köthen ". Und - wie es uns " James " vorgab - wir landeten doch tatsächlich auf dem Gelände der " Jet " - Tankstelle in Köthen. Sie war auch geöffnet und der " Sprit " war immerhin 6 Eurocent günstiger als in Bad Eilsen; von den 10 an der BAB - Tankstelle zuvor, mal ganz zu schweigen.
Flugs war der Mazda voll getankt und so traten wir die Fahrt in Richtung Zivilgesellschaft auf der Bundesautobahn an. " Tom Tom " ( weiterer Slogan: " Find Your Way. The Easy Way " ) ließ uns mit Mazda 6 auf die Bundesstraße 183 einfahren. So zuckelten wir durch " Großbadegast " ( dann müsste es " Kleinbadegast " nach der sachsen - anhaltischen Arithmetik auch geben ), an " Arensdorf " vorbei, an Feldern vorbei, die ab Mai gelb blühen ( Raps ), durch die Dörfer mit den Namen " Prosigk " sowie " Gnetsch ", an " Radegast ", " Cösitz " vorbei in Richtung " Zörbig " und - nach dem der Ort durch fahren war - auf die allseits geliebte " A 9 ". Unterwegs stand da auch noch irgendwo, irgendetwas mit " Filmfabrik " zu lesen. " Hollywood " auf dem Lande? Nö, ich bekam die Zeit wieder in meine Gedankenwelt zurück, in der ich in den frühen 80ern immer diese Schwarz-Weiß - Filme mit dem Namen " ORWO " zu Dumpingpreisen bei " Foto-Dose " in Bremen kaufte, um prima Fotos mit meiner sündhaft teuren " Pentax " zu schießen.
" Solche Filme gab´s bei uns so nicht zu kaufen ", sagte meine bessere Hälfte, während ich in der Vergangenheit schwelgte und über meine zart - künstlerische Ader in Form des Fotografierens schwadronierte.
" Nach 300 Metern rechts abbiegen. Dann fahren Sie auf die Autobahn! " - und - für Begriffsstutzige, wie mich - wiederholte " James " erneut: " Biegen Sie rechts ab. Dann fahren Sie auf die Autobahn! ". Das galt in diesem Moment nicht für uns., denn ich gurkte einfach geradeaus und vorbei! Dabei hatte ich nur den Blick für die Sonnenenergie und stellte mir vor, ein Teil des gewonnen Stroms könnten wir für unseren Verbrauch abzweigen. Klasse!
Kaum hatte ich den Gedanken zu Ende gebracht, war die BAB - Auffahrt in Richtung " München " längst vorüber gerauscht. Es folgte die - dann falsche - Auffahrt in Richtung " Berlin sowie das Gezeter meiner besseren Hälfte. Wieder einen Umweg fahren, wieder wenden und zurück in die Pampa Sachsen - Anhalts. In dem " Land der Frühaufsteher " ( Eigenwerbung für einen sechsstelligen Betrag von MP Böhmer verzapft, verbraten, vergeudet ), in dem die DDR zurück gekehrt war, nämlich in Gestalt der Straßen, die den Namen nicht tragen dürfen, denn sie sind es nicht. " Rüben " - oder " Kartoffelacker " oder - besser noch - " Stoßdämpferdauerbelastungsversuchsstrecke ". Vielleicht " Wolfgang Böhmer " - Feldweg?
Endlich hatte ich gewendet, es geschnallt, dass " München " nicht " Berlin " und " Berlin " nicht " Dresden ", aber auch " Dresden " nicht " Könnern ", " Köthen " oder " Zörbig " sein kann. Und - welch Freude - es nie sein wird. " Blühende Landschaften " hatte der ewige Kanzler, die " Birne " Kohl damals versprochen. Jau, es blüht und grünt und ruckelt, holpert oder poltert hier ganz besonders. Hinauf auf die Rennstrecke " A9 " also. Nach einigen Kilometern fliegt eine blaue Hinweistafel vorüber : " Leipzig x, Nürnberg y, München z " in Kilometern, stand da zu lesen. Das sind doch mal Namen von Welt. Da tobt die Zivilgesellschaft. Hier pulsiert das wahre Konsumleben.
Und, in " Könnern ", " Köthern ", " Zörbig " - wohl auch, schließlich sind wir seid 1990 ein Volk, eine Nation, ein Vaterland. Tatsächlich?
Wir sind wir, wir sind wieder wer, wir werden wieder Weltmeister. Allerdings nicht im Straßenausbau mit dieser Regierung. Nicht mit Gies, Münch, Bergner, Böhmer, Haseloff und dem Frühaufstehen.
http://www.sachsen-anhalt.de/index.php?id=56698
Straßen braucht das Land und zwar befahrbare. Aber, andererseits, wer soll dieses dann nutzen, wenn die Hälfte der Bevölkerung weg zieht, pendelt und diese dann nur wenig nutzt? Blühende Landschaften im Land der Frühaufsteher im Jahre 2013 nach Chr. Geburt und 7 Tage vor der Bundestagswahl? Hier wird schwarz gewählt, rot regiert, braun gedacht, grün gewohnt, und sich vor Neid gelb geärgert, ob der miesen Straßen jenseits der Autobahn A 14, A 9 oder sonstwie!
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