Barbara


Themenabende oder ganze Thementage können oft anstrengend sein. Wenn sie in einem der vielen Spartensender des bundesdeutschen Fernsehens Platz finden, sind sie zudem öde. Vor allem aber dann, wenn es sich um Wiederholungen von Wiederholungen, der Wiederholung handelt.

Da las ich gestern in der Fernsehprogrammzeitschrift, dass der Gemeinschaftssender " 3sat " sich der geschichtlichen Abläufe von vor mehr als 27 Jahren annimmt, die dann zum Zerfall des einstigen Warschauer Pakts führten. Eigentlich sind die Geschehnisse von damals längst aufgearbeitet, die Geschichte muss deshalb in später produzierten Filmen nicht erneut aufgewärmt werden.

Doch die vielen deutschen Fernsehfilmproduzenten mitsamt ihres von den Zwangsgebühren alimentierten Trosses, der sich bei dem Versuch, jene Zeiten - insbesondere vor - der berühmten Wende einigermaßen realitätsbezogen wiederzugeben, mehr als nur schwer tut, werden nicht müde, dem Glotzer beinahe ad infinitum die Unterschiede zwischen Ost und West auf ein Silbertablett zu kredenzen, damit auch der letzte August versteht, warum hauptsächlich die Deutsche Demokratische Republik die besagte Wupper runter ging. Weshalb es im zweiten Staat auf einstigen Reichsboden bestialisch stank und die Zahl der Krebstoten in den Jahren nach dessen Untergang signifikant stieg, war dem westdeutschen denn eher am Rande bekannt. Viel lieber stürzte sich die damalige Hetz - Presse aus dem Hause Axel " Adolf " Springer auf die sichtbare Symbolik der DDR. Als da waren: Mauer, Schießanlagen und Grenztote sowie - viele Jahre davor - die spektakulären Fluchtversuche.

Von Knästen, wie Bautzen, Jugendstrafheimen, wie Torgau oder Betriebskampfbrigaden erhielt der Westdeutsche keine bzw. kaum Informationen. Wohl aber von der Ausbürgerung so genannter Dissidenten vom Schlage Wolf Biermann. Solche Fälle waren für die Medien der BRD alle Male lohnenswert. Weniger interessant indes gestalteten sich Einzelfälle von namenlosen DDR - Bürgern, die als Deliquenten in die dortigen Knäste wanderten, von dort aus einen Ausreiseantrag stellten und ab den 1980er Jahren in schöner Regelmäßigkeit in den Westen abgeschoben wurden, wo sie zumeist auch kriminell blieben. Der Freikauf dieser angeblich politischen Häftlinge kostete den reichen Westen pro Kopf zirka 50.000 DM.

Wenn darüber der Mantel des Schweigens gehalten wurde, dann hatte dieses beiderseitig nur den einzigen Grund, dass beide Staaten durch intensive Geschäftsbeziehungen längst miteinander verwoben waren. So baute der Chemiekonzern Hoechst Ende der 1970er Jahre in Schkopau eine riesige Anlage für die dortigen Buna - Werke, die durch Kompensationsgeschäfte von der DDR über die KoKom bezahlt werden musste; mit dem enormen Vorteil des westdeutschen Chemie - Riesen, dass die dortige Produktion, oft hoch giftigen Stoffe, nicht wegen Umweltauflagen verboten war.

Nun, diese Schurkenstücke wurden erst nach der Wende veröffentlicht. Bis dato blieben sie als geheime Verschlusssache in den Stahlschränken und Safes der Beteiligten liegen.
Das darüber dennoch sukzessive berichtet worden ist, verdanken die Gesamtdeutschen einem Grundrecht, das sich Meinungs - Presse - und Informationsfreiheit nennt.

In dem Film mit dem Namen " Barbara " , der 2012 zunächst in die deutschen Kinos kam, werden solche Ereignisse denn eher nicht benannt. Wohl aber die repressiven Maßnahmen der Greisen - Clique des Genossen Erich Honecker und  seiner Mitläufer - Bande gegenüber Ausreisewilligen. Und just darum geht es in dem Streifen.

Kurz beschrieben, wir befinden uns im Jahr 1980, handelt dieser von einer DDR - Ärztin, die einen Lebensgefährten in der BRD hat,  sich wohl deshalb erdreistet, einen Ausreiseantrag zu stellen, daraufhin strafversetzt wird und in der Pampa bei Eberswalde ihren Dienst versehen muss. Hier wird ihr eines Tages ein Mädchen als Patientin zugeführt, die im KZ ähnlich funktionierenden Jugendwerkhof Torgau eingeknastet wurde. Die strafversetzte Ärztin Barbara rettet ihr das Leben und freundet sich mit dem Mädchen, dass zudem noch schwanger ist, an. Der mit ihr tätige Kollege, outet sich ihr gegenüber als Im der Staatssicherheit, freundet sich dabei mit Barbara an und versucht deren Vertrauen und mehr zu gewinnen. In der Zwischenzeit bereitet Barbara ihre Flucht mit einem Schlauchboot über die Ostsee vor. Als ein weiterer junger Mann, der einen Suizidversuch unternommen hatte und später erneut das schwangere Mädchen aus Torgau zur Behandlung bei ihr eingeliefert werden, entschließt sie sich, diese statt sich selbst in den Westen zu bringen.

https://de.wikipedia.org/wiki/Barbara_(2012)

Um in dem lieb gewordenen Freund - Feindbild von einst nicht allzu viele Risse aufzuzeigen, sei nur am Rande erwähnt, dass die fiktive Geschichte mit der Realität des Lebens im realen Sozialismus der DDR eher wenig zu tun hat. Unabhängig von dem Faktum, dass eine Liaison zwischen einem Wessi und einer DDR - Ärztin nicht außerhalb der Fänge der Stasi - Kranke hätte stattfinden können, dass der dargestellte Fluchtversuch von Eberswalde über die Ostsee in den Westen ( es käme da zunächst Boltenhagen als westlichster Ort oder Rostock als nächst gelegene Stadt zu Dänemark in Betracht ) schon sehr, sehr abenteuerlich war, zeigt der Film andere historische Unsauberkeiten.
Eine Ärztin in der DDR genoss durchaus Privilegien. Diese hatte sie sich allerdings durch linientreues Verhalten zu verdienen. Bevor sie allerdings ein Medizinstudium aufnehmen konnte, zählte eine entsprechende Vorprüfung durch die staatlichen Organe dazu. Wer ein teures Medizinstudium durch laufen wollte, musste deshalb ebenfalls linientreu sein.
Bei Ausreiseanträgen - wie in dem gezeigten Fall der Ärztin Barbara - bekamen die Familienangehörigen in der Regel erhebliche Probleme und durften nicht selten mit Sanktionen rechnen.

Der Film zeigt eher eine rührselige Heldengeschichte, die mit der Realität in der DDR eher wenig gemein hat. Barbara hat es so nie gegeben.


http://www.mdr.de/zeitreise/ddr/flucht-ueber-die-ostsee110.html

Marianne Faithful und der 1980er Hit " The Ballade Of Lucy Jordan ":




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