Die Schweißfüße des Oskar H.



Als ich heute in der Wiederholung der Regionalnachrichtensendung " buten un´binnen ", die bekanntlich seit Frühjahr 1980 von Radio Bremen Fernsehen ausgestrahlt wird, zu einem Bericht über Probleme mit einer privaten Parkplatzüberwachungsfirma, den Kollegen Kai Gunkel sah, schweiften meine Gedanken in die ersten Jahre der 1990er ab. Damals quälte ich mich als Einzelanwalt mit Feld - Wald - und Wiesen - Mandaten herum. Die Prämisse von einst lautete immer: " Geld her, Geld her, oder ich fall um!"

Ab und an kam über den Bekanntenkreis meiner Ex, die sich genauso oft und lange auf dem Zossen - Hof in Delmenhorst herum trieb, wie in meinem Büro, ein Auftrag angeschwemmt. Keine großartige Sache zwar, aber: " Kleinvieh macht auch Mist!"

Zu den regelmäßigen Kunden zählte danach ein Einsteller des Reiterhofes, der in seinem bis dato abgelaufenen Leben, so einige Dinge versucht hatte. Er probierte sich dabei auch mit einem Reisebüro in Delmenhorst, das allerdings nach ein paar Jahren wegen fehlenden Umsatzes von diesem wieder dicht gemacht wurde. Auch bei der holden Weiblichkeit lief es nicht gerade rund. Oskar H., so hieß mein späterer Dauer - Klient, war eine Zeit lang mit Anne R. aus Delmenhorst liiert. Diese Zweckbeziehung ging aber schon bald in die Brüche.

Als Oskar H. zu Beginn der 1990er Jahre mit dem ersten Rechtsfall zu mir kam, musste ich zunächst seinen unbändigen Drang, das halbe Leben und die um ihn herum existierende, schlechte Welt, in einem Monolog einbetten zu wollen, bändigen. Ich stellte ihm nämlich die. von ihm jedoch unbeantwortete Frage, was denn diese Vorgeschichte mit seinem aktuellen Verkehrsordnungswidrigkeitenfall zu tun habe. Nachdem er seine eruptiven Redeausbrüche gezügelt hatte, kamen wir an das Eingemachte. Es ging um ein Parkvergehen. Oskar H. hatten seine goldfarbenen Mercedes 230 D mit Anhängerkupplung ( wegen des zu ziehenden Pferdeanhängers ) auf einem Platz abgestellt, der dem eingeschränkten Parkverbot unterlag. Keine Riesensache eigentlich. Doch Oskar H. behauptete steif und fest, dass die - vormals als Politesse benannte - Mitarbeiterin der Stadt Delmenhorst bei dem Anbringen des so genannten " Knöllchens ", das diese unter dem rechten Scheibenwischer des PKW klemmte, seine Windschutzscheibe zerkratzt habe.

Er kam einst in mein Büro, um die Kosten für eine Ersatzwindschutzscheibe von der Stadt Delmenhorst erstattet zu erhalten. Eine sehr mutige Forderung, denn in solchen Fällen greift die so genannte Amtshaftung. Dieses bedeutet allerdings, dass der Stadt als Beklagte ein schuldhaftes Verhalten der vormalige Angestellten nachgewiesen werden muss. Ein nahezu aussichtsloses Unterfangen, zumal es auf Seiten des Mandanten keine unmittelbaren Zeugen des Vorfalls gab.

Nun, Oskar H. hatte eine Rechtsschutzversicherung abgeschlossen und diese erteilte die Deckungszusage. Damit konnte er den Prozess führen. Er besorgte von einer Werkstatt einen Kostenvoranschlag, der sich über satte 450 DM belief. Tja, Mercedes zu fahren, war auch vor mehr als 25 Jahren nicht ganz billig.

Ich schrieb die Stadt Delmenhorst an und forderte mit dem Anwaltsschreiben den Ersatz für die zerkratzte Windschutzscheibe. Einige Zeit später antwortete mir die dortige Rechtsabteilung und lehnte jedwede Ersatzansprüche des Mandanten Oskar H. ab.

Ich suchte mir einen bei dem Landgericht Oldenburg, das für dieses Verfahren zuständig war, zugelassenen Kollegen in Delmenhorst und erhob über ihn also Klage gegen die Stadt Delmenhorst, nachdem Oskar H. die 10 DM für das Falschparken gezahlt hatte. Als Zeugin für den Vorfall gab ich die Bedienstete der Stadt Delmenhorst und Oskar H.´s Ehefrau an. Es dauerte einige Wochen, dann wurde die Klageschrift der Stadt Delmenhorst zugestellt. Einige Tage darauf erhielt ich zunächst einen Anruf von dem beauftragten Kollegen in Delmenhorst, danach von der Rechtsabteilung der Stadt Delmenhorst. Der werte Kollege dort fragte höflich an, ob man sich nicht außergerichtlich einigen könne. Er sehe ja die Schwierigkeiten des Mandaten, die Beschädigung der Windschutzscheibe durch eben jene Bedienstete nachweisen bzw. beweisen zu müssen, aber er sehe wiederum auch ein Risiko für die Stadt, dieses im Falle einer Verurteilung, weil der Fall wegen des zu geringen Streitwertes nicht berufungsfähig war.

Wir einigten uns auf die Hälfte des eingeklagten Betrags, wobei jede Partei seine Kosten selbst trägt. Das konnte ich dem Mandanten und auch dessen Rechtsschutzversicherung gut verkaufen. Zudem war Oskar H. mit meinem Engagement voll zufrieden und schob mir in der Folgezeit einige Mandate zu.

Es entwickelte sich eine gewisse Freundschaft zwischen uns. Er vertraute mir und ich beriet ihn in verschiedenen Rechtssachen - dann eher unentgeltlich. Oskar war nämlich inzwischen für die " Signal Iduna Versicherungen " in den Neuen Bundesländern, insbesondere in Mecklenburg - Vorpommern als Vertreter unterwegs. Und auch von dort spülte er mir einige Rechtsfälle in das Büro.

Oskar H. war zwar eher einfach strukturiert, hatte dafür eine große Klappe, war aber wiederum im Grunde ein hilfsbereiter Mensch. Deshalb verstanden wir uns auch ganz gut.

Eines Tages kam eine andere Einstellerin, eine Bekannte meiner Ex, zu mir. Sie hatte Probleme mit ihrer Versicherung, die wegen eines Einbruchdiebstahls auf dem Reiterhof, bei dem einige teure Sättel gestohlen wurden, nicht eintreten wollte. Ich schrieb einen geharnischten Brief an die Hausratversicherung der Eltern der Mandantin, die dort noch wohnte und, weil sie sich in der Ausbildung befand, über diese auch versichert war. Nach einigen Tagen erhielt ich einen Scheck über die komplette Summe, die wir für die Wiederbeschaffung des Sattels per Kostenvoranschlag geltend gemacht hatte. Die Mandantin hätte mir beinahe die Füße geküsst, so froh war sie.
Das dicke Ende kam jedoch sofort. Die Versicherung kündigte den Vertrag.

Ich verwies die Mandantin auf die " Signal Iduna " und Oskar H. in Delmenhorst. Ich händigte ihr eine Visitenkarte des Versicherungsvertreters aus und bat sie, dort mal anzurufen. Da Oskar H. von Montagvormittag bis Freitagnachmittag in Meck. - Pomm. war, machte sie mit ihm einen Termin für den Samstagvormittag bei ihm zuhause aus. Oskar H. hörte sich die Sache an und ließ über die Eltern der Mandantin einen neuen Hausratversicherungsvertrag mit einer Zusatzklausel, bezogen auf die Aufbewahrung von teuren Reitutensilien außerhalb des elterlichen Hause unterschreiben.

Einige Tage später traf ich Sibylle R., so hieß die Klientin von damals, auf dem Reiterhof. Sie bedankte sich für meine Bemühungen und übergab mir eine Schachtel Pralinen. Sie sei sehr zufrieden mit dem neuen Versicherer, aber, zu Oskar H. nach Hause sollte ich lieber nicht gehen. Der würde ekelige Schweißfüße haben und die stanken bestialisch, weil er nie seine Schuhe angezogen und zudem alte Strümpfe getragen hätte.

Ich beruhigte Sibylle " Billy " R. sogleich und erklärte ihr, dass es ja doch schlimmere Dinge im Leben geben würde, als stinkende Schweißfüße. Nämlich, unter anderem auch Versicherungen, die in einem Schadenfall nicht bezahlen wollen. Sie lachte und verabschiedete sich von mir.

Schweißfüße hin, Versicherungen her, im Zweifelsfall stinken beide zum Himmel.

In diesem Sinne, eine geruchsfreie Nacht mit:

I. " Your Ten Mofo " mit " Things Change While Helium Listen To Everyone " - 2006:






II. " Echoes From Outer Space " Harald Nies - "´Wolf  Projekt "  -




III. " Strange Flower " mit " A Ghost In Your Room "  Album: " 

                             Ortoflorovivaistica " -  2006 -:













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