Die sterbende Jungfer, die weinenden Sonnenblumen und die wachsenden Physilis
Der Hauptteil unserer Familie weilt zurzeit in Norwegen. Sie hat sich eigens dafür einen Campingbus mit allen möglichen High Tech - Geräten angeschafft. Dat Ding war nicht gerade billig, aber vielseitig verwendbar. Es wird auch zwei Rentner zum Kap transportieren.
Nun, unsere Tochter beschwerte sich in einer Mail über das kühle Wetter. Ja, gut, ich sach´ma´, ich meine, ich glaube, dat ist dort in dieser Jahreszeit mit 18 ° C sogar noch recht mild. Aber, es gibt auch im August noch knackige Sommertage, die Temperaturen von bis zu 25° C zulassen. Doch der Hochsommer ist in Norge bereits wieder vorbei. Mitte August wird es im Norden nachts spürbar kühl und das Thermometer sinkt - ortsabhängig - auf einstellige Plusgrade.
Wir haben aber dafür noch richtigen Sommer. Zumindest auf dem Kalenderblatt. Doch, was so an Wetterkapriolen in den letzten Wochen über dieses Land und auch Europa hernieder ging, war schon außergewöhnlich. Hitzewellen, Dürreperioden und Unwetter im Süden und auch Mitteleuropa, waren davon nur ein kleiner Ausschnitt. Insgesamt war der Sommer 2017 bislang zu nass.
Auch unsere tierischen Mitbewohner haben da ihre Probleme gehabt. Da sie bei Regenwetter sich eher in die Zimmer verziehen, muss ich nicht gleich in Panik geraten, wenn plötzlich vier Katzen auf vier Räume irgendwie verteilt liegen.
Doch ihren Drang nach dem Jagen von Mäusen und anderem Getier wird dadurch keinerlei Hindernisse in den Weg gestellt. Hausruhe und Mäusejagd schließen sich nicht aus. Doch heute Vormittag legte unsere Katze keine Maus aus den Boden, sondern eine Libelle. Die lebte noch. Ich holte mir ein Geschirrtuch und ließ die ungebeten Bewohnerin darauf hoch krabbeln, denn die elegante Fliegerin war eben nicht mehr flugfähig.
Danach brachte ich das Insekt ins Freie. Ich bugsierte die Libelle auf den Wilden Wein, der inzwischen deutlich sichtbare Trauben gebildet hatte. Als ich nach einigen Stunden den Platz erneut betrat, war das Insekt verschwunden. Durch den Regen, der draußen herunter prasselte, hatte es denn wohl eher im warmen Zimmer Schutz gesucht. Unsere Katze war daran nicht beteiligt, Demnach plädiere ich für Freispruch erster Klasse.
Es regnete wieder mal. Statt Sonne eben regen. Beides ist für den Wuchs unserer mühsam hoch gepäppelten Sonnenblumen erforderlich. nach dem heftigen Regenguss tropfte es an ihren Rändern, den Kränzen, der Korona, ständig herunter. Es sah so aus, als würden die Blumen weinen.
Im Regen füllte ich die beiden Gießkannen voll Wasser, das ich aus der vollen Tonne entnahm. Mühsam schleppte ich eine Kanne nach oben. Dort goss ich unsere Terrassen - Pflanzen. Darunter auch die Physalis, die ich aus einer Frucht, der ich vor Monaten die Kerne entnommen hatte, selbst gezogen habe. Inzwischen ist aus den eher zarten Pflänzchen, ein großes Gebilde geworden, dass täglich weiter wächst, Blüten entwickelt und Fruchtknoten zeigt. Im September können wir garantiert die schmackhaften Physalis ernten.
Beim Gießen der kleineren Pflanze sah ich sie dann doch wieder: Die Libelle, die Jungfer. Sie kauerte auf einem Blatt des Wilden Weins. Als ich näher heran ging, kam es mir so vor, als würde die elegante Fliegerin dort ihr Leben aushauchen. Zeit zu sterben? Es könnte sein. Aber für die nächste Generation, den nachwuchs hatte das Insekt garantiert gesorgt. So ist der Lauf der Natur eben.
Unsere Enkel sind mit Hund und Eltern in Norwegen. Dort ist der Sommer nicht so, wie wir ihn kennen. Aber, sie erhalten dadurch die Erfahrung, dass es in anderen Ländern auch anders ist. Nicht nur das Klima, das Wetter, die Menschen, sind nicht so wie sie es von hier kennen. Ach,was sage ich: Die Enkel sind Kosmopoliten und das ist in der jetzigen Zeit des eingeschränkten Denkens und Handelns gut so.
Gut´s Nächtle mit:
Wolfgang Riechmann und " Himmelblau "
Album: " Wunderbar "
1978:
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