Arbeiten für 11 Euro am Tag?



Bulgarien liegt bekanntlich im Südosten Europas und dort am Schwarzen Meer. Bulgarien zählt, dass dürfte auch bekannt sein, zu dem eher armen EU - Ländern und hat neben Rumänien sowie Lettland und Litauen, den geringsten BIP - Wert der Gemeinschaft.
Deshalb gibt es aus dem ehemaligen Mitglied des so genannten Warschauer Pakts auch eine massive Armutswanderbewegung.

Während der Sommermonate ab Mitte Juni zieht es viele Saisonarbeiter aus der dann sehr heißen Heimat in Richtung Nordwesteuropa, wo es besser bezahlte Jobs in den Tourismusbranchen gibt, die dann etwa drei Monate ausgeübt werden, um für die restlich neun Monate bis zum Start der neuen Ferienzeit, sich über Wasser halten zu können.

Während in den - zumeist Aushilfstätigkeiten - Hände ringend Arbeitskräfte gesucht werden, die dann in den Urlaubsorten rund um die Schwarzmeerküste Bulgariens für einen Hungerlohn schuften dürfen, zieht es gelernte, einheimische Kräfte nach Deutschland, England, aber auch Schweden, wo sie in einer Stunde ( Trinkgeld wäre dann hinzu zu rechnen ) mehr verdienen als an einem Tag in ihrem Heimatland. Die saisonalen Wanderarbeiter bewirken aber nur, dass in Bulgarien selbst die ab den Sommermonaten frei werdenden Stellen im Hotel - und Gaststättengewerbe nicht oder nicht ausreichend besetzt werden können. Es kommt just in der Zeit zu einem gravierenden Engpass für die vielen Bereiche im Hotel - und Gastronomiegewerbe.

Dieses versucht sich mit Personal aus den Nachbarländern, vornehmlich aber auch aus der Ukraine und Moldawien. Dieses Saisonkräfte schuften dann in den vielen Betrieben und Hotels für einen Appel und ein Ei. Von wegen Mindestlohn und freie Tage sowie 40 Stunden - Woche!
Die Vorteile an dieser Arbeitnehmer - Armutswanderung ziehen natürlich die Touristik - Konzerne, denn mit den spottbilligen Unterkünften und einer angeschlossenen Dumping - Preis - Gastronomie können entsprechende Lockangebote in deren Portfolio aufgenommen werden, auf die der Massentourismus aufbaut.

Während sich voll gefressene Mittel - und Nordeuropäer an den bulgarischen Stränden die heiße Sonne auf den Glatzkopf scheinen lassen, in den Bars billigen Alkohol konsumieren, in den Restaurant für einige Euro sich die Wampen voll schlagen können und Unterkünfte zu annehmbaren Preisen behausen, schuften Aushilfskräfte rund um die Uhr dafür, dass es diesen Devisenbringern an Nichts fehlt.

Als ich heute Morgen den Bericht über jene - selbst gemachten - Personalprobleme an den Küstenbadeorten des bulgarischen Goldstrands, vornehmlich in der Hochburg Varna, hörte, erinnerte ich mich an einer mir erzählten Begebenheit in den 1980er Jahren.
Die westdeutsche Tourismusbranche boomte, wie nie zuvor. Der Bundesmichel reiste, wie nie zuvor. Die ausgesuchten Ziele waren so vielfältig, wie nie zuvor.

So entschlossen sich meine Eltern zusammen mit einem befreundeten Ehepaar aus Bückeburg zu einem dreiwöchigen Sommerurlaub an die bulgarische Schwarzmeerküste. Genauer gesagt, sie hatten über einen Katalog - Anbieter ein Hotel in Varna gebucht. Damit waren sonnige Tage am Meer garantiert, aber auch billiges Essen, sehr günstige Getränke und bezahlbare Hotelzimmer.

Als das Quartett eines Abends an einem Tisch des Hotelrestaurants saß und wegen der Hitze dort das Tageshauptmahl bestellte, kam es zu einem Eklat.
Der Bekannte wollte noch eine Nachspeise bestellen und pfiff deshalb einen der vielen Kellner herbei. Eine Unverschämtheit, nicht nur in Bulgarien. Zufällig saßen an einem der Nachbartische russische Gäste, die dieses Verhalten mit den Worten: " Du voll gefressene deutsche Sau! " quittierten und dabei aufstanden und eine drohende Haltung den Bekannten gegenüber einnahmen.

Die Gäste aus der einstigen UdSSR hatten aufgrund ihrer deutschen Sprachkenntnisse mitbekommen, wie der Bekannte meiner Eltern sich verächtlich über das Personal äußerte und missbilligten sein Verhalten. Zudem sahen sie, wie viel Essen der Mitreisende, der damals mindestens 150 Kilogramm wog, in sich hinein schlang. Die Russen wussten natürlich auch, dass westdeutsche Gäste - im Gegensatz zu den ostdeutschen Urlaubern - wegen der " harten " DM mit allen möglichen Privilegien bedacht wurden, denn schließlich brachten sie ordentlich Devisen in das Land und spendierten eher ein ordentliches Trinkgeld in DM - Scheinen.  Doch deren großkotziges Auftreten war für die russischen Gäste ein Dorn im Auge und noch mehr solche verächtlichen Verhaltensweisen gegenüber dem Personal.

Inzwischen sind einige der Russen selbst in die Rolle der arrogant auftretenden Gäste geschlüpft, die Bulgaren indes immer noch arm und die Urlaube an der dortigen Schwarzmeerküste zählen zu den Billigangeboten in der Branche.
Weshalb sie spottbillig sind, ging aus dem MDR - Bericht hervor: Schuften für 11 Euro pro Tag. Das ergibt einen Stundenlohn von vielleicht 1,10 Euro pro Stunde und 330,-- bis 360,-- Euro i Monat.

" Epitaph " und " Paradise For Sale " -  Album: " Stop. Look And Listen " 1973:













http://www.mdr.de/mediathek/radio/mdr-aktuell/index.html

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