Vor der Wahl 2017: Deutschland von unten
Vier Wochen vor der Bundestagswahl wird von den Medien so allerhand Mumpitz über die soziale und wirtschaftliche Situation in diesem, unserem, Land berichtet. Neben den ständigen Negativschlagzeilen, deren Verbreitung natürlich zur Routine der Nachrichtenindustrie zählen, schimmert hier und da doch auch eine Erfolgsmeldung für die noch regierenden Große Koalition aus CDU/CSU und SPD durch.
Nun hat sich der ZDF - Mitarbeiter Jochen Breyer etwas einfallen lassen, um den möglichen Wählern am 24. September eine Plattform zu schaffen, auf der sie über ihre Probleme sprechen können. Er stellte via Facebook, Twitter und über die ZDF - Seite die Frage " Was mich an Deutschland stört " und erhielt mehr als Tausende Tweets sowie Hunderte FB - Kommentare sowie Mails zurück.
Davon wählte das ZDF exemplarisch einige Personen aus, die der Mitarbeiter Breyer anschließend besuchte.
Er beginnt seine zirka 40 minütige Reportage mit einem Besuch bei einer vierköpfigen Familie in der hessischen Landeshauptstadt Wiesbaden. Die dort wohnende Familie B. such nach der Geburt des 2. Kindes eine größere, aber bezahlbare Wohnung in der Nähe ihres jetzigen Zuhauses. Sie findet diese jedoch bislang nicht. Deshalb möchte die Familie ihr Anliegen dem ZDFler unterbreiten.
Die derzeit bewohnten 3 Zimmer mit 68 m² Fläche sehen beim Betreten derselbigen durch die ZDF - Crew eher wie ein zu klein geratenes Spielzeuggeschäft aus. Neben einer großen " Star Wars " - Kollektion findet sich auch allerlei anderer Tinnef in den Räumen wieder. Mal ganz ehrlich, wer jenseits der 30 immer noch seinen Jugendträumen hinterher hechelt, sollte sie entweder bereits ausgelebt haben oder sich fragen, ob er das Hobby nicht zu spät aufgegeben hat.
Nun, B.s erzählen B. von ihren Nöten, dass es in dem Wiesbadener Stadtteil keine bezahlbare Wohnung gäbe, obwohl sie mit zirka 3.000 € Nettoverdienst sich selbst als zur " Mittelschicht " zugehörig zählend, doch nun wirklich nicht so schlecht verdienen würden.
Für die jetzt bewohnte Wohnung würden sie ungefähr 880 € zu bezahlen haben; für eine 4 Zimmer - Wohnung in Wiesbaden - Weidenborn gibt es jedoch innerhalb des Kostenrahmens von B.s, der bei 1.200 € läge, keine andere Wohnung. Die vorhandenen Neubau - Mietwohnungen lägen allesamt darüber.
Die B.s kritisieren deshalb, dass es eben - angeblich - zu wenig bezahlbaren Wohnraum für die vermeintliche Mittelschicht gäbe.
Aha, die gibt es also nicht? Da beide Kinder nicht einmal schulpflichtig sind, sollten B.s doch vielleicht über einen Wegzug in einen anderen Stadtteil der hessischen Landeshauptstadt nachdenken. Hier existieren sicherlich Wohnungen, die ihren Ansprüchen genügen und zudem bezahlbar sind?
Das Problem der B.s ist gar keines, denn das Wohnungsproblem ist hausgemacht, nämlich durch eigenes, unflexibles Handeln und Denken. Warum muss ein junger Mensch in dem Umfeld weiter leben und wohnen wollen, indem er einst groß geworden ist? Ein einer globalisierten, mobilen und sich permanent ändernden Welt, trifft dieses auch die Arbeitswelt sowie das eigene soziale Umfeld zu. Umdenken, meine Herrschaften, dann klappt es auch mit der neuen, größeren Wohnung.
Die Reise für ZDF - Mann Breyer geht dann in den tiefen Osten weiter. Genauer gesagt in die Uckermark, dort wo´einst auch Angela Merkel gelebt hat. Das Nest, das, in dem Jochen Breyer seinen Besuch abhält, heißt Gramzow, hat 1900 Einwohner und liegt zirka 13 Kilometer von der Kreisstadt Prenzlau entfernt. Die polnische Grenze ist nicht weit.
https://de.wikipedia.org/wiki/Gramzow
Hier besucht Breyer eine Frau Beate K., die in einem sehr schlichten Haus mit Garten, zusammen mit ihrem Mann, ihrer Tochter und dem Enkelkind lebt. Beate K. ist 62 Jahre alt und wie ihr Mann Rentner. Nachdem der ZDFler einen kurzen small talk mit ausgetauschten Freundlich - und Nettigkeiten hinter sich gebracht hat, fragt er K., was sie an Deutschland auszusetzen habe.
K. redet gleich Tacheles. Sie störe sich am meisten, dass es in Deutschland so viele Ausländer gebe. Sie habe große Bedenken, dass das mit den Ausländern, der großen Kriminalität und den vielen Wohltaten, die diese vom Staat bekämen, sich weiterhin als Problem vergrößern werde.
Als B. nach den Quellen für ihre negativen Meldungen dazu fragt, verweist K. auf Facebook und zeigt dem ZDF - Journalisten auch unumwunden die dazu gehörigen Seiten auf ihrem Smartphone. Es sind jene Fake - News, jene strafrechtlich relevanten Seiten, die hetzerisch über Asylbewerber, Ausländer und Andersdenkende Tag für Tag Unwahrheiten verbreiten und damit herum hetzen.
K. hat - so ihre eigenen Bekundungen - Angst davor, dass diese Meldungen tatsächlich überhand nehmen; dass sie in ihrem eigenen Umfeld nicht mehr sicher leben könne und dass die Ausländer irgendwann das Sagen in diesem Land haben könnten.
Während der Gesprächspartner sie mit gezielten Fragen, die er sehr höflich und zurückhaltend formuliert, weiter aus der Reserve lockt, erscheint die Tochter.
Nun die ästhetischen Ansprüche, die ein Zuschauer an solche einfach gestrickten Menschen haben sollte, werden auch bei der jungen Tochter nicht ansatzweise erfüllt; wohl deshalb nicht, weil sie noch fettleibiger ist als die eigene Mutter. Woher dieses kommt, wird dann alsbald klar: Vom zu üppigen Mahlzeiten.
Die Tochter kredenzt einen selbst gebackenen Kuchen - B. greift zu und lobt diesen.
Dann fragt er Beate K., ob sie zur Wahl gehen wolle. " Mal sehen ", antwortet diese, denn es würde sich ja eigentlich gar nichts ändern. Warum also wählen? So oder so ähnlich sieht es die dicke Tochter wohl auch. Wählen? Warum? Für wen?
Nachdem sich der ZDFler aus dem starken Stück Deutschland, dass einst die jetzige und künftige Kanzlerin beherbergte und zu DDR - Zeiten einer Armee - Festung glich, verabschiedet hatte und wohl mit seinem Besuch denn eher mehr Fragen, denn Antworten zurück lässt, begibt er sich zunächst in die Bundeshauptstadt Berlin, wo er einen Altenpfleger mit dem Namen Ronny trifft, der sich darüber beklagt, dass die alten Mitbürger nicht mehr respektvoll behandelt werden und über diesen, eher kleinen Umweg endgültig wieder in den Goldenen Westen. Genauer gesagt, in das zirka 770 Kilometer entfernt liegende Speyer, der alten Domstadt in Rheinland - Pfalz.
Die Stadt hat ungefähr 50.000 Einwohner mit leicht fallender Tendenz
und wird von einem Schwarzen Oberbürgermeister regiert ( https://de.wikipedia.org/wiki/Speyer ). Hier trifft der Fernsehmann den Mitinitiator der " Mahlzeit Speyer ", Stephan W. Er hat den Fernsehmitarbeiter dort einmal vorbei zu schauen, um sich ein Bild machen zu können, warum sich immer mehr ältere Menschen keine warme Mahlzeit mehr leisten können, obwohl viele Jahre gearbeitet haben.
Diese soziale Einrichtung wird u,a, auch von den beiden großen christlichen Kirchen unterstützt. Gleichfalls erhält diese Initiative private Spenden. Der Besuch zeigt den Alltag, wie er sich tausendfach in anderen Städten und Kommunen seit den HARTZ - Gesetzen. in derartigen Einrichtungen abspielt. Es kommen immer mehr Bedürftige in diese Häuser, um Lebensmittel oder - wie hier in Speyer - eine warme Mahlzeit entgegenzunehmen. Für einen symbolischen Preis von 1 Euro teilen hier ehrenamtliche Damen und Herren die Mahlzeiten aus.
Jochen Breyer zeigt dabei auch typische Schicksale auf, wie sie in diesem, so reichen Land, in mannigfacher Weise nachzuerzählen wären. Fälle, die über sehr viele Jahre unbeachtet geblieben sind. Die die Politik nicht zur Kenntnis genommen hat. Bis sie dann, wie aus dem Nichts, auftauchen und das sichtbare Elend verkörpern, welches auch im Land, in diesem Deutschland, kurz vor der Wahl zum Bundestag 2017 gegenwärtig sind. Von allen Parteien hört der Wähler dazu eher wenig oder überhaupt keine Stellungnahme.
Anschließen schildert die Reportage noch, wie ein Gastronomiebetrieb aus Moos am Bodensee, mit den üblichen Problemen des eigenen Überlebens in einer schnelllebigen Zeit zu kämpfen hat. Der Betriebsinhaber erklärt, dass er sich als Mittestländler von der Politik und dem Staat nicht richtig verstanden fühlt. Es sind jene Zukunftsängste, die vielen Gastronomieeinrichtungen hinterher laufen.
Genauso ergeht es einem Familienbetrieb in der Nähe des Restaurants, der Gemüse und Blumen im Selbstanbau herstellt. Auch hier herrscht die Grundstimmung vor, dass die aktuelle Politik nur für das Kapital und die Großindustrie offene Ohren und Augen hat.
Da ist etwas Wahres dran, wenn ein Interessierter sich die Wirtschafts - und Finanzpolitik der letzten 20 Jahre etwas genauer ansieht.
Lösungen für und harsche Kritik an vielen Problemen gibt der ZDF - Bericht nicht auf die Hand. Kann und soll er ja auch nicht. Doch er gibt Einblick in das Seelenleben des Durchschnittsdeutschen im Sommer 2017, wenige Wochen vor der Bundestagswahl.
https://www.zdf.de/dokumentation/am-puls-deutschlands
" Q 65 " aus den Niederlanden und " Bring It On Home " - 1966:
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