Sonntagmorgenspaziergang ( Sunday Morning Sidewalk )



Nun ist Ostern da und wird uns bis Morgen 24.00 Uhr noch erhalten bleiben. Was dem Einen sein´Freud, ist dem Anderen sein Leid. Zumal uns der 1. April nicht gerade mit sonnig - warmen Wetter beglückt. Bereits ab 8.00 Uhr begann es zu regnen, ein kühler Wind blies durch den Garten und der Himmel sah so grau wie der ehemalige DDR - Beton aus. Kein wirklich motivierender Morgen, wie ihn ein verkappter Osterhase gerne gehabt hätte.
Doch einem an " Schietwetter " gewöhnten Norddeutschen haut das natürlich nicht um.

Deshalb begab ich mich gleich nach der ersten Tasse heißen Kaffee aus dem " Siemens " - Automaten in den Garten. Zuvor hatte ich den Leinenbeutel mit den Schokoladenhasen, den gefüllten Ostereiern und einer Marien - Maikäfer - Kollektion aus dem Gästezimmer mit in die Küche gebracht. Danach hieß es allerdings, Jacke anziehen, zuknöpfen und Kapuze über den Kopf gestülpt, ehe ich die Haustür öffnete. Mit dem Osterbeutel und der Tasse Kaffee in der Hand ging es dann ab in das nasse Grün.

Alter schützt vor Arbeit nicht und ältere Knochen müssen sich bei drei Enkeln auch ein wenig bewegen, soll das Trio später sein Glück im Gras, den Büschen und den Beeten finden. So bückte ich mich mindestens zwei Dutzend Mal für die Sucherei. Dann war der Beutel beinage leer, die Nester dafür voll und die Suchaktion konnte beginnen.

Ab 9.00 Uhr waren die Mannschaft vollzählig versammelt und stürmte mit einem lauten Hallo ins Freie. Binnen 10 Minuten war der Spuk vorbei, die Eier, Hassen und Käfer allesamt eingesammelt. Dann ging es an das große Fressen. Da die Älteste - wie immer - die schnellsten Füsse besaß, konnte sie auch auf die üppigste Beute verweisen, die sie allerdings - schiedlich, friedlich - mit den beiden Geschwistern teilte.

Nach einem österlichen Frühstück, entschloss ich mich gegen 11.30 Uhr den Familienhund " Dory " auszuführen. Freudig tanzte die Labradorhündin um mich herum und vollzog eine wahren Hechtsprung in Richtung der Haustür, nachdem sie registriert hatte, dass es in die Natur geht.

Artig und wohl erzogen lief die Hündin jenen Teil der Strecke neben mir her, der uns an den längst bekannten Straßen in Unterschleißheim in Richtung Berglwald brachte. Die Kleinstadt zeigte sich an jenem Ostersonntagmorgen wie ausgestorben. Es begegneten uns keine Fußgänger, es fuhr nicht ein einziges Auto. Alles war so still, dass ich den auf der Strecke in Richtung München entlang fahrenden Zug so deutlich hörte, als würde er nur einige Meter neben uns vorbei brausen.

An einem Block zogen mir bekannte Gerüche in meine Nase. Es war der Schweinebraten, der da irgendwo in irgendeiner Küche vor sich her bruzzelte. Aus einem anderen, geöffneten Fenster roch es ein wenig nach Knoblauch. Die Mittagszeit nahte. Das Mittagessen für jenen Ostersonntag wurde vorbereitet.  Auch hier ist der Bewohner, der Mensch, es gewohnt, seine bekannten Gepflogenheiten, wie Frühstück, Mittag, Abendbrot, pünktlich zu sich zu nehmen. Ordnung muss halt sein.

Ich ging mit dem Hund durch die Unterführung in Richtung Waldgebiet. Es regnete zwar nicht mehr, dafür blies ein kühler Wind uns entgegen. Ich zog meine Kapuze wieder über den Kopf und den Reißverschluss höher. Kurz danach lies ich die Labradorhündin von der Leine. Mit einem kraftvollen Satz sprang sie in Richtung des Grünstreifens und von dort auf das noch nicht grüne Erdbeerfeld. Die Früchte werden frühestens in 6 Wochen reif und eßbar sein. Dann ist es Mitte Mai und hoffentlich viel wärmer.

Ich nahm den ersten Weg zum Waldstück, vorbei an den Friedhof, der völlig verlassen war, so, wie die vor uns kommende Freifläche auch. Kein Mensch, kein Hund, keine Jogger, kein Radfahrer, war zu sehen. Nur der kühle Wind blies mir ins Gesicht. Nach mehr als einem Kilometer in Richtung des Wasserwerks, erkannte ich aus der Ferne einen Jogger. Einige Minuten später waren zwei Spaziergänger zu sehen. Das war´s! Sonst, reinweg gar nichts. Wo an einem Sonntag um die Mittagszeit Hunderte Menschen mit Fahrrädern, zu Fuß und mit Hunden unterwegs waren, herrschte jetzt völlige Ruhe.

Ich ließ die Hündin einige Male einen abgebrochen Ast Appotieren. Dann hatte sie das Interesse an der wilden Jagd nach dem weit und hoch geworfenen Knüppel endgültig verloren. Wir machten uns auf den Rückweg. Es waren jetzt zwei Radfahrer zu sehen, die dann vor uns in eine andere Richtung abbogen. Ansonsten herrschte immer noch Ruhe.Inzwischen war es etwas heller geworden. Der Wind hatte sich gelegt. Aber so richtiges Ostersonntagspaziergangwetter wurde es nicht mehr.

Ich leinte den Hund vor der bekannten Unterführung wieder an. Nach einigen Metern gelangten wir erneut zu den Mehrfamilienhäusern. Jetzt waberte uns ein ebenso bekannter Geruch in die Nase. Aus einer Wohnung roch es nach Fisch. Genauer gesagt, Bratfisch. Es roch derart streng, dass ich einen Moment lang glaubte, die Küche stände direkt neben mir.

Karfreitag, der Tag in der so genannten Karwoche, war doch bereits vor zwei Tagen? Also, eigentlich längst vorbei? Egal, vielleicht gab es bei dieser Familie die ganze Karwoche nur Fisch, kein Fleisch eben, weil das ja - so meine ich es aus der christlichen Lehre in Erinnerung zu haben - irgendetwas mit dem Leib des gekreuzigten Jesus Christus zu tun haben soll.
Aber, mir ist es völlig wurscht, weil ich dem Verein seit 44 Jahren nicht mehr angehöre.

Doch Ostern finde ich immer noch toll. Für Kinder, für die Enkelkinder, eben. Die dürfen da die Ostereier, Schokoladenhasen und Käfer im Garten suchen.

Beim Vorbeigehen an jenem Block, aus der der penetrante Fischgeruch mir in die Nase zog, kam mir die Erinnerung an einen Klassiker von Kris Kristofferson:

" Sunday Morning Comig Down ":

´

Tja, dat is nu´schon 48 Jahre, also 48 Osterfeste her. 1970 waren wir noch knackig und unkritisch, dafür eben auch kein Ostersonntagsspaziergänger mit Hund und ein verkappter Osterhase auf zwei Beinen, dem es richtig kalt war - so, beim Verstecken der Eier und mehr.


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