" Fremdunüblich "


Die deutsche Sprach soll angeblich zu den schwersten auf diesem, unseren, eiernden Planeten, gelten. Mag sein. Zumindest wird sie selbst für die selbst ernannten Gut - Deutschen nicht gerade einfacher gemacht. Diese sind deshalb längst dazu über gegangen, mittels dämlicher Parolen, wie " Deutschland den Deutschen - Ausländer raus! " oder faschistoiden Kampfbegriffen aus der Ursuppe der brauen Vergangenheit ( " Lügenpresse ", " Umvolkung " ) ihre eigene Sprachkultur zu entwickeln und diese auf einschlägigen Internetseiten in die Öffentlichkeit zu bringen. Geht dieses inzestiöse Treiben den staatlichen Netznachtwächtern zu weit, wird jenen Hobby - und Berufshetzern der Saft abgedreht. Die Spuk hat damit zwar kein Ende genommen, jedoch zeigt sich der große Übervater und seine Schnüffelhunde dann doch von seiner unangenehmeren Seite.

Sprachbarrieren gibt es aber nicht nur in jenem Bereich. Nein, auch wir Juristen, die wir einst die Wissenschaft der Rechtsbeugung erlernen durften, pflegen eine ganz besondere Sprache. Sie stellt sich als ein Sammelsurium aus Latein, einigen Sprachfragmenten aus längst vergangenen Zeiten sowie neuen Fachbegriffen dar, die allesamt in einen Topf herum gerührt werden, der sich - vorsichtig formuliert - Juristendeutsch nennt.
Diese Sprachausformung dürfte dem berühmt berüchtigten Amts - oder Behördendeutsch sehr nahe stehen.

Für einen Außenstehenden, der sich zudem bei der Anwendung seiner " Muttersprache " auf sehr wackeligen Füßen befindet, wirkt jene Unter - und Abart der deutsche Sprache als ein Buch mit Sieben Siegeln. Ein Schreiben aus dem breiten Spektrum der Legislative, also der anwendenden Gewalt ( auch die soll über gewisse Umwege ja vom Volk ausgehen ), wird oft zum Gau. Ein Brief aus den zuständigen Fachressort, gar zum Super - Gau. Und ein Urteil eines Gerichts sogar noch mehr.

Da las ich doch heute, dass das höchste Fachgericht in Steuer - und Finanzstreitigkeiten, der Bundesfinanzhof ( BFH ), der bekanntlich in München residiert, ein Urteil zu dem ewig währenden Streitthema " PKW - Nutzung und Besteuerung " veröffentlicht hat. Es ging dabei um einen nicht gerade seltenen Fall, bei dem ein Selbständiger, ein Unternehmer, seine bessere Hälfte, demnach seine Ehefrau, über einen handelsüblichen Ehegattenarbeitsvertrag, allerdings auf der Basis einer geringfügigen Beschäftigung beschäftigt und dieser - welch´noble Geste ! - einen Firmen - PKW zur uneingeschränkten und Kosten befreienden Nutzung zur Verfügung stellte. 

So weit, so Steuer vermeidend.

Doch die Finanzbehörden in Nordrhein - Westfalen wollten jenes Steuersparmodell nicht anerkennen und deshalb zog der sich im Recht Wähnende schlussendlich vor den BFH. Der entschied so:



  1. Die Überlassung eines Dienstwagens zur unbeschränkten und selbstbeteiligungsfreien Privatnutzung des Arbeitnehmers ist im Rahmen eines geringfügigen - zwischen Ehegatten geschlossenen - Beschäftigungsverhältnisses (§ 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV) fremdunüblich.
  2. Ein Arbeitgeber wird bei lebensnaher und die unternehmerische Gewinnerwartung einzubeziehender Betrachtungsweise typischerweise nur dann bereit sein, einem Arbeitnehmer ein Firmenfahrzeug zur Privatnutzung zur Verfügung zu stellen, wenn nach einer überschlägigen, allerdings vorsichtigen Kalkulation der sich für ihn hieraus ergebende tatsächliche Kostenaufwand zuzüglich des vertraglich vereinbarten Barlohns als wertangemessene Gegenleistung für die Zurverfügungstellung der Arbeitskraft anzusehen ist.
  3. Je geringer der Gesamtvergütungsanspruch des Arbeitnehmers ist, desto eher erreicht der Arbeitgeber die Risikoschwelle, nach der sich wegen einer nicht abschätzbaren intensiven Privatnutzung die Fahrzeugüberlassung als nicht mehr wirtschaftlich erweist.                                                   
- Zitatende - 

 Zitiert nach:

http://www.sis-verlag.de/archiv/einkommensteuer/rechtsprechung/8902-bfh-pkw-ueberlassung-bei-einem-geringfuegigen-beschaeftigungsverhaeltnis-unter-ehegatten


 Tja, auch die Damen ( ? ) und Herren Berufsrichter des X. Senats am BFH machen es dem Normalo hier nicht leicht, die deutsche Sprache zu verstehen. Was der Durchschnittsleser unter " selbstbeteiligungsfreier Privatnutzung " und " wertangemessene Gegenleistung " zu verstehen hat, mag ja noch gerade so von der vorhandenen Grauen Masse verarbeitet werden. Aber, der Begriff " Fremdunüblich " ist gar so unüblich, wie dem Rezipienten völlig fremd.

Selbst ein gut informierter und informierter Fachmann dürfte bei dieser Wortschöpfung arg ins Grübeln kommen. " Fremdunüblich "? Das hört oder könnte sich nach " Fremdländisch ", " Überfremdung ", aber auch " Fremdschämen " anhören.

Jau, letztere Assoziation mache ich mir zu eigen. Und da erinnere ich mich mit Grausen daran, dass ich jene schriftlichen ( berufsüblicher Begriff " schriftsätzlichen " ) Ergüsse der werten Damen und vor allem Herren Kollegen jenseits ( also südlich ) des Weißwurstäquators zu Gesicht bekam, mir in schöner Regelmäßigkeit das Selbige einschlief und ich wie versteinert vor dem Wisch Papier hockte und arge Zweifel bekam, ob ich noch im selben, in diesem, unserem, Land, lebe.

Derart geschwurbelte, gedrechselte und verschrobene Satzkonstruktionen kannte ich selbst aus den Bereichen des reinen Fachchinesisch nicht.

Das ist zwar schon längere Zeit her, aber anscheinend hat sich so viel nicht geändert.
So formuliere ich denn im feinsten bajuwarischen Sprech:

" Zur Meidung einer Verböserung des tatbestandlichen Nicht - Einzelfalls der fremdunüblichen, selbstbeteiligungsbefreienden Privatnutzung, aber unter Außerachtlassung der fiskalischerseits
anzubringenden, wertangemessenen Gegenleistung, kann ein Unternehmer nur jene Aufwendungen für einen PKW Gewinn mindernd bilanzieren und steuerreduzierend berücksichtigen, die er Kraft betrieblicher Übung bei anderen Beschäftigungsverhältnissen in Ansatz zu bringen pflegt. "

Will heißen: Der Firmen - Porsch - BMW - Mercedes der Ehefrau darf nicht vollständig vom Steuerzahler finanziert werden. Wo kämen wir denn da hin?






http://www.spiegel.de/auto/aktuell/dienstwagen-fuer-ehepartner-bundesfinanzhof-kippt-kreatives-steuersparmodell-a-1255437.html



https://www.gmx.net/magazine/panorama/bundesfinanzhof-stoppt-dienstwagen-ehefrau-minijob-33584344




" Bixo da Seda " - " Como E´Um " - " Estacao Electrica " - 1976:





und " E´Como Teria Que Ser " :




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