Jura´s Inkontinenz





Eigentlich bin ich nie der große Bastler, der Hobby - Reparateur oder gar der Technik - Freak gewesen. Doch mit zunehmenden Alter hat mich dann und wann, hier und dort, der Ehrgeiz gepackt. Da wollte ich es dann doch mal wissen. Aufschrauben, nachsehen, Ersatzteil besorgen, selbst einbauen und fertig ist die Sache.

Doch so einfach geht das nicht immer.

Der Hobby - Bastler, der ewige Laie, der Amateur, stößt dabei längst an seine Grenzen. Vor allem, wenn es um den vielen elektronischen Schnickschnack geht, den ein Durchschnittshaushalt im Laufe seiner Existenz so ansammelt.

Zu den mehr oder weniger nicht weg zu denkenden Errungenschaften des Digitaltechnik - Zeitalters zählt zweifelsohne die Kaffeemaschine. Um es genauer zu sagen: Der Kaffeevollautomat.
Dieses Vorzeigestück männlicher Intelligenz und maskulinem Erfindungsreichtums, gehört eigentlich in jeden Männerhaushalt ( und nicht nur dorthin ). Zeigt sich doch anhand jenes Prunkstücks der Kaffeebraukunst, wo ein Mann noch ein Mann sein darf. Wenn die rechte Hand elegant auf den Einschaltknopf drückt, der damit in Gang gesetzte Mechanismus lustvolle Nebengeräusche produziert und nach dem Betätigen einer der vielen Auswahlknöpfe, die Maschine orgiastische Zisch - und Brodellaute von sich gibt, ehe der braune Saft in eine darunter stehende Tasse läuft und gegebenenfalls mit einem Milchschaum versehen wird ( bei dem obligatorischen Cappuccino ist die Reihenfolge natürlich umgedreht ), dann schlägt das Herz des Mannes sofort höher.

Doch seine große Liebe kommt auch - so wie er selbst - in die Jahre und rostet. Das ist nicht gut für die kompliziert aussehende, aber dann doch eher überschaubar aufgebaute Kaffeemaschine. Es treten Wehwehchen auf.

Und was da nicht so alles Schmerzen verursachen kann?

Die Pumpe, die wie im menschlichen Körper, die Hauptlast zu tragen hat. Sie hat nach zirka 8 Jahren und einigen Zehntausend Bezügen den Betrieb eingestellt. Ich erwarb einen revidierten Ersatz für knapp 30 Euro. Es folgte das Elektrische Keramikventil, das ich für satte 52,50 Euro ( versandkostenfrei ) ein Jahr später gebraucht kaufen musste, ehe dann der Magnetschalter für das Drainageventil mit einem lauten " Puff " einige Monate darauf den Geist aufgab. Er kostete nochmals 11,20 Euronen. Dazu kommt ein Steckschlüsselaufsatz oder auch Ovalkopf - Bit, der mit schlappen 5,99 Euro zu Buche stand.

Meinen Zeitaufwand möchte ich jetzt nicht bemessen. Zunächst musste ich mich erst einmal fachkundig machen. Dieses geschah in den diversen Foren, deren Gründung nur den Sinn und Zweck erfüllen soll, gefrusteten Besitzern jener elegant aussehenden Kaffeevollautomaten nicht den Mut zu nehmen, wenn ihr Liebling in den Streik getreten ist.

Da wird im ständigen Dialog mit einem Nickname, dann über jene Eheprobleme geplaudert, die in der zwischenmenschlichen Realität längst als Akte auf den Tisch des Familienrichters liegen würden.

Doch ein Mann sieht nicht gleich rot, wenn seine Liebste sich weigert, ihre Dienste auf zu nehmen. Für alle Schwierigkeiten gibt es kompetenten Rat und visuelle Hilfestellung. Dieses auch, weil Tante Google sich auch hier all wissend zeigt. Wenn Einer ein Problem hat, dann ist er eben damit nicht allein, denn die identischen Schwierigkeiten trafen auch schon seine Mitstreiter, die den Leidensweg, den Gang nach Canossa also, durch eine - sehr oft - verkomplizierte Fragestellung in dem jeweiligen Forum anzutreten hatten.

Nein, unsere " Jura Z 5 " ( inzwischen satte 10 Jahre alt ), streikte total. Sie hatte seit zirka 2 Wochen ihre Dienste komplett eingestellt. Immer wenn ich den Stecker für die Stromzufuhr eingeführt hatte, den An - und Ausschaltknopf drückte, machte es " Paff " und es gab einen riechbaren Kurzschluss in dem Wunderwerk der Kaffeezubereitungstechnik. Immer wieder und immer wieder versuchte ich es. Nein, sie wollte nicht mehr.

Zudem aktivierte meine Geliebte auch noch den FI Schalter im Stromsicherungskasten. Nach gut zwei Dutzend Versuchen gab ich es auf.

Ich befragte die alte Tante Google und erhielt hierüber in der bundesweiten Community den Hinweis, dass mutmaßlich Wasser auf den Magnetschalter des Drainageventil getropft sein musste und dadurch ein Kurzschluss entstand, der dieses Einbauelement zerstört haben muss.

Ich schraubte als an dem Chassis der Maschine herum und öffnete ein Seitenteil. Danach stand ich wie der Ochs´vor´m Berge. Nein, überall sah ich die mir längst bekannten Kabel, Stecker und Schläuche. Doch, wo liegt der Magnetschalter? Wieder wühlte ich in den unterschiedlichen Foren nach und erhielt tatsächlich eine Antwort. Um dieses elektrische Einbauteil zu erreichen, müsste ich das Elektrische Keramikventil ausbauen. Okay! Das hatte ich verstanden. Doch, es gab da ein weiteres Problem. Ich hatte nicht das passende Werkzeug. Will heißen: Der Schlüsselsatz und auch die Steckschlüsselset besaß nicht den richtigen Aufsatz.

Also besorgte ich mir zunächst einen so genannten Ovalkopf - Bit. Der kostete - wie oben geschrieben - knapp 6 Euronen. Viel Geld für ein kleines Stück Metall. Aber: Was tut Mann nicht alles für seinen verbliebenen Kaffeegenuss?

Bis das Werkzeugstück kam, musste ich auf die herkömmliche Methode des Kaffeezubereiten zurückgreifen. Also: Die Kaffee - Handmühle vom Schrank holen, die verbannten Filtertüten aus dem Küchenschrank ziehen und die Kaffeemaschine mit Filtereinsatz vom Boden herunter schleppen. Gesagt, getan.

Die Kaffeezubereitung war nicht nur mühselig, nein, das Gebräu schmeckte nicht. Oder, war es nicht vielmehr so, dass mein Gaumen verwöhnt war? jedenfalls bemühte ich mich in den Tagen ohne funktionierenden " Jura " - Vollautomaten redlich, um den gewohnten Kaffeegeschmack irgendwie zu erzielen. Es ist mir nie gelungen.

Dann kam vor einigen Tagen der Steckaufsatz. Ich schraubte das defekte Teil, also den Magnetschalter, ab und betrachtete ihn mir genauer. Nein, er war an den Seiten verschmort. Er sah so aus, als habe ein Barbar dort mit einem Feuerzeug oder ähnlichem herum gefuhrwerkt. Ich machte mich erneut bei Mutter " ebay " kundig und bestellte einen revidierten Schalter. Es war ein Ersatzteilhändler vom Bodensee, den ich wegen des defekten Elektrischen Keramikventils bereits als Verkäufer registriert hatte. Er bot den Schalter für 11,20 Euro an. Das ist noch bezahlbar.

Gestern brachte der Briefzusteller das Ersatzteil. Ich öffnete die als Warensendung deklarierte Post und zog den Magnetschalter aus dem Umschlag. Dann legte ich ihn auf den Küchentisch. Meine Motivation, die Maschine jetzt erneut hervor zu holen und die gesamten Plasteteile des Chassis aus dem Arbeitszimmer zu schleppen, ging gen Null. Nein, mit dem Reparaturversuch wartet ich bis nach dem Mittagessen.

Dann war es so weit. Ich klemmte die Kabel an dem zerstörten Magnetventil sukzessive ab und steckte sie - um einer Verwechselung zu entgehen - danach sofort auf das Ersatzteil. Dann fummelte ich die Spezialschrauben mit dem ovalen Kopf wieder in die abmontierte Halterung. Nach und nach setzte ich mein Maschinchen wieder zusammen.
Dann kam der spannende Moment. Ich steckte den Netzteilstecker ein und drückte auf den Anstellknopf der " Jura ". Das hell - rote Lämpchen flackerte auf. Die Maschine begann zu arbeiten. Und.........?
Es flog keine FI - Sicherung heraus. Es knallte auch nicht. Es roch nicht nach verbranntem Plastik.
Nein, meine Geliebte muckte nicht einmal. Sie forderte nur nacheinander Wasser, Kaffeebohnen und den Einbau der Auslaufschale.

Dann bereitete sie mir einen Kaffee, einfach, 200 ml zu.

Ich wiederholte den Vorgang im Verlauf der folgenden halben Stunde. Dann stellte ich sie wieder aus. Doch! Oh, Schreck! Aus dem Chassis tropfte Wasser. Ich hob die " Jura " sofort wieder hoch. Und sah, dass das Wasser beim Spülvorgang heraus lief.

Nein! Ich will nicht mehr! Doch! Ich muss! Denn die mutmaßlich und in den Foren prophezeite Inkontinenz meiner Geliebten führt dazu, dass jetzt auch noch der Wärmetauscher undicht sein könnte und auszutauschen wäre. Kostenpunkt: 16,80 Euro - meine Dienstleistung natürlich nicht eingerechnet.

Ob ich nicht doch wieder nur Tee trinke???


" Margin " - " A Mysterious Cup Of Tea " - " Pschychedelic Teatime " - 2014:














Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

" Eine Seefahrt, die ist lustig. " - nur nicht in den 60er Jahren zum AOK - Erholungsheim auf Norderney.

" Oh Adele, oh Alele, ah teri tiki tomba, ah massa massa massa, oh balue balua balue. " und die Kotzfahrt nach Wangerooge.

Widerspruch zwecklos!