Wer hat das schon?



Heute Morgen habe ich mich einmal mehr über die Kolumne des " SPIEGEL " - Redakteurs Jan Fleischhauer amüsiert. Der Gute hat ja die ihm durch seine Geburt in einem bürgerlich - hanseatischen, links - liberalen SPD - Haus anerzogene Fähigkeit, viele Dinge einfach so zu sehen, wie sie eigentlich sind, für ewig verloren. Deshalb sieht CDU - Jan, der in seinen Ergüssen das spießbürgerliche Profil schärfen möchte, hinter jeder Mülltonne, zwischen jedem Einkaufsregal und vor jedem Toilettenhäuschen Linke stehen. Jene Spezies also, die ihm bereits von Kindesbeinen an, das eigene Leben schwer gemacht hat.

Seine Mama war " Willy  - Fan ". Zudem hat sie ihm im zarten Alter von knapp 14 Jahren auferlegt, dass er die eigene Wäsche nunmehr selbst zu waschen habe. Auch wenn dieses schon damals im Zuge der ausufernden Emanzipationsbewegung nicht unbedingt ein Zeichen derselben sein musste, war es - so meine Meinung dazu - nicht der schlechteste Ansatz, Klein - Jan auf eigenen Füssen zu heben. Warum muss ein, von einer  links - liberalen Gesinnung getragener, feministischer Ansatz, dass auch Beutelträger die eigenen zwei, gesunden Hände dazu nutzen können, um im gemeinsamen Haushalt die anfallenden Arbeiten zusammen erdigen zu können, so falsch sein?

Wie dem auch sei? Wäre Klein - Jan mehr als ein Jahrzehnt früher auf diese, unsere, schöne Welt gekommen und dabei noch in einem provinziell geprägten Proleten - Haushalt, er hätte die volle Dröhnung der faschistoiden Befehl - und Gehorsam - Umerziehung erfahren. Dabei wäre die ihm auferlegte Nebentätigkeit, die Constructa - Waschmaschine ab sofort selbst mit seiner eignen Schmutzwäsche zu bestücken, wie eine wohl tuende Freizeittätigkeit vorgekommen.

Nein, ich muss immer heftig mit dem Kopf schütteln, wenn mir Fleischhauer´s Pamphlete im " SPIEGEL " unter die Augen kommen. Der Kerl ist bereits zu jenem Zeitpunkt vergreist, als in ihm die Idee kam, es seinen Eltern, vornehmlich seiner Mutter, später irgendwie kräftig heim zahlen zu wollen. Solche Rachegelüste sind nur allzu menschlich. Schließlich wird ein Kind immer noch von und durch seine Eltern mitgeprägt. Da mögen die konservativen  Kleingeister in den Reihen der Schwarzen nun über jene Wohltaten des Staates, die da heißen:  KITA, Kinderkrippe oder Kindergarten ab dem Krabbelalter zetern und hetzen, wie sie wollen, die Idee, der Frau und Mutter, einen kleinen Teil der ihr immer noch aufgebürdeten Kindererziehung abzunehmen, hat sich auch in den letzten Winkeln dieses, unseres, durch gestylten Landes herum gesprochen.

Wäre also Klein - Jan 20 Jahre später geboren worden, er hätte die links - liberalen Ideen einer kollektiven Haushaltsführung nicht mehr ertragen müssen, denn die Hauptarbeit, nämlich die werktägliche Grundversorgung und Betreuung, hätte statt seiner Frau Mutter, der Papa Staat übernommen.

Es sollte - genau wie bei mir - aber nicht sein. Die Gnade der späten - oft zu späten - Geburt ist uns beiden dann eben nicht zuteil gekommen. Schade! Ich wäre gerne von dem heutigen Vollkasko - Angebot des digitalisierten Zeitalters und eines Wohlfahrtstaates umsklavt worden. So aber musste ich mich prügelnden Lehrern, schlagenden Eltern und Nachbarn sowie gutmütigen Hauptbetreuern in Form meiner Großeltern hingeben. Ob aus mir dennoch was geworden ist, mögen andere Menschen beurteilen.

Jedenfalls habe ich mir das Lesen und Schreiben oder auch die Fähigkeit, mindestens zwei Zahlen ohne Zuhilfenahme des integrierten Taschenrechners in meinem Portemonnaie großen Handy zusammen zählen zu können, nicht selbst beigebracht. Da hat die Schule, die ich zunächst " nur " 9, 5 Jahre lang besuchen musste, die spätere Berufsschule, deren Räume ich einst in Bückeburg und auch Stadthagen bis Mitte März 1972 aufzusuchen hatte, einen erheblichen Anteil beigesteuert.

Was danach kam, war eher ein - mehr oder weniger - eigen verschuldeter Leidensweg.

Die einstige " Schule der Nation ", die Bundeswehr, die damals mit über 550.000 Soldaten noch so etwas wie Wehrmacht in leicht demokratisierter Form darstellte, nehme ich jetzt mal aus meinem langen Ausbildungsweg heraus. Die Ausbildung, das Erlernen, mit einem Schießprügel mit der Dienstbezeichnung " G 3 ", mit einer " Utzi ", also einer Maschinenpistole oder gar mit einem Maschinengewehr, der Gewehrgranate oder dem effektivsten Zerstörungsmittel, der Panzerfaust, umgehen zu können, hat nichts mit vermittelten, intelligenten Wissen zu tun. Dennoch war auch dieses in gewisser Weise für meinen weiteren Lebensweg wichtig. Ich wusste sehr früh, was ich nicht werden wollte: Berufssoldat!

So versuchte ich es mit dem Zweiten Bildungsweg. Einem von der sozial - liberalen Koalition in der einstigen Bundeshauptstadt Bonn ins Leben gerufenen Zwitters, der zwischen Beruf und Weiterbildung als längst Erwachsener fungieren sollte. Und auf dem Weg zur damit erreichbaren Fachhochschulreife musste ich mich einst mit dem eher mäßig beliebten Fach Mathematik beschäftigen. Gut, ja, gut, ich sach´ma´: Es gab schon damals spannendere Fächer. So auch das Fach Gemeinschaftskunde, weil es da vor allem um Politik ging und ich, damals bereits den " SPIEGEL " las und schon deswegen an diesem Fach ein großes Interesse hatte.  Aber Mathe war eben wichtiger. Mathematik ist nämlich die Grundlage jedweden ökonomischen Handels. Wie sonst, wenn nicht mit Zahlen, lässt sich das Streben nach Profit, nach Gewinnmaximierung und systematischer Ausbeutung des Menschen durch den Mensch, umsetzen?

Okay, vor vielen Jahren musste das kaufmännische Vorhaben, der Grundgedanke dieses Handels, nämlich das Gewinnerzielen, mühsam in Form von manueller Rechenarten dargestellt werden. Das ist heutzutage nicht mehr erforderlich; weshalb selbst Gymnasiasten die profanen Grundrechenarten kaum noch fehlerfrei beherrschen.

Als ich vor Jahren dem hiesigen Juwelier - und Goldschmiedefachgeschäft Knoblich an der Kesselsdorfer Straße wegen eines dort in Reparatur gegeben Schmuckstücks einen Besuch abstattete, wurde ich von einer Auszubildenden bedient. Der Ablauf ihrer Tätigkeit war simpel. Sie suchte anhand meines abgegeben Coupons, auf dem die Nummer des erhaltenen Auftrags zu erkennen war, das Schmuckstück, welches in einer standardisierten, weißen Papiertüte gelegt worden war, aus einem dafür vorgesehenen Schuber heraus, öffnete die Tüte, zeigte mir den Schmuck und las den für die Arbeiten zu bezahlenden Betrag von dem Tütchen ab. Diesen hatte sie in die etwas ältere Registrierkasse zu tippen. Ich meinte es gut mit der leicht unsicher wirkenden jungen Dame und gab ihr zu  dem aufgerufenen Betrag sowohl eine Euroschein, als auch die passenden, weil von mir abgezählten Münzen. Das war soviel für sie. Sie wollte mir das Doppelte an Rückgeld wieder geben. Ich intervenierte. Sie schaute mich wie ein stehen gebliebenes Auto an. Dann kam die Chefin selbst nach vorne. Sie entschuldigte sich für die Unannehmlichkeit. Ich gab den Verständnisvollen. Im Hinterkopf indes wunderte ich mich schon, was heutzutage so alles in der Schule vermittelt wird.

Dazu zählt auch längst die Mengenlehre. Damals eine neuzeitige Erfindung einiger Schulpolitiker, die sich von fachkundiger Seite aus, hatten belatschern lassen und dadurch die These vertraten, dass jene mathematische Abart für die zukünftige Lebensgestaltung wichtig sei. Und so musste unser BAS / FOS - Mathematiklehrer uns auch Mengenlehre beibringen. Er sollte uns vermitteln, was wir unter einer Teilmenge, einer leeren Menge oder gar Vereinigungsmenge zu verstehen sei.

So konstatierte denn einst, ein von dem neumodischen Kram sichtlich angewiderte Mathematiklehrer Bayer, während er uns die Unterschiede zwischen den diversen Mengenlehrebegriffen plausibel zu machen versuchte und hierbei das eher unpassende Beispiel des Mannes als mathematische Größe A und der Frau als Menge B, bei der dazu zu ermittelnden Schnittmenge C: " Mann und Frau als Schnittmenge wäre Mannfrau - Wer hat das schon? "

 https://de.wikipedia.org/wiki/Mengenlehre

45 Jahre danach würde Mathe - Lehrer Bayer dafür nicht nur wegen des sexistischen Ausspruch sich ordentlich Ärger einhandeln. Nein, auch innerhalb seiner CDU - Freunde käme er damit nicht sehr weit. Sind es doch gerade jene Parteipolitiker, die beispielsweise in der Amigo - Partei in Bayern auf der lokalen oder kommunalen Ebene für ein wenig Furore sorgen. Wurde dort doch glatt die Frage diskutiert, ob in öffentlichen Stillen Örtchen der Einbau eines getrennten Raumes für das dritte Geschlecht vorgenommen werden soll. Eine nahezu revolutionäre Forderung, die ausgerechnet aus den Reihen der Schwarzen in die Diskussion geworfen wird. Dann auch noch in jenem Bundesland, das das Kreuz als Symbol der christlichen Gesinnung in allen Amtsräumen hat aufstellen lassen.   

Jetzt empört sich der einst unter " Linken " sich diskriminiert fühlende " SPIEGEL " - Mitarbeiter Fleischhauer darüber, dass sich just die SPD, die GRÜNEN und zu allem Überfluss auch noch die Partei " Die LINKE " gegen jenes CSU - Vorhaben stellt. Fleischhauer nennt zudem das Beispiel aus Brandenburg, wonach sich in dem dortigen Landtag nur noch Abgeordnete sitzen sollen, die sich entweder als Frau oder als Mann zu erkennen geben. Mit dem Anfang Februar 2019 verabschiedeten " Parite´- Gesetz ", soll verhindert werden, dass in den Partei nur zirka ein Drittel aller Abgeordneten Frauen sind. Die " Piraten " - Partei sowie auch die AfD möchten das Gesetz kippen und streben eine Klage bei dem Verfassungsgericht des Landes an.
Es wird hier kritisiert, dass sich ein Abgeordneter eben nur als Mann oder als Frau zu erkennen geben kann.

Freund Fleischhauer sieht darin eine vermeintlich rückschrittliche, ja, sogar reaktionäre Denk - und Handlungsweise, weil die Forderungen der Transgenderbewegung damit ignoriert werden.

Mensch, Jan, auch wenn Du in Deiner Kolumne auch noch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts heran ziehst, wonach Transgender einen Anspruch darauf haben, als weiteres Geschlecht anerkannt zu werden ( http://www.spiegel.de/panorama/gesellschaft/intersexualitaet-bundesverfassungsgericht-fordert-drittes-geschlecht-in-geburtenregister-a-1177008.html ), solltest Du zumindest die daraus zu ziehenden Konsequenzen für den Gesetzgeber richtig einordnen.

Tatsächlich hat das in Brandenburg verabschiedete Paritätsgesetz nichts damit zu tun. Hier werden Äpfel mit Birnen verglichen. Zwar gelten beide als Obst, sind jedoch grundverschieden. Nur um die eigene Abneigung gegenüber " Linke " in irgendeiner Form untermauern zu können, zieht jetzt Meister Fleischhauer gegen " linke " Reaktionäre vom Leder.

Hätte der Berufskonservative Fleischhauer den Artikel seiner " SPIEGEL " - Kollegen zu dem von ihm so freizügig erwähnten BVerG - Urteil gelesen, wäre ihm sofort ein Blatt geschossen. Die Karlsruher Richter verweisen nämlich darauf, dass sich das aus den allgemeinen Persönlichkeitsrecht ableitbare Recht des Andersgeschlechtlichen auf eine formelle Anerkennung als solche gegenüber dem Staat und seinen Institutionen ergibt. Von einer Gleichbehandlung im Verhältnis von Mann und Frau steht dort nichts. Und auch in Artikel 3 Absatz 1 ist nicht von einem dritten Geschlecht die Rede, sondern nur von Mann und Frau und deren Anspruch auf staatliche Gleichbehandlung. Auch das Diskriminierungsverbot aus Artikel 3 Absatz 3 erwähnt nur das " Geschlecht " als solches in Bezug auf Artikel 3 Absatz 1.

Sollte dieses auch für das dritte oder andere Geschlecht neben Frau und Mann geltend, so muss das Grundgesetz entsprechend geändert und erweitert werden. Das wird mit den Schwarzen den Freundes des Journalisten Jan Fleischhauer wohl kaum zu machen sein.

Der schießt somit erneut mit scharfer Munition auf einen Pappmaschee´- Feind aus dem " linken " Lager. Und, um es mit den einprägsamen Worten des verstorbenen Alt - Bundeskanzler Helmut Schmidt auszudrücken, der sagte: " Wer keine Ahnung hat, sollte einfach mal den Mund halten! ".
Wer kann ( hat ) das schon?


" Sleepy Sun " - " Galaxy Punk " - " Maui Tears " - 2013:








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