Winterdieb



Über den langsam dahin scheidenden Winter, die erste oder auch letzte Jahreszeit, ist im Laufe der Menschenheilsgeschichte viel Hirnschmalz verbraten worden, das sich alsdann in Form von Kunst irgendwo und irgendwie niedergeschlagen hat.
Aus dem Film - Genre gibt es deshalb auch unzählige Beiträge. Mehr oder weniger sehenswert oder eigentlich nur Schund. Auch hier gilt: Es kommt darauf an, welche Perspektive der Glotzer dabei wählt.

Gestern konnte ich den 25 - minütigen Rest eines Films mit bekommen, der bereits 2012 von einer französisch - schweizerischen  Regisseurin mit dem deutschen Namen Ursula Meier
https://de.wikipedia.org/wiki/Ursula_Meier ) gedrehte Film " Winterdieb " zählt zu den sehenswerteren Beiträgen zu diesem Thema.

Der Inhalt lässt sich kurz und knapp so beschreiben:

In einem Schweizer Skiort lebt ein inzwischen 12 - jähriger Junge zusammen mit seiner Mutter. Beide wohnen in einem Hochhaus, dass als Unterkunft für sozial Schwache - besser wäre Arne -  erbaut wurde. Hier hausen also die beiden Protagonisten und versuchen ihr Leben zu regeln. Der Mutter, die sich in dem Dorf als Schwester des Jungen ausgibt, hat keinen richtigen Drive, um einer Erwerbstätigkeit nachzugehen, wechselt ebenso oft die Arbeitsstellen wie ihre Bettbekanntschaften und gammelt schlussendlich ziellos herum. Dafür hat ihr 12 - jähriger Sohn - zumindest in den Wintermonaten - einen festen Lebensplan.

Er fährt mit der Seilbahn, die in jener Zeit überwiegend die Ski - Touristen hoch bringt, auf ein Plateau, auf dem sich ein Hütten ähnlicher Bau befindet, in dem sich die Gäste aufhalten und ausruhen können. Hier stiehlt der Junge Tag für Tag diverse Teile des dort abgestellten, teuren Equipment dieser Skifahrer. Es sind Helme, Skier, Stöcke, Brillen, Handschuhe, Mützen, die er anschließend im Dorf verkauft.

So verdient der 12 - Jährige jenes Geld, dass seine Mutter benötigt, um beide finanziell über Wasser zu halten. Da diese selbst keinerlei emotionale Bindung zu dem Kind herstellen kann oder wohl auch überhaupt nicht will, versucht der sich als " Winterdieb " zeigende Junge, über jenes Geld, dass er für die gestohlenen Ausrüstungsteile erhält, ihre Liebe zu erkaufen.

Ein gelungener Film, der durchaus sozialkritische Ansätze aufzeigt. Hier die Trostlosigkeit in dem Betonklotz, der für jene Dorfbewohner, aber auch wohl für die wandernden Saisonarbeiter errichtet wurde, dort der dekadent zur Schau gestellte  Wohlstand in Form extrem teurer Skiausrüstungen, deren Verlust - wenn überhaupt - nicht einmal bemerkt  oder gar als Diebstahl eingeordnet werden wird.

Dieses ist jedoch lediglich ein Nebenaspekt der gesamten filmischen Handlung. Der versteht sich nicht als Medium um permanent auf die sozialen Verwerfung. die es zweifelsohne auch in der vermeintlich " reichen " Schweiz gibt, hinzuweisen und diese sodann anzuprangern. Es geht hier um die emotionale Kälte in dem Beziehungsgeflecht von Mutter und Kind ( hier dann: minderjähriger Sohn ). Die gibt es auch in den wohl situierten Kreisen, da kann die sich selbst zelebrierende Schicki - Micki - Skifahrer - Bagage noch so viel teures Gedöns am Allerwertesten tragen. Auch dort sind zwischenmenschliche Regungen strikt verpönt.



https://www.epd-film.de/filmkritiken/winterdieb


Am 3. März wiederholt der französisch - deutsche Gemeinschaftssender " arte " den Film " Winterdieb ". Ich habe ihn jetzt vorsichtshalber als geplante Aufnahme gespeichert. Es lohnt sich alle Male, ihn vollständig anzusehen.


" Strobe " - Frozen Hate " - " See Beyond The Sun " - 1991:





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