AOK - Shopper



Draußen liegt nun seit 5 Tagen Schnee. Obwohl es zwischenzeitlich bei geringen Plusgraden wieder getaut hat, ist auf den Straßen und Gehwegen immer noch eine fest getretene Schneedecke zu sehen. Das sind bekanntlich für Fußgänger keine guten Bedingungen. Insbesondere dann nicht, wenn die Haus - und Grundstückseigentümer oder die Mieter die Gehwege nicht abstreuen. Von einem Beräumen möchte ich schon gar nicht schreiben.

Da gingen wir doch gestern Abend vom Bahnhof Dresden - Plauen aus kommend die Raserstrecke Wiesbadener Straße hoch. Zum Teil ähnelte der dortige Gehweg einer Matschfläche. Er war zwar abgestreut, aber nur mit äußerster Vorsicht begehbar.

In Höhe des ehemaligen Konsums erkannten wir unserer visa vis wohnende Nachbarin, Frau H. Sie ist mittlerweile 94 Jahre alt, geht aber noch regelmäßig zum Einkaufen. Wenn auch unter Zuhilfenahme eines Rollators. Jener Gehhilfe, die umgangssprachlich - verniedlichend als " Rolli " und verächtlichend mit " AOK - Shopper " bezeichnet wird.

Nun, die Nachbarin hat einen solchen " AOK - Shopper ". Der wurde ihr vor einigen Jahren von einem Orthopäden auf Rezept verschrieben. Ich kenne diese Geräte zur Genüge, denn sie standen damals in dem Pflegeheim in Bad Eilsen im Keller. Dort habe ich vor vielen Jahren mal eine zuvor begangene Dummheit abarbeiten dürfen. Es waren schwere, ja monströse Gehhilfen, die von den Krankenkassen bezahlt, den Bewohnern des Pflegeheims zur Verfügung gestellt wurden. Zudem sind sie im Gebrauch sehr unhandlich und lassen sich auch nur mühsam säubern.

Wer mit einem solchen Apparat vorlieb nehmen muss, hat es nicht gerade gut getroffen. Wesentlich praktikabler sind die leichten Rollatoren aus Carbon. Sie lassen sich mit einem Handgriff sogar zusammen klappen und passen in jeden PKW. Eine Besteigen eines Busses oder der Bahn ist da kein Problem.

So ein " Rolli " wird jedoch - wie sollte es anders sein - von den Krankenkassen nicht bezahlt. Es gibt hier lediglich einen Zuschuss. Der beträgt zurzeit zwischen 80 - 100 Euro. Den Rest muss das Krankenkassenmitglied selbst zahlen. Und das können dann schon einige Hundert Euro sein.

Unsere Nachbarin jedenfalls hat ein wahres Monstrum verpasst bekommen. Es ist viel zu schwer, besitzt starre Räder und eine sehr laweden Tragekorb. Eigentlich ist der " Rolli " für die kleine, eher zierliche Frau, völlig ungeeignet.

Wir hatten Frau H. inzwischen eingeholt und beschlossen, die sich sichtbar quälende Frau nach Hause zu begleiten. Sie gab dann sehr schnell zu, sich ein wenig überschätzt zu haben. Der Rückweg, zudem nur bergauf, durch den Schneematsch wurde von Meter zu Meter immer beschwerlicher.

Ich hakte Frau H. leicht an meinem linken Arm ein und begleitete sie langsam bis zu ihrer Haustür. Meine bessere Hälfte ging bereits mit dem " AOK - Shopper " vor.

Später erzählte sie mir, dass der " Rolli " wirklich unhandlich sei. Eigentlich müsste die Nachbarin einen Carbon - Rollator fahren. Doch dazu bedarf es eines Vergleichs in einem Orthopädie -Fachgeschäft. Den Kauf könnte sie ja dann bei einem Online - Händler vornehmen. Da spart sie sehr viel Geld.

Vor einigen Jahren hatte " Lidl " einen " Rolli " im Sortiment. Der musste wohl aus China stammen, denn der war glatte 400 Euro günstiger als das Original, aber von ähnlicher Qualität. Dieses stellte jedenfalls die Stiftung Warentest klar.

Während sich Frau H. bei uns mehrfach für die Hilfe bedankte, stellte ich mir vor, wie ich in diesem Alter reagiert hätte. Vielleicht gibt es da schon Flugtaxis, die mich in Bayern von einem bestimmten Platz aus direkt nach Hause fliegen? Oder ein elektronischer Helfer begleitet mich nach Hause?
Einen solch monströsen " AOK Shopper " würde ich auf keinen Fall nutzen.


Simon & Garfunkel - " I Am A Rock " - " Sounds Of Silence " -  1966:



 

Kommentare

Octapolis hat gesagt…
Irgendwann, zehn "Gesundheitsreformen" später, kann man sich das dann komplett selber kaufen, oder eben daheim verhungern. Schöne neue Welt! ;o)

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