Futter - Streik
Katzen sind nicht nur hoch intelligente Wesen und werden dann, wenn sie in Menschenhand geraten, flugs zum Kindersatz, zu einer Art von Familienmitglied, dass selbstverständlich somit auch seine Rechte einfordert. Katzen sind aber auch eigensinnig. Sie pochen auf bestimmte Abläufe, die sie während sie im Menschen - Haushalt leben, bald verinnerlicht haben. Weil Katzen dabei keine großartigen Veränderungen mögen, liest der Katzenhalter nicht selten davon, dass die geliebten Vierbeiner aus einem anderen Umfeld kommend, ein neues Zuhause nicht wollen. Sie verändern deshalb ihr bekanntes Verhalten gegenüber dem Halter ( eigentlich ja Personal ) und begehren auf. Im schlimmsten Fall dampfen sie ab und suchen sich ein neues Zuhause.
Unser Rest - Bestand aus der sächsischen Landeshauptstadt, die geborene Dresdnerin " Nele " ( ehemals " Chica " ) ist eine Drei - Farben - Katze. Wie es die Bezeichnung schon erahnen lässt, nicht nur etwas Besonderes, nein, vor allem ein leicht schwieriger Fall. So, wie ihre Fellzeichnung es schon ausgibt: Sie hat von allen Fellfarben etwas. Und damit zeichnet sich auch ihr Charakter aus. Sie ist sehr anhänglich, aber nicht unbedingt einfach zu halten.
Vor einigen Tagen nervte sie uns mit einem ständigen Gemaunze. Sie begann bereits in den Morgenstunden damit, setzte dieses während des gesamten Tages fort und selbst in der Nacht quälte sie uns mit ihre Gequietsche. " Miau, miau, miau! ", so ging das in einer penetranten Abfolge oft Stunden lang. Was war eigentlich mit ihr los?
Wir vermuteten zunächst, dass sie sich draußen vielleicht Würmer einfangen haben könnte. Ich verpasste ihr deshalb am Samstag eine Wurmkur. Dann vermuteten wir, dass sie eventuell eine Virusinfektion haben könnte, weil sie seit Tagen deutlich sichtbar, an den Flanken eingefallen war. Sie hatte abgenommen, machte einen etwas ausgemergelten Eindruck und fraß eigentlich zu wenig. Die Tierärztin hatte sie vor einiger Zeit gesehen und sie als leicht dehydriert erkannt. Wir sollten deshalb darauf achten, dass sie genügend Flüssigkeit ( zumeist Leitungswasser ) aufnimmt.
Doch trotz unserer Beobachtungen und Kontrollen, konnten wir nicht erkennen, dass die Katze sich besorgniserregend veränderte. Nur das ständige Miauen ging uns wahrhaftig auf den Zeiger.
Schließlich nahmen wir mit der Tierärztin Kontakt auf. Wir hoffte, dass diese eine Erklärung für das auffällige Verhalten des Tieres haben könnte.
Dann kamen wir aber selber auf die Ursache. Während ich mir am Sonntagnachmittag die fünfte Pleite meines SV Werder antat und dabei die frustrierende Erkenntnis, dass Fußball des BVB und der meiner Grün - Weißen, eben von der Qualität der Spieler sowie deren gezahlter Gehältern abhängt, mit in die Halbzeitpause nahm und dabei die Überlegung anstellte, ob ich mir weitere 45 Minuten eines vollkommen einseitigen Spiels an tuen sollte, griff ich zur Mineralwasserflasche, die im Kühlschrank stehend, bei solchen Anlässen regelmäßig für Abkühlung meines heiß gelaufenen Gemüts sorgt. Katze " Nele " stand neben den Futternäpfen und hatte längst meine aufgestaute Frustration registriert. Sie schaute mich ein wenig mitleidig an. Ich entnahm die Wasserflasche und wollte just das Glas voll gießen, als ich den Blick der Katze endlich deuten konnte.
Ihr gefiel das kredenzte Futter, das ich aus einem Beutel entnommen hatte, in dem sich Nahrung für bereits ältere Katzen , " Senior Cats " also, befand überhaupt nicht. Es schmeckte ihr nicht. Nach ihrem zunächst mitleidigen, dann vorwurfsvollen Blick, hatte ich den Geistesblitz und die Erklärung für ihr nerviges Miauen. Sie verlangte von mir anderes Futter und zwar jenes, das in einem weiteren Plastebehälter mit grünem Deckel war und das ich ihr ständig in die Näpfe schüttete. Mit dieser Erkenntnis und dem 1:3 in Dortmund im Hinterkopf, griff ich zu dem anderen Futterbehälter mit dem grünen Deckel und ließ davon einige Gramm in ihren Napf rieseln. " Nele " stürzte sich wie von der Tarantel gestochen auf den Futternapf und schlang den Inhalt in Windeseile herunter.
Nun wurde mir auch klar, warum sie uns mit dem ständigen Maunzen gequält hatte. Sie verlangte anderes Futter, nämlich das, was sie seit mehr als zwei Jahren kannte. Das Ergebnis der eher unabsichtlichen Futter - Umstellung war, dass sie in den Streik trat und nicht mehr genügen fraß.
Es war eben ein Futter - Verweigerungsstreik, nein, reiner Hungerstreik, so wie er in den Medien beschrieben wird, wenn Menschen sich weigern, überhaupt Nahrung zu sich zu nehmen, sondern es war ein Verweigern des neuen, eines anderen, des nicht bekannten Futters. Katzen sind schlau, sind eigensinnig und haben auch Charakter.
Diese Eigenschaften sollten sich meine Grün - Weißen in der kommenden Saison auch verstärkt zu legen, um nicht immer als graue Maus von den großen Verein gefressen zu werden.
MICHAEL ROTHER - Katzenmusik # 5 - Katzenmusik - 1979:
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