Morgens um Sieben war die Musik noch in Ordnung
Als ich vor mehr 52 Jahren am 1. April 1969 meine Lehre zum Einzelhandelskaufmannsgehilfen ( ein Wortungetüm, dass damals mehr Buchstaben vor wies als Ausbildungsinhalte ) antrat, hatte ich vom Berufsleben keine Ahnung.Und nicht nur davon. Das wahre Leben insgesamt war mir eher fremd. Ich zog mich eher in meinen Mikrokosmos zurück, der da Musik, vornehmlich Rockmusik, hieß.
Doch jene, also meine Musik, die ich ständig von einem " Grundig " - Tonband oder über meine Stereoanlage, die in dem eigens eingerichteten Keller ( wir nannten ihn hoch trabend " Beat - Keller " ) lief, sie wurde in der Zeit von 8.00 Uhr morgens bis 18.30 Uhr abends nicht gespielt. Weder in dem Bus, der mich von Bad Eilsen nach Bückeburg und zurück brachte, noch in den Geschäftsräumen des Ausbildungsbetriebs; vielleicht dann und wann in der " Quickteria ", einem Flachbau an der Ulmenallee in Bückeburg, wo ein Musik - Automat stand, der einige Single aus der aktuellen Hitparade zum Abspielen gegen ein paar Groschen anbot.
Während meiner knapp bemessenen Freizeit ( Samstags musste ich im 14tägigen Rhythmus von 8.00 bis 13.00 Uhr in der Ausbildungsfirma antanzen ) beschäftigte ich mich aber überwiegend mit Musik. Und dieses eben in jeder freien Stunde. Wenn unser Mutter als der Familien - Feldwebel in persona, ab 6.30 Uhr zum Wecken im Zimmer erschien, war die Nacht zu Ende. Ab dann hieß es: Du musst funktionieren.
Waschen, Anziehen, vor allem Zähne putzen, Haare kämmen und in der Küche das Frühstück zubereiten. Dieses bestand damals aus " Kölln " - Haferflocken, die ich mit Milch aufkochte und denen ich einige Teelöffel " Kaba " sowie etwas " Gute Butter " unterrührte. Gegen 7.30 Uhr fuhr ich mit dem Fahrrad in Richtung Bückeburg zu der Ausbildungsfirma Altenburg. Wenn unsere Mutter am 6.00 Uhr zur Frühschicht bei der LVA in Bad Eilsen antreten musste, stellten wir uns jeweils einen Wecker, der dann ab 6.30 Uhr los rasselte. Nach einem schnell eingenommenen Frühstück, verschwand ich sofort in unseren " Beat - Keller ", stellte dort die Stereo - Anlage an und legte ein paar Single zur Überbrückung der Zeit bis 7.30 Uhr auf. Dann dröhnte bereits ab 7.00 Uhr Rockmusik aus dem Haus.
Die Single - Sammlung war nicht gerade üppig. Deshalb kann ich mich heute noch ganz gut an jene 45er - Vinylscheiben erinnern, die meine Laune bis zum Aufbruch nach Bückeburg etwas anhoben:
BADFINGER - No Matter What / Better Days - 1970:
TEN YEARS AFTER - I´m Coming On /
My Baby Left Me - 1970:
EMERSON, LAKE & PALMER - Lucky Man / Knife Edge 1970
:
THE WHO - The Seeker / Here For More - 1970:
JETHRO Tull - Living In The Past / Driving Song - 1969:
Sweet Dream / Seventeen:
The Teacher / Witch Is Promise - 1970:
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Während ich meine Musik im Keller abspielte, plärrten in den wenigen, damals empfangbaren Radiostationen zumeist Schlager - und Tanzmusik. Die Zeit bis zum Aufbruch in eine ungeliebte Erwachsenenwelt verflog schnell. Ich holte mein, vom eignen Geld gekauftes Sportrad aus dem Schuppen und fuhr los.
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