" Schmeckt astrein! "



Vorletzter Tag der Enkel - Haus - Hunde - Betreuung. So langsam geht es an das Großreinemachen. Dazu dürfte wohl auch das Verarbeiten der Wäscheberge zu sehen sein, den die Eltern und die drei Enkel hinter lassen haben. Zum Glück gibt es dafür entsprechende Maschinen. Für die Fußbodenpflege gilt dieses nur bedingt. Die Abdrücke der beiden Vierbeiner nimmt der Saugroboter nicht auf. Eine noch teurere Luxusausführung lässt sich auch als " Wisch - Roboter " umfunktionieren, aber den gibt es hier nicht. 

So war eben Handarbeit angesagt. Und die hatte es in sich. Mühevoll wuchtete ich den 10 Liter Plasteeimer aus dem Spülbecken und begann in leicht gekrümmter Haltung meine "  rabotay ". Die großen Hunde sind nicht nur groß, sondern großartig, binnen weniger Minuten den Boden in ein skurril aussehendes Tapsen - Gemälde zu verunstalten. Anthrazit farbende Bodenplatten passen eben nicht zur Großhundehaltung. Egal, ich quälte mich durch die mehr als 80 m² messende Gesamtfläche und war anschließend so groggy, als hätte ich einen einstündigen Lauf rund um das Hollener See absolviert.

Weiter ging es im Pflichtprogramm. Wäsche in den Trockner, zweite Maschine ansetzen, Spülmaschine ausräumen, dann kam noch das Einkaufen hinzu. Die Milchration neigte sich dem Ende. Da musste für Nachschub gesorgt werden. Auch die jüngste Enkel wollte sein Recht auf Konsum einfordern und mit mir einen kleineren Einkauf beim in der Nähe liegenden " Aldi " erledigen.

Gesagt, getan.

So fuhren wir über die Bahnschienen der Strecke München - Freising etc. und bogen danach in die Sonnenstraße ab. Das Gebäude wurde erst vor einigen Jahren errichtet und verfügt über ein Solardach, welches nicht nur die gesamte Filiale mit Strom versorgt, sondern zudem eine kostenlose E - Tanksäule. Die Verkaufsflächen sind Licht durchflutet und übersichtlich angelegt. Auf das logisch aufgebaute Sortiment verweisen entsprechende Tafeln. Die Gänge sind breit genug, um den " Corona " bedingten Mindestabstand von 1,50 Metern einhalten zu können.

Das Sortiment beinhaltet jene Artikel, die zum Teil auch in den Filialen der Konkurrenz zu sehen sind. Wobei ein gewisser Teil an eher unbekannten Warenherstellern in einigen Abteilungen den Ton angeben. " Aldi " 2022 ist längst nicht mehr mit " Aldi " vor und nach 1982 oder in den Nullerjahren  vergleichbar. Das Billigheimer - Image, der Ramsch - Charakter, das leichte Schmuddel - Image existiert nicht mehr.

Als ich in den 1980er Jahren über viele Semester den " Aldi " an der Riensberger Straße in Bremen aufsuchte, um dort meinen Wocheneinkauf zu erledigen, war das Sortiment sehr überschaubar. Dazu gab es dort kaum so genannte Markenware, denn die Hersteller belieferten den " Ramsch - Discounter " nicht, der wiederum auf " No - Name "  - Artikel zurück greifen musste, was dem " Billigheimer " - Prinzip der beiden Gründer Karl und Theo Albrecht sehr entgegen kam. Deren kaufmännischer Ansatz lautete ja einst, dass " gut nicht teuer sein muss " ( müsse ). Ausgehend hiervon teilten die gebürtigen Essener dann Westdeutschland, später Deutschland und so ab Ende der 80er Europa unter sich auf. Konkurrenz soll - dem Irrglauben zufolge - eigentlich das Geschäft ( den Markt ) beleben; dieses gilt aber nicht für die Familie Albrecht.

Tja, da standen wir in dem längst dem Zeitgeist und " Corona " geschuldeten Kassenbereich und warteten mit der Ausbeute im Stahlwagen, der sich dem moderneren Outfit vieler " Aldi Süd " - Filialen angepasst hat. Er ließ sich leicht bewegen, hatte genügend Volumen, um ein Großeinkauf locker verstauen zu können und ließ die verrosteten " Gurken " aus den 80ern wahrhaftig als archaische Einkaufshilfe aussehen. 

Okay, die Kassiererin war nicht gerade freundlich. Ihr Verhalten uns " Fremden " gegenüber eher barsch bis ruppig, weil sie als " Einheimische " ( sie hatte einen deutlich hörbaren niederbayrischen Akzent ) vielleicht dem Hase - Igel - Prinzip unterworfen, dachte sie sei ja eher " Dahoam " als wir; aber, egal, der jüngste Enkel wollte nun mal seine Zuckerration in Form von Süßigkeiten beim " Aldi " eindecken. Und als Opa wollte ich meiner inneren Abneigung gegenüber dem " Aldi " nicht weiteren Vorschub leisten.

Ich hatte, neben dem " süßen Gelumpsch " des Enkels, ein wenig Obst im Stahlwagen liegen ( Kiwis für 0,29 Euro / Stück, vorgereift, Erdbeeren aus Marokko, die 1.000 Gramm - Kiste für unschlagbare 4,99 Euro und Trauben, rot, kernlos, die 500 Gramm Plaste - Kiste für sehr günstige 1,79 Euro ); dazu noch 3 Mal Milch ( Hausmarke, für 0,88 Euro ), aber auch eine Packung " Merci ", mittlere Größe für 2,79 Euro und - ich bereue es - eine Waffelmischung ( 500 Gramm für 1,69 Euro ).         

Der letzte Artikel erinnerte mich an die Studentenzeit. Damals hatte ich kein Geld, aber durchaus sporadischen Heißhunger auf wat Süßes. Die " Aldi " - Waffelmischung von " Gotana " gab es nur ( auch ) im " Aldi " an der Riensberger Straße. Ich meine, mich erinnern zu können, dass diese so bei 0,89 DM zu haben gewesen sei. Inhalt waren 500 ( nicht wie heute nur 400 ) Gramm Keksröllchen ohne und mit leichtem Schokoladenüberzug, Waffeln, dito ). Die Kekse mit leichter Schokohaut schmeckten gerade noch so; die Waffeln ohne Glasur artigem Schokoladenbelag ( auch jene, die nur an den Ende überzogen waren ), empfand ich als eine Geschmacksvergewaltigung. Ich ließ diese in schöner Regelmäßigkeit übrig. Solange, bis sie in der nur zusammen gedrückten Tüte liegend, bereits pappig und ungenießbar wurden. Diesen " Waffelbrei " warf ich alsdann in den Mülleiner, der in meinem 18,9 m² Wohnklo mit Nasszelle an der rechten Seite zu dieser stand. Dort gammelten sie vor sich hin.

Ebenso ungenießbar waren die Billig - Schokoladen bei " Aldi Nord " in Bremen und anderswo.  Auch wenn deren Kakaoanteil vielleicht etwas höher als bei den bekannten Marken, wie " Lindt " oder " Ritter Sport " oder " Stollwerck " bis " Sprengel " lag, der " Aldi - Fraß " schmeckte einfach nicht. Die Krönung der Geschmackverirrung stellte hier die dunkele, die Zartbitter - Schokolade in Form einer 200 Gramm - Tafel dar. Das Zeug, mit dem meine nicht gerade anspruchsvollen Gelüste befriedigt werden sollten, war für mich einfach nur zum Kotzen.

 Steinhart, so dass die Großtafel kaum durchzubrechen war, lag sie dann eines Tages in der hölzernen Halbschale auf dem Wohnzimmertisch meiner Schwester. Diese bot mir doch tatsächlich den - für mich - ungenießbaren Scheiß mit den lobhudelnden Worten " schmeckt astrein " an.

Ich lehnte höflich, aber bestimmt und dankend ab. Nein, auch beim " Billigheimer " gibt es Grenzen des guten Geschmacks. Doch das galt nicht für meine Schwester. Sie war bereits damals ein wahre " Sparfuchs " mit Tendenz zum angeboren sowie anerzogenen Sparsamkeitsdrang, der sich, mehr als 30 Jahre später in krankhaften Geiz fehl entwickelt hatte. Und jene Lebenseinstellung ist - mutmaßlich - heute noch vorhanden.

" Schmeckt astrein " wurde sodann bei uns zu einer Verballhornung jenes, nahezu triebhaften Verhaltens meiner Schwester, für billig, gute Qualität zu erhalten.  Geiz ist eben nicht immer geil, vor allem dann nicht, wenn Schokolade nicht astrein schmeckt. 

Wir  verließen den " Aldi " an der Sonnenstraße in Oberschleißheim. Seit sehr vielen Jahren hatte ich keine Albrecht - Filiale betreten, die Rückfuhr des metallischen Einkaufswagens empfand ich somit als eine Art Befreiungsschlag auf der Abstiegszone des " Geiz ist geil " - Gefasels. Die Tüte mit den Billigwaffeln habe ich - wie bereits befürchtet - nur zur Hälfte aufgegessen. Der Rest wanderte in den Bio - Abfall. Selbst die sonst bei Süßem nicht gerade wählerischen Enkel wagten sich an den Waffel - Bruch nicht ran. Schmeckte nicht astrein!

           

EILIFF  -  Hallimasch  -  Girlrls  -  1972:




Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

" Eine Seefahrt, die ist lustig. " - nur nicht in den 60er Jahren zum AOK - Erholungsheim auf Norderney.

" Oh Adele, oh Alele, ah teri tiki tomba, ah massa massa massa, oh balue balua balue. " und die Kotzfahrt nach Wangerooge.

Was ist eigentlich aus dem Gilb geworden?