She said she was a influencer - doch der Traum ist aus!



Zu Russland und zur einstigen UdSSR hatte ich immer schon eine sehr ambivalente Meinung oder auch Einstellung. Geprägt war diese nicht nur von den späteren Erzählungen meines ab Frühjahr 1944 in russische Kriegsgefangenschaft geratenen Vater, der für Führer, Volk und Vaterland seinen Kopf hinhalten musste. Als er mehr als 7 Jahren später heimat - und besitzlos bei seiner Schwester in Bückeburg auftauchte, besorgte sie ihm dort eine Zimmer; eine bessere Absteige, ein Verschlag, in dem er seine Habseligkeiten unterbringen konnte. 

Er hatte in Kreuzburg ( heute Kluczborg ) eine Maurerlehre beendet, bevor er als blutjunger Mann mit gerade einmal 18 Lenzen in den von dem Verbrecher H. initiierten Krieg gegen Russland ziehen musste. Der Einberufungsbefehl ( so hieß dat Ding schon damals ) kam mit der Reichspost just an diesem Tag, dem 22. November 1942. 

Seit dem sind fast 8 Dekaden vergangen. Unsere Welt blieb auch danach keineswegs ohne kriegerische Auseinandersetzungen. Auch wenn wir von einem III. Weltkrieg bislang verschont wurden. 

Jetzt lässt der russische Despot Putin seine Soldaten vornehmlich gegen Zivilsten agieren. Er hat blutjunge russische Männer abkommandieren lassen, die in dem Nachbarland Ukraine eine ihm missliebige Entwicklung beenden sollen. Der einst zum Riesenreich Sowjetunion zählende Staat wird nach Lesart der Putin´schen Lügen, nämlich von Faschisten und Drogenabhängigen regiert, die mit ihrer Politik die geo - strategischen Bestrebungen Russlands behindern. Wladimir Putin möchte das Russland nach seinen Vorstellungen als dritte Weltmacht dauerhaft etablieren.    

Putin lässt Bombe, Raketen und Granaten auf die ukrainische Bevölkerung regnen. Die Welt schaut zu. Aber - das mag so aussehen - nicht vollkommen macht - und tatenlos. 

Die übrige Welt, mit Ausnahme der so genannten Schurkenstaaten ( z.B. Syrien, Nordkorea ) hat den Krieg in der Ukraine nicht nur mit Wortgeklingel verurteilt, sondern gegen den Aggressor vor allem Wirtschaftssanktionen eingeleitet. Das mag zunächst nicht sonderlich dramatisch klingen. Was können Einschränkungen in Form von Embargo und Boykott schon bewirken, wenn täglich Kriegswaffen gegen Zivilisten eingesetzt werden?

Doch Gasputin Putin hat sich - wie viele seiner Getreuen um ihn herum - verkalkuliert. Ein Boykott und ein Embargo sind scharfe Waffen in der globalisierten Wirtschaft. Sie können alsbald zu einem Staatsbankrott führen.Aber auch für den einzelnen Konsumenten bringen diese Maßnahmen erheblich Einschränkungen mit sich. Eine Vielzahl von Konzernen, die in Russland Filialen oder auch Shops unterhalten stellt das Russland - Verkaufsgeschäft ein. Ihre Läden werden zunächst vorübergehend geschlossen.

https://www.derstandard.de/story/2000133955316/lange-liste-taeglich-ziehen-weitere-konzerne-ihr-geschaeft-aus-russland

Auch das mag zunächst weniger dramatisch klingen als die weiteren Maßnahmen, wie beispielsweise das " Einfrieren " von Vermögen der Putin treuen russischen Oligarchen. Doch, was auf den ersten Blick weniger spektakulär aussieht, entpuppt sich als eine dramatische Kehrtwende im Leben einer großen Anzahl der Russen. Vornehmlich jener jüngeren Bevölkerungsgruppe, die die Mangelwirtschaft in Gestalt der Planwirtschaft vor den frühen 1990ern nur vom Hörensagen kennen. Für sie ist das nur zu oft auch hier vorhandene, gedankenlose Konsumieren längst zum Teil ihres Lebens, des Alltäglichen also, geworden.

Kein Burger mehr bei McDonald´s, keine Coca Cola, kein " coffee to go " bei Starbucks, keine Nike - Turnschuhe, kein Adidas - Parfüm, keine Gucci - Handtasche, keine " tollen " Klamotten mehr bei  H&M, keine Beauty Shop - Artikel, keine deutschen Autos, etc. pp. All jene " Westwaren ", von denen ihre Eltern und Großeltern - wenn denen deren Existenz überhaupt bekannt war - nur träumen konnten, kamen irgendwann nach der russischen de facto - Staatspleite ab 1998 sukzessive in den Wahrnehmungsbereich des Durchschnittsrussen. Sie gehörten alsdann zu den lieb gewordenen Zutaten, die das Leben nicht nur bunter, sondern auch lebenswerter erscheinen ließen. " Bonjour tristesse ", war einmal.

Der eher kleine, der damit unbedeutende Mann, die namenlose, die nicht berühmte Frau, sie konnten sich bald jene Konsumgüter kaufen, vielleicht auch finanziell leisten, die der " Goldene Westen " ihnen dank dessen gigantischen Konsumgüterreichtums über in China und Asien zumeist hergestellt, auf einem Silbertablett kredenzte.

Soll damit jetzt Schluss sein?

Russland wird jetzt wieder vom Westen, aber auch den übrigen Staaten der Welt als ausgemachter Kriegstreiber und Aggressor stigmatisiert und vom Welthandel quasi abgekoppelt. geht geht zu Lasten des Konsums in Russland und führt dazu, dass - wie es ein von Westmedien befragter Moskowiter zutreffend formulierte - Russland binnen weniger Monate wieder in die Zeit ab 1919 zurück katapultiert wird.

Aber wie reagieren darauf die jungen und jüngeren Russen? Putin´s Kinder und Enkel also?

Sie gehen zum letzten Mal in den Malls shoppen, ehe der Eiserne Vorhand dort auf unbestimmte Zeit fällt. Damit gibt es auch für die vielen russischen Influencerinnen keine Chance, den Tinnef, die Konsum - Schiss, der kaufbar war, über private Youtube, Instagram oder Sonstwas - Kanäle selbstdarstellerisch zu bewerben. Irina, Alona oder Jekatarina werden ihren Schmus nicht mehr Ihresgleichen in Russland und der übrigen Welt vorführen können.

Der Traum ist aus?  

Jenes Lied von " Ton, Steine, Scherben ", das der längst verstorbene Rio Reiser 1972 veröffentlichte, hat wieder Relevanz. Und wie!

Ich hab' geträumt, der Winter wär' vorbei
Du warst hier und wir waren frei
Und die Morgensonne schien
Es gab keine Angst und nichts zu verlieren
Es war Friede bei den Menschen und unter den Tieren
Das war das Paradies
Der Traum ist aus
Der Traum ist aus
Aber ich werde alles geben, dass er Wirklichkeit wird
Aber ich werde alles geben, dass er Wirklichkeit wird
Ich hab' geträumt, der Krieg wär vorbei
Du warst hier und wir waren frei
Und die Morgensonne schien
Alle Türen waren offen, die Gefängnisse leer
Es gab keine Waffen und keine Kriege mehr
Das war das Paradies
Der Traum ist aus
Der Traum ist aus
Aber ich werde alles geben, dass er Wirklichkeit wird
Aber ich werde alles geben, dass er Wirklichkeit wird
Gibt es ein Land auf der Erde, wo der Traum Wirklichkeit ist?
Ich weiß es wirklich nicht
Ich weiß nur eins, und da bin ich sicher
Dieses Land ist es nicht
Dieses Land ist es nicht
Dieses Land ist es nicht
Dieses Land ist es nicht
Der Traum ist 'n Traum, zu dieser Zeit
Doch nicht mehr lange, mach' dich bereit
Für den Kampf ums Paradies
Wir haben nichts zu verlieren, außer uns'rer Angst
Es ist uns're Zukunft, unser Land
Gib mir deine Liebe, gib mir deine Hand
Der Traum ist aus
Der Traum ist aus
Aber ich werde alles geben, dass er Wirklichkeit wird
Aber ich werde alles geben, dass er Wirklichkeit wird
Dass er Wirklichkeit wird
Wirklichkeit



Jetzt fällt zusammen, was einst mit den Rohstoff - Milliarden mühsam aufgebaut werden konnte?   


Als mein Vater vor fast 78 Jahren in russische Kriegsgefangenschaft kam, war seine erste Station Sumy in der heutigen Ukraine. Dort war ein riesigen Kriegsgefangenenlager der Rote Armee aus den Boden gestampft worden. Nach einigen Wochen wurde er nach Suchumi transportiert; dann nach Odessa am Schwarzen Meer. Er erkrankte dort an Malaria. Nach dem er wieder arbeitsfähig war, gelangte er in ein großes sibirisches Arbeitslager bei Novosibirsk. Dort arbeitete er in einer Erzmine, Solange, bis er vor etwa 70 Jahren mit dem Zug nach Sachsen gelangte. In seinen Geburtsort konnte er nicht zurückkehren, der gehörte zur Volksrepublik Polen. 

Beinahe en Vierteljahrhundert später, erzählte er uns von seinen Kriegserlebnissen. Und darin kamen auch viele Schilderungen über den Umgang der Offiziere und Unteroffizieren mit den einfachen Mannschaftsdienstgraden in der Rote Armee vor. Sie wurden wie Menschen zweiter Klasse behandelt, wie Vieh, das in Ställen gehalten wird. Die einstigen deutschen Kriegsgefangenen erhielten eine größere Achtung als die eigenen Soldaten.

Was er jetzt zu dem russischen Überfall auf die Ukraine sagen würde, kann ich nur erahnen. Er würde wohl genau jene Worte wählen, mit denen er vor vielen Jahren einen im Fernsehen gezeigten Aufmarsch von Neofaschisten in irgendeinem Kaff in Deutschland kommentierte: " Die sind doch verrückt! Die sollen den Jungs wieder Arbeit geben! "

So schließt sich denn auch mein Gedankenkreis rund um den von Putin vom Zaum gebrochenen Ukrainekrieg, dem konsequent durchgeführten Sanktionen der Mehrheit der diesen verurteilenden Staaten und den sich daraus ergebenen Konsequenzen für viele Jugendlich in Russland. Die russischen Influencer gibt es bald nicht mehr. Deren Traum ist aus!



JETHRO TULL  -  She Said She Was A Dancer  -  Crest Of A Knave  -  1987:

  





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