Als im idyllischen Weserbergland sphärische Klänge Einzug hielten

 Als die letzten Jahre der 1960er - Dekade anbrachen, veränderte sich die populäre Musik. Der Beat - Zeitgeist, der ab den frühen 60ern durch die englische Musikgruppe " The Beatles " als eine Art Vorreiter kreiert worden war, befand sich langsam auf den Rückzug. Mit ihm verabschiedeten sich  sukzessive, aber nur für eine bestimmte Dauer, jene Bands, die über eine Reihe von Jahren die Hitparaden und den kommerziellen Bereich im Business bestimmt hatten.

Es begann eine Phase, in denen sich Musiker mit andersartigen Instrumenten als E -Gitarre, E  Bass oder Schlagzeug versuchten und dabei mit elektronischen Klängen, die sich zunächst auf das Einspielen und Nutzen bestimmter Effekte, wie Rückkoppelungen, experimentierten. 

Eine technisch - und klangliche Revolution erfolgte mit der industriell - kommerziellen Einführung des Synthesizers, dessen Erschaffer, der US - Amerikaner Robert Moog ( https://de.wikipedia.org/wiki/Moog-Synthesizer ), den Grundstein für eine breite Anwendung auf dem Sektor der experimentellen / elektronischen Musik erschuf.

Als 1968 die LP " Switched On Bach " der US - Amerikanerin Wendy ( vormals Walter ) Carlos erschien, überschlugen sich die Lobeshymnen der Musikkritiker. Allerdings blieb die Verwendung des Orgel artigen Gerätes in dem Klassik - Genre eher die Ausnahme. Der Hilfe jenes vielfältigen Musikinstruments oder auch jener Musikapparatur, bedienten sich sodann unzählige Bands. Wodurch es möglich wurde, die Techniken hierzu zu verändern.

Als die  Berliner Musiker Conrad Schnitzler, Hans - Joachim Roedelius sowie Dieter Moebius in jenen Jahren in dem Berliner Klub " Zodiak Free Art Lab " ihre ersten musikalischen Versuche starteten, zählten sie zu einer absoluten Minorität. Sie selbst verstanden, aber bezeichneten sich etwas später als " Avantgarde "  der Musik ( welcher, eigentlich? ). Wie dem auch damals immer gewesen sei, die Berliner Szenen waren ja immer schon sehr kreativ - dieses nicht erst seit den vergangenen 20ern des letzten Jahrhunderts.

Weil sie Kreativität bewiesen, war es denn auch nicht weiter verwunderlich, dass das oben genannte Trio der vormals geteilten und isolierten Großstadt den Rücken kehrte. Die drei " Avantgardisten " zogen auf das Land. Genauer beschrieben: Sie zogen von Berlin, der Riesenstadt, in das Kaff Forst, welches im beschaulichen Weserbergland liegt.

Wer von der Bundesautobahn 7, die - grob skizziert -  Schleswig - Holstein mit Baden - Württemberg verbindet und oder auch von Hamburg über Frankfurt nach Basel führt, die Ausfahrt Nummer 71 Northeim - West; vom Süden aus kommend, eventuell die Abfahrt 76 Hannoversch - Münden nutzt, gelangt über die Bundestraßen B 496 , B 80, dabei in Richtung Höxter fahrend, später auf die Landstraße L 763 nach Lippoldsberg, durch Bodenfelde und Salzkotten weiter führend, sodann auf die L 559 in Richtung Neustadt, dort über die B 241 nach  241 bzw. 496 in Richtung Amelith / Schönhagen, von dort geht es weiter auf der B 497 nach Neuhaus im Solling. Hier biegen wir dann auf der B 64 in Richtung Holzminden / Höxter ab. An Holzminden vorbei führt uns diese Bundesstraße direkt nach Bevern. Dort geht es auf der L 584 dann nach Forst.

Alles weitere zu der Gemeinde Bevern und dem dazu gehörigen Flecken Forst, gibt es unter anderen hier:

 https://de.wikipedia.org/wiki/Forst_(Bevern)

https://de.wikipedia.org/wiki/Bevern_(Landkreis_Holzminden)


Als vor knapp einem halben Jahrhundert die drei Berliner Musiker hierher zogen, sah das künftige Wohngebäude, das sodann auch als Probeort umfunktioniert wurde, vollkommen anders aus. Der ehemalige Gutshof war im Laufe der vielen Jahre herunter gekommen. Die zur Musiker - WG heran gereifte Gruppe aus Berlin musste sich in der Improvisation des realen Überlebens üben, so wie der  von beiden " Cluster " - Gründer noch verbliebene Musiker Hans - Joachim Roedelius vor einigen Jahren in einem Gesprächs mit dem " Deutschlandfunk " - Mitarbeiter fest hielt.

" Forst war ein kleines Paradies. Weil ich da eben sozusagen direkt Kontakt mit dem Boden aufnehmen konnte. Weil ich dort einen Garten machen konnte, meine Wohnung mit den eigenen Händen herrichten, Wasserleitungen legen, Holz hacken, Heizen, Kochen, alles. Und das hat natürlich Ausdruck in der Musik gefunden und auch in den Titeln. "

- Zitatende - aus:     

https://www.deutschlandfunk.de/fruehwerk-von-cluster-krautrock-auf-neun-lps-100.html

Die in jenen Jahren eingespielten " Cluster " - Alben, wie " Zuckerzeit " und " Sowieso " waren Ausdruck jener selbst auferlegten Lebensform, die jenseits der Großstadt Berlin vollkommen andere Bedingungen hervor brachte und ein nahezu selbst bestimmtes Sein mit sich brachte. 

Doch auch Musiker müssen leben, ja auch überleben, damit ihre Musik Hörer findet, sind sie eben gehalten, das was sie in Klangformen umsetzen, auch zu verkaufen.

Die elektronische Musik, so wie sie ab den 1970ern zunehmend mehr kommerzielles Interesse hervor rief und damit auch Fans hatte, blieb indes ein Nischenprodukt der populären Musik. Selbst dann noch, als der bekannte Musikjournalist Winfrid Trenkler solche Stücke in seinen Sendung "Rock In " und später " Schwingungen " in schöner Regelmäßigkeit spielte.

 Wie er viele Jahre danach in einem Interview einräumte, geschah dieses keineswegs mit dem Einverständnis des Senders und dessen hierarchischen Personalgefüge. Ein WDR - Apparatschik saute ihn deswegen mit den Worten an: " Was spielst Du da für eine Scheiße? "  Die Minorität der elektronischen Musiker innerhalb einer Minorität der Rockanhänger hatte tatsgewiss einst keinen leichten Stand. In einem Land, in dem damals noch Alt - Faschisten im Suff in den hinteren Vereinszimmern das " Horst Wessel - Lied " schmettern durfte, in dem Schlager - Dreck den größten Teil der öffentlich - rechtlichen Radio - und Fernsehprogramme beherrschte, war jenes Musik - Genre unisono ein absolutes Tabu.

Erst einige Jahre später, als populär werdende Bands wie " Kraftwerk ", " Tangerine Dream " oder auch der später sich daraus ableiten lassende " Synthi - Pop " eine breitere Zustimmung bei den Musikfreunden fanden, konnten einige Vertreter der elektronischen Richtung davon partizipieren.

Doch der Stil von " Cluster ", die sicherlich als Vorreiter in diesem Bereich gelten dürfen, war ein anderer. Hinzu kommt, dass die drei Herren aus Berlin durchaus ihre einstigen Pfade der experimentellen Musik verließen und mit Musiker, wie Brian Eno, der in den frühen 1970ern bei " Roxy Music " ausstieg, um eigenen Wege zu beschreiten, oder aber auch Michale Rother, der sich in der so genannten Düsseldorfer Szene mit den Bands " Neu " oder " La Düsseldorf " einen Namen machte, zusammenarbeiteten. 

Die Alben von " Harmonia " zeugen von jenen musikalischen Gehversuchen.

Weil es Michale Rother in dem zu einer Art Mekka der Elektronischen Musik heran reifenden Flecken Forst im Weserbergland, am Rande der Weser und des Solling gelegen, hier gut gefiel, verweilte der Musiker dort weiter, während die drei Herren aus Berlin irgendwann wieder in die Stadt zogen.

 Nun, Conrad Schnitzler projektierte dann weitere zu anderen Musikrichtungen. Er verstarb im Alter von 74 Jahren in Berlin; ebenso verstarb Dieter Moebius 2015 im Alter von 71 Jahren. In den Dekaden davor aber, traten sie alle mehr oder weniger auf kleineren Bühnen auf, um ihre Elektronische Musik darzubieten. 

" Cluster " war vielleicht nur ein Anfang, eines nie endenden Weges in einem Genre, dass mittlerweile viele Anhänger gefunden hat, wohl aber nie so richtig aus de



m Schattendasein heraus kommen wird.

https://de.wikipedia.org/wiki/Cluster_(Band)

Weshalb in dem längst sanierten Gutshaus Forst in der Gemeinde Bevern, am Rande des Solling, heutzutage keine elektronischen Klänge mehr zu hören sind, wohl aber Erinnerungen an jene Musik - WG - Jahre verbleiben. 

Von der Existenz dieses einmaligen Projekts hörte ich dann irgendwann in einer der vielen " Rock In " - Sendungen mit Winfrid Trenkler, der - so meine ich mich zu erinnern - einige Stücke aus der " Cluster " - LP " Sowieso " spielte. Vielleicht sogar diese hier:


 CLUSTER  -  Sowieso  -  1976:




-  Es war einmal  -

 -  In  Ewigkeit  -  



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