Da geht ein Pferd auf´m Weg......


 


Heute Morgen hörte ich in der Frühsendung meines Lieblingsnachrichtensenders " MDR aktuell " mal wieder eine weitere Folge aus dem regelmäßigen Programmbestandteil " Urteile der Woche ". Bekanntlich werden dort mehr oder weniger aktuelle Gerichtsentscheidungen zu alltäglichen Alltagproblemen aufgeführt und für den juristischen Laien mundgerecht zubereitet. Eine wunderbare Einrichtung des " MDR ", um dem Hörer das weite Gebiet der Jurisprudenz u hier der Dritten Gewalt etwas näher zu bringen.

Nun, die ausgesuchten Rechtsfälle sind vielfältig, so wie es unsere Gesellschaft und mit sowie in ihr lebende Menschen es ebenfalls sind. In einem der am heutigen 19. 11. 2022 angeführten Fälle geht es mehr oder weniger um das durchaus konfliktträchtige Nebeneinander zwischen Mensch und Tier im Straßenverkehr. Es geht um Haftung, um Regressansprüche bei einem Unfall und ganz banal, auch um die Frage, inwieweit Verkehrsteilnehmer sich vorausschauend zu verhalten haben.

Das Landgericht Koblenz entschied in einem solchen Fall, dass ein Halter aufgrund der von seinem Tier grundsätzlich ausgehenden Gefahr, bei einem durch diesem verursachten Schadens einem Anspruchsteller zum Ersatz verpflichtet ist. Konkret ging es hier um eine gestürzte und sich dabei verletzende Radfahrerin, die einem Pferd beim Passieren nicht mehr ausweichen konnte, weil dieses sich plötzlich seitwärts bewegte und mit seinem Hinterteil dabei die Radlerin touchierte.

https://www.mdr.de/ratgeber/recht/urteile-kontogebuehren-bausparer-tiergefahr-schadensersatz-studiengebuehr-auslaender-100.html#sprung1

https://www.ardaudiothek.de/sendung/urteile-der-woche-von-mdr-aktuell/35828604/ 

https://lgko.justiz.rlp.de/fileadmin/justiz/Gerichte/Ordentliche_Gerichte/Landgerichte/Koblenz/Entscheidungen/LG_Koblenz_9_O_140-21_-_Urteil_vom_14-10-2022_-_Pferd_schubst_Radlerin.pdf

Das Koblenzer Urteil stellt keinen Einzelfall dar, denn aufgrund der Unzahl von Pferdehaltern gibt es immer wieder vielfältige Unfälle, bei denen Mensch sowie auch Tier zu Tode kommen. Der Reitsport ist keineswegs eine risikoarme Freizeitbetätigung. Im Gegenteil, denn jährlich verunglücken einige Tausend Menschen, als auch Pferde. 

https://www.mdr.de/wissen/faktencheck/faktencheck-reiten-100.html

Und zu den astronomischen Kosten, die bei dem Halten eines eigenen Pferdes anfallen, möchte ich erst gar keine großen Ausführungen machen. Dieser Artikel einer Fachfrau hierzu spricht für sich:

https://www.fundis-reitsport.de/blog/haltung/kosten-pferd/

Beim erneuten Nachlesen zu dem vom MDR gesendeten Beitrag erinnerte ich mich an einen Rechtsfall, den ich einst - so in der Mitte der 1990er Jahre - auf meinen Schreibtisch bekam und der den mit dem Hobby - Reiten und jener Spezies von Menschen ( zumeist weiblichen Geschlechts ) verbundenen Irrsinn ansatzweise wiedergeben.

Eines Tages gab es auf dem Privatreiterhof in der Nähe von Bremen eine heftige Auseinandersetzung zwischen verschiedenen Gruppen von Pferdehaltern und Freizeitreitern. Der Auslöser hierfür war eine nicht gerade unproblematische Verletzung einer dort eingestellten Stute am rechten Vorderlauf. Der dazu gerufenen Tierarzt diagnostizierte eine klaffende Wunde oberhalb des Fesselgelenks; jedoch keinen Bruch.

Die Behandlungskosten beliefen sich auf zirka 2.800 DM. Nicht gerade wenig für eine alleinstehende Frau mit einem durchschnittlichen Einkommen. Auf der Suche nach der Ursache für die eher ungewöhnliche Verletzung, erhielt die Halterin der Stute einige Informationen, wonach ein Wallach, der ebenfalls auf der Weide stand, beim Streit an de dortigen Wassertränke nach hinten ausgekeilt habe und die seitwärts stehende Stute verletzt habe.

Aus der eher vagen Mitteilung wurde alsbald ein handfester Streit unter den beteiligten Parteien. Die Halterin der Stute schaltete einen Rechtsanwalt ein, der die Zwistigkeiten noch weiter schürte. Irgendwann danach wurde ich von dem anderen Pferdehalter beauftragt, die Rechtssache für diesen weiter zu verfolgen. Es kam zu einem Zivilprozess, denn die Tierhalterhaftpflichtversicherung weigerte sich den vollen Betrag für die angefallenen Behandlungskosten zu übernehmen. Sie argumentierte, dass eine 50 %ige Mithaftungsquote anzusetzen sei, die sich aus der allgemeinen Tiergefahr ergebe. 

Die sich aus § 833 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ergebenen, vom Bundesgerichtshof entwickelte " Tiergefahr " besteht - grob ausgedrückt - darin, dass der Halter eines Tieres jederzeit mit einem arttypischen Verhalten rechnen muss. Die herrschende Meinung in der Jurisprudenz geht deshalb bei Fällen, innerhalb derer Tiere Schäden verursachen, der Halter haftbar gemacht werden kann, wobei ein Mitverschulden dann angenommen werden muss, wenn ein Tier einem anderen dabei Verletzungen zufügt.

Die Tiergefahr spielt bei einer Vielzahl von Schadenereignissen eine gewichtige Rolle und schlägt sich deshalb in der hierzu ergangenen Rechtsprechung nieder:

https://verkehrslexikon.de/ModuleB/Tiergefahr.php#200     

Nun, in der erstinstanzlichen Entscheidung des Bremer Amtsgerichts bekam die Klägerin im vollen Umfang Recht. Der Halter des angeblichen ausschlagenden Wallachs sollte die gesamten Behandlungskosten sowie auch die Folgekosten der anstehenden Nachbehandlung zahlen. In einer langen Zeugeneinvernahme kam der Richter zu dem Ergebnis, dass es der Wallach des beklagten Mandaten gewesen sein müsse, der der Stute der Klägerin die Verletzungen zugeführt habe. Die glaubhaften Zeugenaussagen eines Paars, das dort ebenfalls ihre Pferde eingestallt hatte, die zum fraglichen Zeitpunkt auf der Weide gestanden haben sollen, führte zu einer entsprechenden Verurteilung. Angeblich soll der schlagende Wallach anhand der dunkelblauen Bandagen von diesem Einsteller - Paar als " Schläger " erkannt worden sein.

Tja, der Amtsrichter verließ zudem bei seiner Urteilsfindung auf das juristische Geschick seines ihm zu Ausbildungszwecken zugewiesenen Rechtspraktikanten, der indes offenkundig keine Ahnung von der herrschenden Meinung sowie Rechtsprechung in solchen Fällen hatte. Während der die Besitzerin der verletzten Stute den vollen Schadenersatz zusprach, sah es einige Monate später ein Vorsitzender Richter an der 1. Zivilkammer als Berufungsinstanz anders.

Als er uns bei der mündlichen Verhandlung im wahrsten Sinne des Wortes an die Kandare nahm. Zunächst bügelte er meine vorgetragenen Einwände nach der fehlerhaften Beweiswürdigung und die vorgetragenen Argumente, wonach das als Zeugen heran gezogene Paar als unerheblich ab. Die Beweiswürdigung sei rechtsfehlerfrei vorgenommen worden, so knallte er mir seine Entscheidung dazu um die Ohren. Dann aber kam der werte Herr Kollege, ein promovierter, in der Nähe von Bremen niedergelassener Rechtsanwalt, an die Reihe. " Herr Dr. A.... . Sie kennen sicherlich doch § 833 Satz 1 BGB und die dazu ergangene BGH - Rechtsprechung? ", wollte er von diesem wissen.

" Die Kammer hat reihenweise derartige Fälle auf den Tisch bekommen und hierzu immer gleich entschieden. Ähnlich den Fällen mit einer läufigen Hündin oder irgendwelchen Beißattacken bei Rüden, gilt die Tiergefahr auch bei Pferden, Herr Dr. A... ". 

Dann führte er weiter aus, warum die Berufungskammer des Landgerichts Bremen keinerlei Veranlassung sehe, von dieser Rechtsprechung hier abzuweichen. Er bügelte die erfolgenden Einwände des werten Herrn Kollegen in oberlehrerhafter Manier ab. Das Urteil des Amtsgerichts wurde deshalb zum Teil aufgehoben und so abgeändert, dass die Klägerin lediglich die Hälfte der Tierarzt - und Behandlungskosten zugesprochen erhielt. Diese wurden dann von der Pferdehaftpflichtversicherung, der R + V in Hannover übernommen. Ebenso meine kompletten Gebühren und die Hälfte der Gerichtskosten. Da der promovierte Kollege mit einem so genannten Feststellungsantrag den Streitwert in Höhe gejazzt hatte, km ein ordentliches Sümmchen zusammen.

Einige Zeit später, die Halterin der verletzten Stute hatte den Reiterhof längst verlassen und ihr Pferd woanders eingestallt. Ebenso das sich als Augenzeugen des Vorfalls erklärende Paar nebst derer beiden Shire Horses ( Kaltblüter ). Die Stutenbesitzerin deshalb, weil es ihr wohl peinlich war, sich wegen des Rechtsstreites auf dem Hof weiterhin sehen zu lassen; die beiden Zeugen deshalb, weil sie nämlich inzwischen als Lügner entlarvt worden waren. Bei dem " Schläger " handelte es sich nämlich um ihren eigenen Shire Horse - Wallach, der nicht nur andere Pferde über die Koppeln und Weide jagte und dabei austrat, sondern zudem das Pony meiner Tochter wie ein Spielball mit seinem starken Gebiss in die Höhe hob und es dann wieder fallen ließ.

Dieses alles wurde, wie der Vorfall mit der verletzten Stute auch, von Kindern, die sich auf dem Hof befanden, genau beobachtet und später an mich heran getragen. Der Halter des Shire Horse - Wallachs war nämlich ein krimineller Hehler und Drogendealer, dessen mieser Charakter sich auf sein Pferd, das er schlecht behandelte, übertrug. Da der Drecksack natürlich keine Pferdehaftpflichtversicherung besaß, konstruierte er zusammen mit seiner Freundin einen Geschehensablauf und log den anderen Einstellern vor, dass der Wallach des Mandaten die Stute verletzt habe.

Nun, ich hätte daraufhin die Rechtssache vielleicht wieder aufrollen lassen können, indem ich gegen die beiden lügenden Zeugen eine Strafanzeige gestellt hätte. Doch, einerseits war bei den beiden " Zeugen " eh nichts zu holen, andererseits wollte ich mir das elende Gelaber der Einsteller auf dem Hof hierzu nicht noch einmal antun.

Pferdehalter, Reiter und alle anderen mit diesem Sport verbundenen Menschen zählen für mich zu einer recht eigenartigen Spezies - um nicht gleich zu scheiben: Bei ihnen fährt meistens der Fahrstuhl nicht ganz nach oben.

Deshalb steht dort immer ein Pferd auf´m Flur!


JASPER WRATH  -  Autumn  -  1971:





            


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