Das Amtsgericht in Mönchengladbach, die Santander Consumer Bank und die Klageflut.



Was macht ein Vertreter der Dritten Gewalt, wenn er nicht mehr weiter weiß? Er schlägt einen " faulen " Kompromiss in Form eines Vergleichs vor.
Was geschieht, wenn ein Dezernent einer Abteilung sich mit zu vielen Verfahren beschäftigen muss? Er erklärt sich für überlastet und lässt dieses von Amts wegen in einer Richterdienstbesprechung feststellen und anschließend öffentlich durch einen Aushang bekannt geben, damit keine unliebsamen Anträge oder Verfahren dazu durch die vielen hungrigen Rechtsanwälte auf ihn zukommen können.
Was geschieht, wenn ein Amtsgericht plötzlich mit zusätzlichen 10.000 (!) Zivilrechtsklagen konfrontiert wird?  Der Amtsgerichtspräsident ordert zusätzliches Personal über das zuständige Landesjustizministerium und richtet für sich selbst ein Dezernat ein und erklärt vielleicht den " Stillstand der Rechtspflege ".

Vom " Stillstand der Rechtspflege " wird dann ausgegangen:

§ 245
Unterbrechung durch Stillstand der Rechtspflege

Hört infolge eines Krieges oder eines anderen Ereignisses die Tätigkeit des Gerichts auf, so wird für die Dauer dieses Zustandes das Verfahren unterbrochen.



Das Amtsgericht in Mönchengladbach ist ein erstinstanzliches Gericht, wie es ein solches 650 Mal in diesem, unserem Lande gibt. Es ist - wie in dieser Form üblich -  in  diverse Abteilungen gegliedert.

http://www.ag-moenchengladbach.nrw.de/

http://de.wikipedia.org/wiki/Amtsgericht

Nichts spektakuläres also. Und dennoch hat das AG Mönchengladbach eigentlich für eine kleine, aber dafür unfeine Episode in der unendlich langen Justizgeschichte gesorgt. Und die Ursachen hierfür liegen in Karlsruhe, genauer gesagt, beim Bundesgerichtshof. Und noch exakter formuliert: Beim dem dort ansässigen 11. Zivilsenat. Der hat nämlich durch vier Urteile im Mai und Oktober 2014 eine wahre Klageflut für eine Reihe von Amtsgerichten verursacht.

Der so genannte Bankensenat beim Bundesgerichtshof hatte dabei die bestimmten Passagen in den Allgemeine Geschäftsbedingungen der Banken für unwirksam erklärt und geurteilt, dass die darauf fußenden Kredit - und Darlehnsbearbeitungsgebühren nicht erhoben werden dürfen, weil es im Interesse der Banken als Geldgeber liegt, wenn diese eine Bonitätsprüfungen des Kunden zuvor durchführen. Besondere Gebühren, die dann dem Kunden auferlegt werden, sind deshalb  nicht berechenbar.
Nun, die Banken gaben sich mit den beiden bemerkenswerten Entscheidungen des BGH nicht zufrieden und argumentierten, dass die Erstattung der zu Unrecht erhobenen Bearbeitungsgebühren nur für Verträge zu erfolgen habe, die bis zu 3 Jahren  den Urteilen vom 13. Mai 2014 abgeschlossen wurden; alle übrigen Ansprüche, nämlich von 2010 an, seinen gesetzlich verjährt.

Doch auch mit dieser Argumentation fanden die Banken bei dem höchsten Zivilgericht kein Gehör. Der wiederum zuständige 11. Zivilsenat entschied, dass die Anspruchsverjährung in solchen Fällen nicht 3 sondern 10 Jahre beträgt und die Verjährung mit dem 29. Oktober 2014 zu laufen beginne; womit sämtliche Ansprüche aus den Altverträgen ab 2010 bis 2005 jedoch mit Ablauf des 31. 12. 2014 endgültig verjährt seien.

Was sich in den Tagen, Wochen und Monaten nach diesen beiden Urteilen vom 28. Oktober 2014 dann abspielte, war zunächst für alle betroffenen Kunden ein Horrorszenario. Mit windigen, wahrheitswidrigen und unvollständigen Informationen versuchten viele Banken die fordernden Kunden abzuspeisen.

Im Internet entstand auf vielen einschlägigen Seiten und in unzähligen Foren deshalb ein wahres " Bank Bashing ", ein " Shit Storm " tobte sich zum Teil dort aus. Unter den besonders kritisierten Banken befand sich auch die Santander Consumer Bank in Mönchengladbach. Dieses spanische Finanzinstitut hat sich in den letzten zwei Dekaden vor allem auf Konsumentenkredite spezialisiert und unterhält dort eine selbständige Niederlassung.

Und so kam es, wie es kommen musste, die Hinhalte - und Salamitaktik der Santander Consumer Bank führte zu einer wahren Klageflut gegen das Kreditinstitut. Weil viele ehemalige Kunden sich hinters Licht gestellt fühlten, überzogen sie - ob mit oder ohne Rechtsanwalt - die Bank mit Mahnbescheiden und sogar Klagen.

Insbesondere die Woche nach Weihnachten wurde für die Mitarbeiter des Amtsgerichts Mönchengladbach zu einem wahren Martyrium. Das in der Geschäftsstelle eingerichtete Telefaxgerät stand ab dem 27. bis 31. Dezember 2014 keine Sekunde lang still.

So summierte sich die Zahl der gegen die Santander Consumer Bank bis zum 31.12.2014 eingegangenen Klagen auf sage und schreibe 9784.
Ein Rekord. Ein Horrorszenario für das Amtsgericht in Mönchengladbach.

Um dieser wahren Klageflut Herr zu werden, musste das Gericht eine Reihe von Justizangestellten über das zuständige Oberlandesgericht in Düsseldorf als Verstärkung anfordern. Sämtliche Klagen müssen nämlich mit einem Aktenzeichen versehen  und der zuständigen Geschäftsstelle des entsprechenden Richter zugeleitet werden.

Da lagen die Akten nun und warteten auf weitere Bearbeitung. Doch, es war niemand zum Bearbeiten da. Das zuständige Dezernat des Richters war überlastet, denn wer kann schon neben seinem üblichen Pensum von etwa 350 bis 400 Rechtsfällen, weitere 9.784 Klagen bearbeiten?

So mussten neue Dezernate aufgebaut und mit Richtern besetzt werden, Selbst der Amtsgerichtsdirektor Schönauer übernahm ein solches und quälte sich ab dem 01.01.2015 mit den Santander - Klägern zusammen mit diesen Richterinnen und Richtern ab:



Richter am Amtsgericht Kamp
Richter am Amtsgericht Flören
Richter am Amtsgericht Pannhausen
Richterin am Landgericht Dr. Unzen
Richterin am Landgericht Joecks
Richterin Becker
Richter Dr. Kral
Richterin Schubert
Richterin Schmitz

So geschah das, was der BGH eigentlich vermeiden wollte: einen Klage - Tsunami zu verursachen. Weil aber das existenzielle Dreigestirn aus: " Recht haben - Recht bekommen - Recht durchsetzen - nun den Santandisten völlig schnurz - piep - egal war, ließen sie auch noch eigenes dafür mandatierte Rechtsanwälte an die Rechtsfälle herumdoktern.
Nach dem Motto: Viel Feind´, viel Ehr´, stocherten die Herren Kollegen aus Mönchengladbach mit ihren juristischen Kenntnissen auf der Stange, im Nebel des personifizierten Grauens herum; das da heißt: Santander Consumer Bank - Vorstand.

Und dort liegt denn auch die wahre Ursache für das Dilemma des Amtsgerichts in Mönchengladbach. Hätten die Herren des hoch bezahlten Vorstands dieser Bank Größe bewiesen, wäre ein solches, standardisiertes Kundenanschreiben, das in sich schon Unwahrheiten enthält, nicht verfasst worden.
So aber folgte Mahnbescheid auf Mahnbescheid, Klage auf Klage und - zudem - Zehntausende von Schreiben der von Kunden eingeschalteten Schlichtungsstelle.
" Viel Feind´, wenig Ehr`", so könnte hier die richtige Losung für die Beteiligten auf Seiten der Santander Consumer Bank lauten.

Und weil die Mühlen der Justiz beim AG in MG nicht schneller als sonst mahlen, werden viele der klagenden Ex - Kunden und Noch - Kunden bis in den Sommer sowie darüber hinaus auf eine Entscheidung warten müssen. Die dann in der überwiegenden Mehrzahl lautet:
." .... Die Beklagte wird verurteilt,....."

So fallen weitere Kosten für diese uneinsichtige Bank in Höhe von einigen Millionen Euro an, denn neben den Gerichtskosten, den Kosten für die Beauftragung von Rechtsanwälten, sind sogar Gerichtsvollzieherkosten angefallen. Das hätte sich diese Bank sparen können. 




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