Social Freezing, das Märchen von der unbefleckten Empfängnis und dem designeten Wunschkind auf Abruf.


Da las ich kürzlich in einer " SPIEGEL " - Ausgabe, dass es chinesischen Forschern gelungen sei, menschliche Embryonen so zu manipulieren, dass es dadurch möglich sein könnte, einen Menschen nach Maß zu züchten ( SPIEGEL - Nr. 19 / 2015, S. 119 ff ).
Dann berichtete das Hamburger Nachrichtenmagazin in der darauf folgenden Ausgabe vom 9. Mai 2015 über ein Treffen von Frauen im New Yorker Stadtteil Manhattan, auf dem es neben kredenzten Prosecco, um Fragen zu den Möglichkeiten der Eizellen - Aufbewahrung, dem so genannten " Social Freezing " ging. Bei der Party wurden dann ernste Themen, wie das richtige Alter zum Kind bekommen, die richtige Aufbewahrungsmethode für die dazu eigens entnommenen Eizellen und natürlich auch deren Kosten ( zwischen 8.500 bis 18.000 US - Dollar zuzüglich 1.000 Dollar pro Jahr für die Lagerung ) diskutiert. Gekommen waren hierzu und auf Einladung der US - Firma " EggBanxx " ausnahmslos wohlhabende und Karriere orientierte Damen aus der Upper Eastside - Region, jenem Stadtteil des 8,3 - Millionen Molochs, die es beruflich, gesellschaftlich und partnermäßig zunächst geschafft zu haben scheinen. Typische Middle Class - Exponentinnen eben, deren Gedanken sich eben noch zwischen der nächsten Shopping - Meile, dem Feierabend - Drink in hippen Bars sowie der kommenden 60 - 80 - Stundenwoche in irgendeiner Anwaltsfabrik, einer Marketingklitsche oder einer Investmentbank drehten.

Nun soll sich die Frage klären lassen, ab wann es opportun ist, an den erwünschten Nachwuchs denken zu können. Die selbst ernannten Experten von " EggBanxx " können da weiter helfen. Schließlich dräut bei den Ende Zwanzig - bis Mitte Dreißigjährigen die nicht unberechtigte Angst, wegen eines Kindes schnell die andere Seite des Hudson bewohnen zu müssen, weil frau sich die exorbitant hohen Mieten nicht mehr leisten kann. Der damit verbundene gesellschaftliche, der soziale Abstieg wäre somit ein " Sticker Shock ", so, wie die Preise der Eizellen - Aufbewahrer von " EggBanxx ", die bei einer Lady im höheren Alter mit etwa 20.000 Dollar angegeben werden.
Der " Sticker Shock " kommt vielen auch dann, wenn sie nicht, wie in dem eigentlich für diese Wortschöpfung zutreffenden Preisschilder,bei einer Shopping - Tour schauen.
Nach der " Social Freezing Party " von " EggBanxx " trollen sie sich wieder, die fein kostümierten und adrett frisierten Schönen im Business - Alter von Manhattan. Reproduktion aus der Retorte zum Wunschzeitpunkt ist eben nicht für Lau zu haben. Und die Grenzen des schissigen Konsumlebens sind deshalb schon bald erreicht, weil die Verdienst sich eben nicht ad infinitum steigern lassen.

Vielleicht sollte es dann doch auf die herkömmliche Methode versucht werden. Dieses ist viel billiger und Spass macht es zudem auch noch.
Vor allem läuft Frau nicht Gefahr, dass es zu Verwechselungen der Eizellen kommen kann, so. wie es jenen beiden Damen in Ohio erging, die bei einer künstlichen Befruchtung mit Spendersamen, das falschen Sperma erhielten. Statt des auserwählten Samens mit der Katalognummer 380 , erhielten die Frau und ihre Partnerin das Sperma Nummer 330, dass ein farbiger Amerikaner abgegeben hatte.
Bestellt wurde jedoch der Samen eines großen, hellhäutigen, blauäugigen Amerikaners mit guter Schulbildung.

Was in dem " SPIEGEL " - Artikel ( Ausgabe 16 / 2015 ) dann weiter berichtet wird, gleicht einer Filmgeschichte, wie sie beispielsweise von dem klassischen Fall der verwechselten Säuglinge in einer der riesigen Geburtskliniken erzählt wird. Die Frauen aus Ohio bestellen aus dem erhaltenen Katalog 2 Fläschchen Sperma zu je 400 Dollar und versuchen es mit einer künstlichen Befruchtung. Diese schlägt bei der jüngeren Partnerin und versuchten Mutter Jennifer C. zunächst fehl. Daraufhin bestellt das Paar erneut 6 Fläschchen des Spenders mit der Nummer 380, erhält jedoch den Samen des Mannes mit der fort laufenden Nummer 330.

Jennifer wird dann tatsächlich schwanger und bekommt ein farbiges Baby. Nachdem die beiden Frauen den Schock einigermaßen überwunden hatten, strengten sie nun eine Klage gegen die Lieferfirma des Sperma an. Die Midwest Sperm Bank soll verurteilt werden, der Mutter Jennifer ein Schmerzensgeld von 50.000 US - Dollar und mehr zu zahlen, weil der Spermalieferant die katalogmäßige Zusicherung nicht eingehalten habe und es dadurch zu einem " Wrongful Birth " gekommen sei.
Ein bisher einmaliger Vorgang in den ansonsten durch skurrile Prozesse und Gerichtsentscheidungen bekannten Vereinigten Staaten.

Das Leben der beiden Frauen in dem stock - konservativen und von Weißen beherrschten Gebiet des Bundesstaates Ohio hat sich seit der Geburt der Tochter radikal geändert. Das lesbische Paar fühlt sich ausgegrenzt, stigmatisiert. Nun soll das Bezirksgericht von Cook County im Bundesstaat Ohio entscheiden, ob den beiden Frauen ein Schadensersatzanspruch zusteht.

Inzwischen wurde das Sperma des einst erwünschten Spenders mit der Nummer 380 aus dem Katalogangebot heraus genommen. Der Mann hatte bereits viele Nachkommen künstlich gezeugt dass eine Inzestgefahr bestand.

Auch hier hat der Eingriff in den biologischen Ablauf des menschlichen Lebens seine Grenzen erhalten. Tatsächlich gibt es weder das Bibel - Märchen von der unbefleckten Empfängnis, noch die uneingeschränkte Möglichkeit, ein Wunschkind aus der Retorte mittels Kataloganpreisung zu einer der Frau genehmen Zeit erhalten zu können. Manipulationen an dem vorgesehen Abläufen der Natur rächen sich eben - früher oder später.


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