Zettel - Wirtschaft


Nicht nur mit zunehmenden Alter kann der Mensch vergesslich werden. Wobei fein säuberlich zu unterscheiden wäre, ob es sich dabei um Dinge handelt, die im Laufe der Jahre sich irgendwann aus dem Gedächtnis entfernt haben oder eben solche, die nie dort vorhanden waren. Um solche - vielleicht dann auch - Peinlichkeiten zu verhindern, gibt es unter anderem die Möglichkeit, eine so genannte Gedächtnisstütze zu erstellen.

Der Einkaufszettel zählt zu jenen Gedächtnis unterstützenden Hilfsmittel, die dem - nicht selten - gestressten Menschen in seinem komplexen Lebensumfeld ein wenig Beistand gibt.

Als ich heute Morgen die sonntäglich Bäcker - Brötchen vom der nahe gelegen Verkaufsstelle holte und dabei in einer Warteschlange stand, sah ich ihn. Einen Einkaufszettel. Er lag neben einer Holzpalette auf der für gewöhnlich Verkaufskisten mit Blumen, Sträuchern sowie Gartenerden aufgereiht stehen. Irgendein Kunde hatte den Zettel wohl verloren oder auch achtlos weggeworfen.

Als ich mich beim Warten in der Schlange nach eben jenem weißen Zettel bückte, las ich folgende Worte:

- Katzenfutter


- Waschpulver


- Wasser


- Zigi


- Klopapier


- Wurst


Aha! Anhand der aufgeschrieben Artikel könnte ein Außenstehender erkennen, um wen es sich bei jenem möglichen Kunden handelt. " Katzenfutter " lässt den Schluss nahe legen, dass der Kunde Katzenhalter ist. Er wird das " Katzenfutter " sicherlich nicht selbst verzehren, so wie jene verarmten Rentner in der Kölner Südstadt, von denen ich vor vielen Jahren eine sozialkritische Dokumentation gesehen hatte. 

" Waschpulver ", lässt erahnen, dass der Käufer über eine Waschmaschine verfügt. Obwohl auch Handwäsche mit jener Errungenschaft der chemischen Industrie möglich wäre. 

" Wasser ", damit ist eigentlich Mineralwasser gemeint, dass es - je nach Marktsortiment - als " Stilles Wasser ", als kohlensäurehaltiges Wasser oder in der Geschmacksrichtung " Medium " gibt. Die Preisunterschiede sind hier bekanntlich gewaltig. Von lumpigen 0,19 Eurocent je 1,5 Liter - Flasche bis zu 0,70 Eurocent / Liter sind dort PET - Flaschen zu bekommen.

Dann stand dort ein Wort, eine Abkürzung, damit konnte ich zunächst nichts anfangen: " Zigi! " !? Häh!? " Zigi "!? Was oder wer ist " Zigi " !? Das beinahe all wissende Internet gibt auch hierzu Auskunft:

https://de.wikipedia.org/wiki/Zigi

Da jener Kunde wohl kaum eine Gegend in der Schweiz, noch einen ghanaischen Fußballtorwart erwerben wollte, bleiben eben die Zigaretten übrig.

Tödliches Gift für die Lungen, den Körper insgesamt und - " Corona " mal bei Seite gestellt - für die Lebenserwartung auf diesem, unserem Planeten.

Also: Der Kunde ist Raucher!

Dann folgte " Klopapier ". Boah, ey, vor mehr als einem Jahr überall und nirgends ausverkauft. Toilettenpapier wurde dank des steigenden Verblödungsgrades vieler Deutsche ( aber, nicht nur dieser ) zum wahren Luxusartikel in der Seuchen - Zeit. Inzwischen haben sich die Preise und das Angebot auf ein irdisches, für Hunderte Millionen täglicher Nutzer akzeptables Niveau eingepegelt. " Corona " wird und darf somit, jenseits der Sinnfreiheit solcher Hamsterkäufe durch zu viele Vollpfosten in Deutschland, weiter wüten.

Zum Schluss stand dort " Wurst " geschrieben. Na,ja, das könnte viel bedeuten. Unter Wurst ist nämlich viel zu verstehen. Zu diesem Begriff lassen sich Roman - Bände schreiben. Ganze Regalwände füllen und Internetseiten in Terrabyte - Größenordnungen einstellen.

" Wurst " ist im Land der Schweinefresser ein kulinarisches Grundbedürfnis. Es gibt sie für ein paar Euro je Kilogramm bis zu ein Hundert Euro. Je nach Hersteller, Geschmacksrichtung, Zutaten und Geldbeutel.

Somit lässt sich aus dem gefundenen Einkaufszettel heraus lesen:

Der Zettel - Verlierer dürfte demnach ein  rauchender, Mineralwasser trinkender Wurstesser, Katzen - und Waschmaschinenbesitzer sein. Und zudem, deutet der verlorene Einkaufszettel daraufhin, dass er bereits einige Jahrzehnte auf dieser Welt ist, denn er fertigte zur Gedächtnisunterstützung just diesen weißen Zettel mit Begriffen / Stichworten an. Unter jüngeren Kunden gilt eine solche Einkaufshilfe als uncool. Sie kramen lieber das smart phone heraus und tippen und wischen darauf herum, wenn sie ihren Einkauf erledigen wollen. 

Ich zähle seit mindestens 5 Dekaden zu der Fraktion der Zettelschreiber. Einkaufslisten oder Einkaufszettel - so habe ich es einst vor mehr als einem halben Jahrhundert gelernt, als ich regelmäßig für  meine berufstätige Mutter nicht selten kleinere Einkäufe erledigte - haben etwas ganz persönliches. Nicht nur die eigene Handschrift, die bei mir eher eine unlesbare " Klaue " sein dürfte, lässt eine solche Einkaufshilfe zum Unikat werden, nein, auch das Aneinanderreihen, das untereinander Stehende, jene Benennung von Waren, Artikeln, Sorten, Größen, Besonderheiten, dürften nach dem Kauf wohl einmalig sein. Ein Einkaufszettel könnte - etwas frei interpretiert - sogar ein Art von Kunstwerk sein. Doch so schnell wie er geschrieben ist, so zügig verschwindet er in jener schnelllebigen Zeit wieder aus dem eigenen Leben. Das Aufheben solcher kleinen Aufzeichnung birgt nämlich die Gefahr, dass das ganze in eine Zettel - Wirtschaft ausartet und damit unübersichtig wird. Das könnte sodann ungewollte Folgen mit sich bringen. Etwa die, dass der Konsument - eher unabsichtlich - plötzlich Klo - Papier hortet und dieses ohne den " Corona " - Effekt. 



CLUSTER  -  Caramel  -  Zuckerzeit  -  1974:





   

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