Zum Ende der Saison ( Ausgabe 2022 )


Draußen wird es langsam hell. Ich sitze am Küchentisch und daddele auf dem betagten iphone herum. Daddeln ist eigentlich nicht der richtige Ausdruck, denn die herunter geladenen Gratisspiele erwarten von mir, dass ich mir bekannte Begriffe eingebe, um dafür Punkte zu erhalten und damit den Gegner, den virtuellen Feind ( zumeist ein aufgerufenes Programm auf eine Strom fressenden Großrechner / einer riesigen Rechenanlage ) besiegen zu können. Da gelingt mir nicht immer, aber je nach Spielzeit immer öfter.

Damit generiert das Unternehmen, welches diese Spiele - vermeintlich - gratis anbietet, seine Geld, denn nach spätestens zwei bis vier Spielzügen / Eingaben ploppt Werbung auf das Display des Wunderdings in Westentaschenformat, um mich damit daran zu erinnern, irgendwelche anderen - dann aber Bezahlspiele - herunter zu laden. 

Das eigene Leben ist eben keineswegs eine Gratisveranstaltung. Der Mensch muss in der Regel für seine selbst ausgewählten Inhalte, für seine Sucht, Sehnsucht und viele Eitelkeiten den schnöden Mammon als Gegenwert bieten, sonst gibt´s nix.

Mit dieser grundlegenden Erkenntnis begann ich denn auch einen Artikel im " SPIEGEL " - Nummer 36 / 2022 ab Seite 103 zu lesen. Inzwischen graute nämlich der Herbstmorgen des 11. September heran. Das Licht des neuen Tages verdrängte die Dunkelheit der vergangenen Nacht. Und weil ich mich als notorischer Frühaufsteher aus Energiespargründen mittlerweile weigere die Beleuchtungsleiste an der Küchendecke anzuknipsen, warte ich solange ab, bis ich den Text in jenem besagten " SPIEGEL " - Beitrag lesen kann.

Dieser besteht aus einem gut strukturierten Gespräch mit einer Hochschulprofessorin der " Leuphana Universität Lüneburg ", die nebenbei als Autorin eines Sachbuchs mit dem Titel " Unsere Welt neu denken " bekannt geworden ist. Tja, Frau Professor/in Maja Göpel saß zudem und wohl auch deshalb dem " Wissenschaftlichen Beirat der Bundesregierung " als dortige Generalsekretärin   bei. Das war noch zu Zeiten der " ewigen Kanzlerin " ( " Sie kennen mich! " ) Angela Merkel. Was dieses Hilfsgremium bei dieser erreichen konnte, bleibt überschaubar, denn zu Merkels 16jähriger Regentschaft zählt nun wahrlich nicht, dass die Wirtschaft und vor allem die ökologischen Einstellungen der Gesellschaft sich signifikant verändert haben. Klimakrise hin, Energiepreisexplosion her, der Deutsche liebt sein Auto, seine Schiffs - und Fernreisen und seinen High Tech - Grill, basta!

Während des Lesens jenes abgedruckten teils des " SPIEGEL " - Gesprächs mit Frau Professorin Dr. Maja Göpel, die laut " Wikipedia " aus einem vorbelasteten Familienumfeld aus der Nähe von Bielefeld stammt, erreichte ich eine Passage, innerhalb derer sie ihre - mutmaßlich persönliche Aversion - gegen die Besitzer / Fahrer von hochpreisigen Karossen auf der Katastrophen - Insel Sylt zu Felde zieht.

" Fetter Geländewagen " und Sylt, ja, das passt wie die berühmte Faust aufs Auge. Genau jene Beschreibung ist dermaßen zutreffend und wenn die Gesprächspartnerin dann auch noch heraus plaudert, dass die " Einheimischen " ( von denen gibt es dort nur noch eine sehr begrenzte Anzahl ) von diesen Auto - Ärschen genervt sind, weil es deren Unart bleibt, mit ihrer PS strotzenden Verlängerung des " besten Stückes eines Mannes " auf dem schmalen Eiland hin und her zu fahren, damit ihr bestes, vierrädriges Teil auch von allen übrigen dort Verweilenden gesehen werden kann, kommt bei mir erneut die seit Jahrzehnten gehegte Aversion gegen das zum Sinnbild der spät - römischen Dekadenz gewordene Stück Land am Meer an der schleswig - holsteinischen Nordseeküste wieder hoch.

Sylt, da regt sich bei mir sofort Widerstand gegen jedwede Form des Massentourismus, der auf dieser Insel längst dauerhaft Einkehr gehalten hat und diese für ewige Zeiten verschandeln dürfte. Aber die Insel der einst " Schönen und Reichen " hat sich an selbst an jenen unsäglichen Trend des " Mehr Schein als Sein " verkauft. Sie ist zur Hure des eigenen Selbstverständnisses geworden, etwas Besseres als all jene westdeutschen Inseln darzustellen. 

Die Bestrafung dafür erfolgte auf dem Fuß. Statt Exklusivität macht es die Masse. Auch wenn eine solche gerne bereit sein sollte, für den schönen Schein mehr Moneten berappen zu müssen.

Als meine Eltern vor vielen Jahrzehnten auf diesem Stück Land am Meer ihren Kurlaub antraten, erlebten sie unter anderem dieses:

https://draft.blogger.com/blog/post/edit/8221564797470254880/8824969373921826557

Seit dem sind mehr als 36 Jahre. Die vergammelten Gehsteige wird es wohl nicht mehr geben, denn die Kommune nimmt täglich mehr als 1 Millionen Euro und  jährlich mehr als 507  Millionen Euro durch den Tourismus ein. Da wären marode Gehsteige eigentlich ein Skandal. Aber, ich würde niemals nie sagen, seit dem ich weiß, dass der zur Schau gestellte Reichtum bei vielen Auto - Protzern eigentlich keiner ist. Wie singen dazu die " PRINZEN " in ihrem Lied "  Alles nur geklaut " dazu zutreffend:

" .Ich bin tierisch reich. Ich fahre einen Benz, der in der Sonne glänzt ... Das ist alles nur geklaut und gestohlen, gezogen und geraubt ......  " 

Auch geleast, gemietet und auf Pump gekauft, geht auch!

Weshalb ich denn auch die Aussage einer damaligen Bankangestellten noch in Erinnerung behalten habe, die auf die Frage meiner verstorbenen Mutter, wie denn all diese teuren Autos, der zur Schau gestellte Luxus etc. zustande kämen, mit einer wahrheitsgemäßen  Antwort schon einst den Nerv der Zeit traf: " Ach, wissen Sie, dass hier müssen Sie nicht so ernst nehmen. Die meisten Autos gehören denen gar nicht und auch sonst ist vieles auf Pump gekauft. "

Nun, das mag für diejenigen Sylter, die wie Jauch, Kerner und Konsorten dank ihres Namens ein eben anstrengungsloses Einkommen von den Medien, der Werbung oder sonst wie generieren, nicht zutreffen. Aber, die zeigen sich auf Sylt so nicht. Sie wohnen eher am äußersten Rand der Rummelplatzes, der jetzt die Nachsaison eingeläutet hat. 

Das Ende der Saison naht für viele Urlaubsziele, denn der Sommer ist schon gegangen.  Wie heißt es so schön im Text des Sylters Reinhard Mey?

"  Du brauchst nicht mehr über die Gehsteigzuparker meckern. Die Autos - Schickimicki sind schon längst auf und davon. Mit ihren Pelzdamen, deren Hunde die Wege voll kleckern. Ich liebe das Ende der Saison . "

Sie werden vielleicht im kommenden Jahr wieder kommen, Vielleicht auch nicht, weil das Geld nach dem " Horror - Winter " nicht mehr ausreicht. Und wenn, dann müssen sie damit rechnen, dass ihr Aufenthalt auf der Insel wesentlich teurer geworden ist. 


MOUNTAIN  -  King´s Choral  -  Flowers Of Evil  -  1971:


JANE  -  Betwenn Heaven And Hell Pt. I  -  1977:
     



   

  


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