Normierter Klassenkampf


 

Am vergangenen Montag, den 26. März 2023, durften sich ab 21.15 Uhr - also beinahe zur Prime Time - eine handverlesene Frauengruppe darin versuchen, dem Zwangsgebührenzahle die Wirtschaft und den schädlichen Streik vom selbigen Tag sowie die Folgen der nicht existieren " Lohn - Preis - Spirale " ein wenig näher zu bringen.

Unter der durchaus professionellen Leitung des Frank Plasberg - Nachfolgers Louis Klamroth durften sich diese Damen einem Millionenpublikum zum Thema " Der große Streiktag: Gerecht oder Gefahr für die Wirtschaft ? ", saßen hoch zu Stuhle:

- Gitta Connemann, eine CDUlerin, die sich der Lobbyarbeit für den Mittelstand in diesem, unserem, reichen Lande, verschrieben hat. Die in Leer gebürtige Dame hatte hierzu bereits bei dem Vorgänger Frank Plasberg ausreichend Gelegenheit  (  https://draft.blogger.com/blog/post/edit/8221564797470254880/5155558651216887131 ).


-  Anja Kohl, eine durchaus kompetente Mitarbeiterin der Wirtschaftsredaktion der ARD / des ersten Programms, die unter anderem die Vorabendsendung " Börse vor Acht " mit moderiert und hierbei aktuelle Entwicklungen in der Wirtschaftspolitik mit einfließen lässt.

-  Marie  -  Christine Ostermann, die FDPlerin befindet sich als Multi - Funktionärin in einigen Bereichen von Handelsunternehmen sowie im Präsidium des Vereins " Die Familienunternehmer " in entsprechender Gesellschaft von weiteren Lobbyisten wieder.

-  Julia Riemer ist zurzeit als Straßenbahnfahrerin, vor allem aber als Betriebsrätin der Münchner Verkehrsbetriebe tätig.

-  Janine Wissler gehört dem Bundesvorstand " Die Linke " an und ist Mitglied der " ver. di " - Gewerkschaft.

-  Frank Bräutigam ist bei der ARD als Rechtsexperte tätig und durfte sich im Einzelgespräch mit dem Moderator Louis Klamroth zu dem montäglichen Warnstreik äußern.

- Fabian Schmitz übt derzeit den Berufs des Auslieferungsfahrers bei dem Fertigessenanbieter " Lieferando " aus und übt bei der Einzelgewerkschaft " Nahrung - Genuss - Gaststätten " den Beruf des Referenten aus. 


https://www1.wdr.de/daserste/hartaberfair/index.html   

Sie alle waren also an jenem Montagabend nach dem angeblichen " Megastreik " in Deutschland zur Abgabe ihrer Meinung angehalten. Die fiel - wie sollte es anders sein? - sehr verschieden aus. Mal ganz davon abgesehen, dass die Diskussions - oder Streitkultur gerade in jener Runde zu wünschen übrig ließ, kam so viel Substanzielles von den fünf Damen nicht über den Flatscreen. Wie auch?

Vom Arbeitsrecht und als Teilgebiet dessen, vom Streikrecht hatten - der Experte Frank Bräutigam mal ausgespart - sie nämlich keine Ahnung. Und so stritten sich die fünf Geladenen fleißig über den Sinn des Warnstreiks sowie die eventuellen Auswirkungen der - zum Teil als überzogen bewerteten -  Forderungen der Gewerkschaft. Mal davon abgesehen, dass ein ständiges " Ins  - Wort  - Fallen " durchaus, wie von den Kommentaren des Gästebuchs hinreichend kritisiert wurde - eher ungehörig, denn als qualifizierter Beitrag zum aufgerufenen Thema gelten muss, wurden hier und da nicht gerade wenige Begrifflichkeiten verwechselt oder gar falsch interpretiert, um die eigene Meinung als absolut hinstellen zu können.

Nein, es gibt keine " Lohn - Preis - Spirale ", das ist ein Begriff konservativer Ökonomen und Wirtschaftspolitiker und nein, die Gewerkschaften haben bei diesem Warnstreik nicht " ihre Muskeln spielen lassen ", wie es nicht selten in rechtsgerichteten Medien zu lesen stand, denn diese unterliegen bei solchen Aktionen klaren Regeln. Wenn sie die Wege des normierten Arbeitskampfes verlassen, droht ihnen eine zig Millionen schwere Schadenersatzforderung durch die Arbeitgeberseite. 

Einst, als die Gewerkschaften in dem Westdeutschland noch zahlreicher sowie mitgliederstärker waren, hätten Streiks, also Arbeitsniederlegungen, kaum eine derartige Wirkung auf die Ökonomie des Landes entfalten können. Das ist längst anders geworden. Weshalb bereits Stimmen aus den Reihen der Wirtschaftsparteien CDU / CSU und FDP, aber auch aus Teilen der SPD laut werden, das Streikrecht verschärfen zu wollen. Wie auch immer derartige Beschneidungen aussehen sollen, sie greifen weiter in den grundrechtlich normierten Bereich der Streikrecht aus Artikel 9 Absatz 3 des Grundgesetzes ein. 

Einst fabulierten eine Reihe von Anhänger diverser kommunistischer Splitterparteien von einem " normierten Klassenkampf ". Nun, gut mit reichlich Wohlwollen könnte dieses Argument in jenen Jahren nach der Gründung der BRD durchaus als er Realität entsprechend ins Feld geführt werden. Doch die sichtbare Alternative dazu in Gestalt des real existierenden Sozialismus war, dass es ein solches Streikrecht in jenen Staaten gar nicht gab. Im Gegenteil: Wer die Arbeit niederlegte, Lohnforderungen oder bessere Arbeitsbedingungen einzufordern, der wurde zum Straftäter und demnach von den repressiven Staatsorganen und der Justiz geschasst.

Weil die DDR  unter anderer wegen dieser nicht demokratischen Strukturen ihren Abgesang verkünden vollziehen musste und der real existierende Sozialismus gleich danach, sollte die Gefahr nicht verkannt werden, dass die - bislang nur bedingt umgesetzten - Forderungen aus den Reihen der Schwarzen und FDP, die Gewerkschaftsrechte zu beschneiden, mehr als kritisch betrachtet werden.

Es geht in dem aktuellen Tarifkonflikt nicht darum, dass diverse Gewerkschaftler ihre Funktionen dazu missbrauchen, um sich selbst und ihre Organisation in das mediale Licht zu bringen, weil der gesellschaftliche Stellenwert sowie die Akzeptanz ihres Handels sich angeblich im Sinkflug befände, sondern darum Arbeitnehmerrechte und Forderungen auf wirtschaftliche Teilhabe umzusetzen. Dieses hat - wie die " wilde Runde " bei dem sichtlich um Struktur bemühten Moderator Louis Klamroth - indes nicht einmal ansatzweise erkennen lassen. Stattdessen quälten Geistesgrößen, wie die gebürtige Ostfriesin Connemann, die Zuschauer mit sachfremden Plattitüden, wie beispielsweise den Unsinn: " Das müssen wir alle bezahlen. Mich haben schon Bürgermeister angerufen und erklärt, dass sie die Grundsteuer oder die Hundesteuer erhöhen, um das dann tragen zu können. "

Connemann ist keine Ökonomin und hat von Finanzierung keine Ahnung. Zu den Grundsätzen der Ökonomie, auch jener in Form des kameralistischen Wirtschaftens, zählt zweifelsohne die Möglichkeiten zur Kostensenkung ins Auge zu fassen. Will heißen: Bevor hier über mutmaßliche und aus parteiideologischen Gründen eilends in die Medien - und Nachrichtenwelt hinein gerotzten Behauptungen über die Nichtbezahlbarkeit der aktuellen Gehaltsforderungen zu schwadronieren, sollte Connemann und Konsorten laut darüber diskutieren, wie die längst überfällige Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung schneller voran getrieben werden kann, damit lässt sich nämlich jene Personaldecke ausdünnen, die immer noch erforderlich zu sein scheint, um simple Verwaltungsaufgaben erfüllen zu können, deren Rekrutierung indes mangels Attraktivität offenkundig immer problematischer zu werden scheint; von der behaupteten Nichtbezahlbarkeit mal ganz zu schweigen.

Nein, solche Flitzpiepen a´la Gitta Connemann, die ahnungslos durch die Talkrunden tingeln dürfen, erbringen für den unisono schon durch die Wortbeiträge der übrigen Damen gereizten Glotzer keine Erkenntnisse. Ganz im Gegenteil: Die CDUlerin Connemann ist ein Zumutung!


IF  -  I Could, nt Write And Tell You  -  IF 3  -  1971:




            


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