Schulabbrecher = ungelernte Versager?


 Vor einigen Tagen hörte ich über MDR Info einen Bericht zu einer kürzlich vorgenommen statistischen Auswertung zum Komplex " Schulabbrecher ". Will ein Außenstehender, der - so wie ich - die alten Stühle in den muffigen Klassenzimmer der sanierungsbedürftigen Schulen seit Jahrzehnten nur noch von weitem gesehen hat, sich ein Bild über en Realzustand des deutschen Bildungswesens machen, so sollte er solchen Statistiken nicht allzu viel Wert beimessen. Auch dort gilt eher der Grundsatz, wonach im wahren Leben alles oder zumindest vieles relativ ist.

Diese alt bekannte Leitlinie lässt sich uneingeschränkt auf die Statistik übertragen. Auch hier gilt nämlich, dass es auf den Standpunkt des Betrachters ankommt. Wenn nun beinahe jeder 9. Schüler eines Jahrgangs keinen Schulabschluss vorweisen kann, mag das zunächst erschreckend sein. Auf den zweiten Blick indes muss die Frage lauten: Von welcher Gesamtzahl ist bei diesem Wert auszugehen?

So steht zwar fest, dass die relative Zahl der Schüler ohne erreichten Abschluss im Bundesland Sachsen - Anhalt die höchste ist, jedoch dieses Bundesland nominell betrachtet keineswegs das Schlusslicht in dieser Statistik darstellt. 

Mit mehr als 10.000 Schülern ohne Abschluss führt nämlich das CDU regierte Nordrhein - Westfalen die Liste der Schüler ohne erreichten Abschluss an. Es folgen Baden - Württemberg und - hört, hört! - unser Bayern. Das bevölkerungsmäßig kleinere Sachsen - Anhalt liegt hier mit 1.671 erfassten Personen im Mittelfeld. 

Weil sich negative Meldungen eher besser verkaufen, tönt denn auch die regionale Presse aus dem Bundesland Sachsen - Anhalt über jene unrühmliche Entwicklung auf dem Sektor Schulausbildung:     


https://www.volksstimme.de/sachsen-anhalt/landespolitik/sachsen-anhalt-schlusslicht-bei-schulabschlussen-3213984


https://de.statista.com/statistik/daten/studie/73748/umfrage/schulabgaenger-ohne-hauptschulabschluss-in-deutschland/


Wie nicht anders zu erwarten haben die beiden Corona - Jahre  richtig ins Kontor geschlagen. Angeblich sollen in den nächsten Jahren beinahe 100.000 Schüler ohne Abschluss die Bildungseinrichtungen verlassen. Eine mehr oder weniger bedenkliche Zahl.  

Nach dem so genannten PISA - Schock 2001, als die Studie der OECD dem deutschen Bildungssystem einen de facto Offenbarungseid bescheinigte, hat sich zwar vieles verbessert. Doch scheinen jene Bemühungen nicht den erwünschten Erfolg mit sich gebracht zu haben, denn im internationalen Vergleich ist das Niveau in den hiesigen Einrichtungen lediglich mittelmäßig.

Nun mag die Qualität der Bildung eher mäßig zu sein. Was aber mit der Schulabbrecherquote eher weniger zu tun hat. Die Gründe für einen fehlenden Schulabschluss liegen wohl eher im sozialen Umfeld der Schulabgänger. Vornehmlich im Elternhaus. So könnte es eher sein, dass fehlende Motivation, die insbesondere von den Eltern zu verantworten ist, der Grund für ein schulisches Versagen ist.

Wer in der heutigen Zeit keinen Schulabschluss oder nur schlechte Noten vorweisen kann, wird gnadenlos abgehängt. Kein Abschluss, keine attraktiven Berufsmöglichkeiten. So weit, so überwiegend bekannt? Das mag für den Großteil der Schüler und ganz besonders der Eltern zutreffen, doch es gibt eine Minderheit, die jene Entwicklung offensichtlich nicht zur Kenntnis nimmt oder gar konsequent ignoriert.

 Wer sich aus dem Teufelskreis von elterlicher Gleichgültigkeit, einem prekären sozialem Umfeld und der dadurch verursachter Motivationsarmut nicht lösen kann, wird kaum berufliche Perspektiven erhalten und damit keine reelle Chance auf eine Verbesserung der eigenen Lebensbedingungen erhalten können.

Einmal Prekariat, immer Prekariat?

Es sieht beinahe so aus, denn zwischen der Herkunft, dem damit verbundenen Milieu und den schulischen Bedingungen existieren fatale Wechselwirkungen. Und dieses nicht nur im " Land der Frühaufsteher ", in Sachsen - Anhalt, das seit einigen Jahren das vermeintliche Schlusslicht innerhalb der eigentlich nichtssagenden Statistik zu der Zahl der jährlichen Schulabbrecher darstellt. Und dieses, obwohl die Ausländerquote dort niedrig ist:

https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Bevoelkerung/Migration-Integration/Tabellen/migrationshintergrund-laender.html  )

Und so soll nun eine kostspielige Studie, die das sachsen - anhaltisch Ministerium in Magdeburg bei der Universität Magdeburg in Auftrag gegeben hatte Aufschluss über die Gründe jener vornehmlich das Image des Bundeslandes nicht gerade förderlichen Entwicklung geben: 

https://mb.sachsen-anhalt.de/presse/pressemitteilungen/?tx_tsarssinclude_pi1%5Buid%5D=6777&tx_tsarssinclude_pi1%5Baction%5D=single&tx_tsarssinclude_pi1%5Bcontroller%5D=Base

https://forschung-sachsen-anhalt.de/project/schulische-unterrichtliche-determinanten-23850

So legten die Damen und Herren Wissenschaftler denn unter dem namensgebenden Kürzel " SEASA " sichtig mächtig ins Zeug und legten nach 32 monatiger Förderungslaufzeit zwei Studien vor:

https://www.wirtschaftsdidaktik.ovgu.de/Forschung/SEASA_Projekt-p-1014.html 

So klar die  Aufgabenstellung für das Team um Frau Professor Dr. Raphaela Porsch, bestehend aus: (  https://www.ewad.ovgu.de/Lehrstuhl/Personen/Lehrstuhlleitung.html ), 

Herrn Professor Dr. Robert W. Jahn ( https://www.wirtschaftsdidaktik.ovgu.de/Team/Prof_+Dr_+Robert+W_+Jahn-p-580.html ), Frau Dr. Melanie Baumgarten (  https://www.wirtschaftsdidaktik.ovgu.de/Team/Dr_+Melanie+Baumgarten-p-738.html ) sowie Frau Jennifer Quast ( https://www.ewad.ovgu.de/Lehrstuhl/Personen/Mitarbeiter%2Ainnen/Jennifer+Quast.html ) 

bei Beginn der Studie am 1. Juni 2021 war, so klar waren dann auch die Empfehlungen des Wissenschaftsteams: " Die besondere Klasse " Produktives Lernen in Schule und Betrieb " sollte als Lernangebot weitergehend flächendeckend an Schulen in Sachsen - Anhalt angeboten werden. "

https://www.wirtschaftsdidaktik.ovgu.de/wirtschaftsdidaktik_media/Forschung/Zusammenfassung+Abschlussbericht+SEASA+II.pdf  

Trotz dieser Empfehlung sieht es in dem Bundesland so aus.

https://www.volksstimme.de/sachsen-anhalt/landespolitik/sachsen-anhalt-schlusslicht-bei-schulabschlussen-3213984

Zudem muss sich gerade dieses Bundesland mit dem grassierenden Problem des Lehrermangels herum plagen:

https://www.zdf.de/nachrichten/politik/lehrer-mangel-schule-sachsen-anhalt-100.html 

Die Frage lautet deshalb: " Woher nehmen? " Zudem wird nicht nur nach den Kosten für jene berufsorientierten Schulzweige bzw. Klassen zu stellen sein. 


STROBE  -  Sun Birth  -  Bunker Sessions  -   2017:




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