Frühlingsanfang


Seit einigen Tagen höre ich sie wieder, die aus dem fernen Süden heim gekehrten Singdrosseln. Sie zwitschern uns vor dem Morgengrauen ein Ständchen. So auch heute Morgen. Ab 5.30 Uhr waren sie in unserem Garten zu hören. Eine eher angenehme Form des Weckens. 

Das lässt sich von den lauten Nießen unserer beiden, seit Wochen, sich mit einer simplen Erkältung herum quälenden Katzen, leider nicht sagen. Laut schniefend, weckte mich der jüngste Kater aus meinem Schlaf. Die Nießattacke steigerte sich sodann. Vogelgezwitscher und Katzengenieße, nee, das tue ich mit auf Daue nicht an. Nach ein paar Minuten hielt ich das sich feucht anhörende Geschniefe nicht mehr aus. Mühsam schälte ich mich aus dem noch warmen Bett und suchte das nebenan liegende Bad auf. Weil mir alle vier Kater im Gänsemarsch folgten, musste ich die Zimmertür auflassen. 






Während ich mir noch schlaftunken meine Klamotten von einem Stuhl herunter zog, hatten sich alle vier Katzen im Flur versammelt und warteten darauf, dass ich mich im Schneckentempo in die eine Etage tiefer liegende Küche bewege. Ich tat ihn den Gefallen. Das Ritual ist nahezu immer gleich.

Auch an jenem Sonntagmorgen, den 19. März 2023 ist es so. Ich schleiche im Halbdunkel durch die Küche, nehme vier Näpfe aus den Schrank, fasse in das darunter liegende Fach nach einer Dosse Katzenfutter, reiße an dem Öffnungsring herum und stelle die Blechbüchse auf die Küchenanrichte. Nachdem ich einen Teelöffel aus dem Schubfach gezogen habe, darf die Raubtierfütterung beginnen. Alle vier Katzen scharwenzeln mit hoch stehenden Schwänzen um mich herum. Ich löffele vier nahezu identisch große Mengen Futter aus der Dose in die vier Näpfe. Das große Fressen beginnt.

Nach einigen Minuten endete es aber auch schon wieder. Zufrieden und sich an den Pfoten putzend verlassen die vier heiß geliebten Stubentiger die Küche. Ich durfte mir nach der morgendlichen Fütterung endlich einen heißen, Maschinen gebrühten Kaffee zu Gemüte führen. Während ich auf dem Küchenstuhl sitze, überlege ich, wie es wohl wäre, wenn die vier Mitbewohner nicht da wären, wenn die Singdrosseln keine Ständchen zur Begrüßung des neuen Tages kredenzen oder, wenn es weder Frühling, Sommer, Herbst und Winter gäbe? Wenn nur eine graue, trostlose Jahreszeit, in der das Tageslicht nicht mehr alles auf dieser Erde aufhellt, den Menschen Tag für Tag daran erinnert, dass es früher einmal anders war ? Oder, wenn in der Nacht alles so still ist, wie auf einem Friedhof, am Morgen keine Vögel zwitschern und am Abend die Sonne nicht mehr sichtbar untergeht?

Eine trostlose Einöde, wäre das doch?

So genieße ich denn die Ruhe des Sonntagmorgen ab 5.35 Uhr, wenn die vier Quälgeister mit ihrem Schnupfen sich durch die Katzenklappe ins Freie verabschiedet haben, das Internetradio mir die neusten Nachrichten aus der Welt und den Regionen Deutschlands serviert und ich mich, noch  müde, aber irgendwie zufrieden, auf dem Stuhl sitzend darüber erfreue, dass das Morgenständchen der Singdrossel nun auch auf der anderen Straßenseite zu hören ist. 

Morgen ist Frühlingsanfang. Die zweite Jahreszeit beginnt. Mit ihr sollte es langsam wärmer werden. Es könnte überall Grün zu sehen sein und die wenigen Vögel beginnen mit dem Nestbau, ziehen ihren Nachwuchs groß und verabschieden sich ab Herbst in Richtung Süden. So kenne ich es seit Jahrzehnten. 

Doch, wie lange noch?     

 




IT´S BEAUTIFUL DAY  -  White Bird  -  1969:






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