Nicht genug wissenschaftlich?




 Frohe Weihnachten!


Die hätte ich mir so manches Mal ab der 1980er Dekade auch gewünscht. Doch das ( christliche ) Fest der Nächstenliebe, es reduzierte sich in jenen Jahren auf eine Heimfahrt zum elterlichen Haus in Heeßen ( Chris Rea hatte sein Liedchen " Driving Home For Christmas " noch nicht abgemischt ), weshalb mir dieses poplige Weihnachtslied auch nicht einfallen konnte und ich eher die Rockstücke auf meinen " SONY " , " MAXELL " oder " TDK " - Kassetten während der knapp zweistündigen Fahrt von der Bremer Universität bis zur Feldstraße abdudelte, dabei eine Zigarette aus dem " DRUM " - Tabakpäckchen drehte und vielleicht daran dachte, dass der Pflichtbesuch in spätestens drei Tagen wieder beendet ist.

Familie war - nicht nur damals - für einen jüngeren Menschen eher eine lästige Notwendigkeit. So erging es mir zumindest. Meine Familie waren einst die Kommilitoninnen und Kommilitonen, die genau so wie ich, auf vielfältige Weise versuchten ihr begonnenes Studium weiterzuführen und erfolgreich zu beenden.

Letztes gelang nicht allen, deren Namen und Persönlichkeit mir bis heute noch in Erinnerung sind. Dazu gehört der Iraner Darius M., der über viele Jahre sich durch ein Studium an der Fachhochschule für Nautik durchzuhangeln. Er scheiterte, heiratete später eine Deutsche und bezog eine Sozialwohnung in Bremen - Vahr.

Dazu zählt auch die türkische Lehramtsstudentin Inci Y., die die Fächer " Textilarbeit " sowie " Deutsch für Ausländer " belegte und irgendwann, so Mitte der 80er Dekade an meiner Zimmertür klopfte, um zu fragen, ob ich ihre Ausarbeitungen für die vorzulegende Abschlussarbeit mal durchlesen könne. Ich bat sie höflich herein, bot ihr eine Tasse Tee an und las dabei - nur oberflächlich - das auf meinem " Ikea " - Tisch lag und innerhalb dessen sich nur eng per  Hand geschriebene DIN A 4 - Blätter befanden. 

Okay, die sprachlich groben Schnitzer konnte ich beseitigen. Schon davon befanden sich Dutzende auf jeder Seite. Eine mühevolle Kleinarbeit, die ich nach einigen Stunden aufgab und meinen Besuch dezent aus meinem 19,4 m² - Loch heraus komplimentierte, weil ich zu müde war, um mich weiter konzentrieren zu können. Konzentration war aber bei einer solchen, für die Abschlussarbeit absolut erforderlich. Wir verabredeten uns für die nächsten Tage. 

Inci Y. war eine, vielleicht 1,60 große Frau, schlank, bebrillt, mit schwarzen, schulterlangen Haaren, die irgendwo aus dem Umfeld der türkischen Hauptstadt Ankara stammte; nach einem zweijährigen Deutschkurs und einer vorzulegenden Verpflichtungserklärung ihres in Baden - Württemberg lebenden Onkels, der ihr regelmäßig Geld überwies, dann ein Lehramtsstudium an der Universität Bremen aufnahm. Um es dann nach mehr als 5 Jahren nicht abzuschließen.

Die Bedingungen waren für sie nicht gerade rosig. Ständige Geldsorgen, dann die sie dabei begleitenden Probleme mit der Ausländerbehörde, die sie alle zwei Jahre zur Verlängerung ihrer befristeten Aufenthaltserlaubnis in die herunter gekommenen Räume der Dienststelle " Am Wall " hinzitierte, um den begehrten Stempel in ihren türkischen Pass einzudrücken, der bei jeder Polizeikontrolle oder bei anderen Ämtern vorzuweisen war. Selbst bei heutiger, distanzierterer Betrachtung, komme ich immer noch zu dem Ergebnis, dass - nicht nur - türkische Studenten, solche zweiter Klasse waren. Eigentlich eine Schade für diese Gesellschaft.

Nun, ja, ich konnte diese Bedingungen nicht verändern, wohl deren Auswirkungen auf einzelne Betroffene, die mit mir in dem Betonklotz Mensa - Wohnheim an der Univiersität lebten, etwas abmildern, indem ich sie bei Rechtsfragen unterstützte.

Doch eine wissenschaftliche Abschlussarbeit über ein überwiegend politisches Thema wollte ich mir nicht überkübeln. Das war damals zu viele des Guten. 

Inci Y. musste einige Wochen später einen zweiten Versuch starten, denn ihr ausgewählter Professor bewertete die ihm vorgelegte Ausarbeitung als " nicht genug wissenschaftlich ", so erzählte Inci Y. es mir damals. 

Ähnlich erging es meiner damaligen Lebensabschnittsgefährtin. Sie rauschte mit Bausch und Bogen bei ihrem Professor durch, suchte sich dann einen anderen Hochschullehrer und ein anderes Thema aus und bestand die Prüfung. Dieses Mal war die vorgelegte Arbeit nicht " nicht wissenschaftlich genug " - ich hatte sie für sie korrigiert, in die dafür erforderliche Form gebracht ( umformuliert ) und mittels der in meinem Studentenloch stehenden " Olympia " - Schreibmaschine getippt. Es war für mich eine durchaus sinnvolle Übung und Vorbereitung auf meine eigene Abschlussarbeit.

Beim morgendlichen Brunch erinnerte ich mich wieder an jene Erlebnisse von vor 40 Jahren. Der Anlass dafür lag wohl auch in einem Gespräch mit meiner besseren Hälfte, in dem wir uns über das geplante Studium unserer ältesten Enkeltochter, die im nächst Jahr ein Studium aufnehmen wird.       





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