" Auf Wiedersehen, blöde Pauline! "



Ein bewiesenes Sprichwort lautet:

" Kindermund, tut Wahrheit kund. "

Ein weiteres besagt:

" Du sagst, dem Hund ein Freund zu sein, sei eine Sünde.
  Ein Hund hält dich im Sturme fest, ein Freund nicht mal im Winde. "

Mit beiden Lebensweisheiten lässt sich kurz und knapp, oft jene Verlogenheit entlarven, mit der die Erwachsenenwelt lebt und die sie rund um jeden und sich selbst zum Schutz vor der Realität aufgebaut hat.

Die Kindertagesstätte ( Kita ) " Sonnenkäferland " an der Dölzschnerstraße 40 ist so klein nicht. Sie soll, nach den Angaben des Betreibers, der " Kinderland2000 gGmbH " über 85 Plätze verfügen; zudem sind weitere 71 Plätze durch ein Anbauvorhaben geplant. Schon jetzt herrscht während der Aufnahme - und Schließzeiten rund um das Gelände ein reges Kommen und Gehen.
Da werden die Sprösslinge zwischen 2 und 6 Jahren von einem, sogar zwei Elternteilen vorbei gebracht oder abgeholt. Ob mit einem Fahrrad nebst Kindersitz, mit Kinderwagen, Buggy oder PKW, sämtliche Varianten der Mobilität sind dort zu sehen.

Doch es bleibt alles im allen, ein durchschnittliches Treiben,was sich dem neutralen Betrachter täglich dort zeigt. Keine überdimensionierten Fahrzeuge ab 3 Liter Hubraum aufwärts, kein Zweitwagen in Form eines Sportflitzers und keine aufgebrezelten Muttis, die ihre Tagesfreizeit ohne das Einkind - Problem, dann eher im Sonnenstudio, bei einem Coiffeur oder im Nagelstudio verplempern. Auch jene Mutantinnen, die sich auf Tennisplätzen, in noblen Fitnessstudios oder in einer Selbstfindungsgruppe herum treiben, gibt es hier nicht.

Es ist der Querschnitt der, das Bruttoinlandsprodukt steigernden und die Wirtschaftswachstumsprognosen erfüllenden Bevölkerung aus dem breiten Spektrum der Mühsamen und Beladenen, die hier ihre Nachkommen abliefern sowie wieder in Empfang nehmen. Jene Dresdner vom Typ Erika und Max Mustermann. Gesetzestreu, urlaubsfreudig und mit Anfang Dreißig bis Mitte Vierzig, de facto gestorben.

Tja, da hatte ich meine Tabs für die " Bosch " - Spülmaschine auf Anraten eines Nachbarn aus dem Oberdorf, doch dieses Mal vom " Aldi " an der Tharandter Straße gekauft. Dieser Diskonter wird von uns eigentlich eher gemieden; allenfalls für so genannte Notkäufe, angelaufen oder einige Wochen vor Weihnachten wegen der schmackhaften " Knusperente " als Kunde besucht. So schritt ich gemächlich wieder gen Wohnhaus und sinnierte während des Weges darüber, ob ich die preisreduzierten Marzipanbrote Marke " Baumstamm mit Nougatfüllung " für 0,70 Eurocent tatsächlich hätte kaufen sollen.
Seltsamer Weise gab es - mehr als 14 Tage nach dem fröhlichen Geschenkefest - und nahezu 4  Monate nach dem Auffüllen der Drahtregale dort, immer noch reichlich Weihnachtsartikel dieser Art. Entweder, die Filiale läuft schlecht oder, es wurde von Beginn an viel zu viel eingekauft. Nun, ja, die beiden Brote aus Marzipan und Schokolade lagen in meinem Stoffeinkaufsbeutel und beschrieben mit mir den Weg nach Hause.

Und just auf diesem, musste ich so gegen 16.00 Uhr an der Kita " Sonnenkäferland " vorbei. Zu jener Zeit also, in der dort rege Betriebsamkeit herrscht. Kaum hatte ich den dortigen, fein eingezäunten Grundstückbereich erreicht, erkannte ich in Höhe des Eingangsbereichs einen, mit einem durchaus eleganten, dunklen Mantel bekleideten Mann, der offensichtlich seine beiden Kinder abholen wollte. Nichts Außergewöhnliches, also. Als ich mich näherte, vernahm ich, dass sich jener, dunkel - elegant gekleidete Mann, mit einer anderen Person, sich wohl noch auf dem Gelände der Kita befand, unterhielt. Den Wortlaut dieses Gesprächs konnte ich nicht hören, denn der ging im Lärm der heraus strömenden Kinder und deren Eltern, unter. Die beiden Männer - so meine Mutmaßungen - kannten sich, denn das Gespräch schien freundlich abzulaufen. Es ging wohl um das Abholen der jeweiligen Nachkommenschaft.

Der Gesprächspartner des dunkel -  elegant gekleideten Vaters auf dem Kita - Platz sah eher nach ökologisch angehauchter, intellektuell geprägter Einkind - Vater aus. Er war mit einer schon etwas betagten Jeans, einem helleren Rollkragen - Pullover und Schuhen in der Art der Marke " Timberland " bekleidet. Meiner Einschätzung nach, in die Schublade der Lehrer - Sozialarbeiter - Kohorte einzuordnen. Just genau das Gegenteil des eleganten Papas. Vielleicht sind beide gemeinsam im Elternbeirat der Kita aktiv, sind eventuell Dienstleister des Nachwuchses in Form des Kleintransportunternehmers, wenn es darum geht, die vermutete Hochbegabung des Sprosses durch stressige Freizeitaktivitäten zu fördern und zur Schau zu stellen oder es könnten gar Nachbarn sein, die - im Sinne der männlichen Dreifaltigkeit ( Baum,Haus,Kind ) - das eigene Heim - unter gütiger Zuhilfenahme eines erheblichen finanziellen Zuschusses der Eltern - gleichzeitig erworben und in Beschlag genommen haben? Wie auch immer, die Männer waren miteinander bekannt.

Und weil sie dieses waren, endete der Small Talk über die Gemeinsamkeit des Entgegennehmens der volltagsbetreuten Kinder, mit einem freundlichen  und weit hörbaren " Auf Wiedersehen! ". Der Sohnemann des elegant gekleideten Vaters, der rechts neben ihm auf dem Gehsteig, mit einem, der üblichen Rucksäcke in der Hand, darauf wartete, dass Papa nun endlich die akkurat am Straßenrand geparkte Familienkutsche vom Typ " Seat - Ford - Lancia - Dacia - Citroen - Nissan - Van " aufschließt, damit er und seine seitlich versetzt wartende Schwester, nun endlich in die Bequemlichkeit des Großraumtransporters einsteigen dürfen, schien offensichtlich über die freundliche Unterhaltung des Papis mit dem anderen Vater nicht amüsiert zu sein. Kaum hatte sich sein Papa von jenem verabschiedet, rief der Spross laut und deutlich herüber: " Auf Wiedersehen, blöde Pauline!".

Dem Vater schlief - sichtbar - das Gesicht ein. Seine noch aufgesetzt - freundliche Mine verfinsterte sich zu einer Maske mit gestrengen Zügen. Langsam und bestimmend beugte er sich zu seinem Filius hinunter. " Mein lieber Freund, das höre ich hier zum letzten Mal. Haben wir uns verstanden? ", Dabei griff der Herr Papa an die Schulter des Sohnes und schob ihn darüber so zu sich hin, dass dieser dem Papa in das Gesicht sehen konnte. Pädagogisch wertvoll sind solche Aktionen nur insofern, wenn die Ernsthaftigkeit dieser auch von dem fehl geleiteten Nachwuchs aufgenommen werden. Dieses schien hier nicht der Fall zu sein. Obwohl der Sohn die strenge Miene des Paps erkannte, schien bei ihm dessen Bemühen, den Ausrutscher umgehend reparieren zu wollen, als Bespassung einzugehen. Etwas irritiert, aber wiederum leicht grinsend, nahm der Filius den Rüffel des Vaters hin. Wohlwissend, dass damit der faux pas aufgearbeitet ist.

Kaum hatte ich die Situation erfasst, drehte ich mich mit einem dezenten Lacher und einem Schmunzeln zu den beiden um. Der Vater erkannte sofort, dass ich den Ablauf des Geschehens zuvor registriert hatte; und damit wohl auch meine Gedankengängen. Die da waren: Nun tue mal nicht so, die Aussage über die Tochter des Nachbarn oder Bekannten, hat dein Sohn doch von dir selbst.
In diesem Moment huschte ein leichtes Grinsen über sein Gesicht. Motto: Stimmt, du hast recht!

So, wie es dem Jungen aus dem Munde kam, so wird er es denn auch gehört und selbst empfunden  haben. Pauline, die Tochter des Bekanten / Nachbars ist " blöd ". Die Ehrlichkeit des noch nicht verbogenen, sich nicht nach vermeintlichen Verhaltensmustern orientierenden Kindes, gleich dem der intelligenteren Haustiere, wie Katze oder Hund; sie erkennen einen Falschen Fuffziger sofort und zeigen dieses auch ihrem Halter. Da landen denn schon mal ein Katzenhaufen zur Unzeit, nämlich gerade dann, wenn der ungeliebte Besuch erscheint, im Klo und wird eben nicht unter gescharrt, so dass er die gesamte Verweildauer des Gastes unangenehm riecht. Eine gehasste Nachbarin erhält bei dem Auszug der, von ihr ständig belöffelten Familie, von deren Katze einen stinkenden Abschiedsgruß in die Wohnung gesetzt. Oder ein Hund knurrt bereits beim Nähern eines ungeliebten Mitmenschen laut, womit der schnellstens die Straßenseite wechselt.

Da sind sich Kind, Katze und Hund ähnlich und, um es ehrlich zu sagen: Pauline ist wirklich ein blöder Name!



Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

" Eine Seefahrt, die ist lustig. " - nur nicht in den 60er Jahren zum AOK - Erholungsheim auf Norderney.

" Oh Adele, oh Alele, ah teri tiki tomba, ah massa massa massa, oh balue balua balue. " und die Kotzfahrt nach Wangerooge.

Was ist eigentlich aus dem Gilb geworden?