Dank IBIS bald in Rente.



Die Deutsche Post AG hat seit ihrer schrittweisen Privatisierung viel von dem Image des zuverlässigen Dienstleisters verloren. Das liegt aber nicht nur an der Umwandlung in ein, nach kapitalistischen Grundsätzen tätigen Konzern, sondern auch an der Globalisierung und der damit verbundenen Konkurrenzsituation, der sich auch ein solcher Moloch zu stellen hat.

Die goldenen Zeiten, als der Versand oder der Empfang eines Briefes noch etwas Besonderes war, als ein zugestelltes Päckchen oder Paket noch als Großereignis galt und als die Rentenzahlungen noch per postalischer Anweisung durch den verbeamteten Postboten in bar und gegen Auszahlungsbestätigung erfolgten, sind längst passe´.

Der Staatsbetrieb, der wie die Bahn hoheitliche Aufgaben zu erfüllen hatte, ist heute ein moderner Betrieb, dessen Zielsetzung es sein muss, den an ihm beteiligten Aktionären eine maximale Rendite für das dort eingebrachte Geld zu erwirtschaften.

Das funktioniert indes nur durch knallharte Umsetzung betriebswirtschaftlicher Determinanten. Sprich: Umsatzsteigerung, Kostensenkung und Gewinnmaximierung. Nur so lässt sich die Marktmacht erhalten und ausbauen. Um diese Zielsetzungen zu realisieren, hat auch die Deutsche Post AG eine Vielzahl von gut bis sehr gut bezahlten Männern in ihrem Betrieb eingekauft, die -  für ein jeweils üppiges Salär versteht sich -miese Methoden ersinnen, um die mehr als 493.000 Mitarbeiter so einzusetzen, dass sie die optimale Effektivität während ihrer Arbeitszeit erzielen.

Die kapitalistisch - orientierten Wissenschaften geben dabei das theoretische Konstrukt zur praktischen Umsetzung dieser Zielvorgaben. Ob nun das alt bekannte Gebilde der kapazitätsorientierten, flexiblen Arbeitszeit ( Kapofaz ), das - rechtswidrige - Werklohnmodel oder eine Melange aus diesen Ausbeutungsgebilden, sie zielen einzig und allein darauf ab, die Mitarbeiter als doloses Werkzeug in die betrieblichen Abläufe so zu integrieren, dass es zu einer optimalen Effektivität bei deren Einsatz als Ware Arbeitskraft kommt.

Um sicherzustellen, dass dieses auch während der Betriebs - und Arbeitszeiten - wie vorgegeben und gewünscht - reibungslos funktioniert, wird ein perfides Überwachungssystem mittels High - Tech - Aufzeichnungskameras installiert, der Werkschutz über Fremdfirmen mit Kapo ähnlichen Kompetenzen ausgestattet und eine lückenlose Sanktionspalette angewandt, die von einer Ermahnung, über eine Abmahung bis hin zur fristlosen Kündigung wegen Bagatell - Verstösses geht.

Nein, diese Arbeitswelt von heute ist nicht mehr schön.

Das wissen auch die Mitarbeiter des Internet - Giganten " Amazon " zu berichten, die nicht nur Tarif widrig entlohnt werden, sondern über einen KZ ähnlichen Überwachungsapparat in ihren Rechten beschnitten werden. Ein profaner Gang zur Toilette etwa, führt bereits zu einer Ermahnung durch den eingesetzten und etwas besser bezahlten Schichtführer. Der Werkschutz führt sich wie ein Sicherheitsorgan im Staat auf, durchsucht Schlafstätten der Mitarbeiter und bedroht und misshandelt diese sogar. Natürlich sind dort überwiegend ausländische Kräfte am Schuften.

Die Hamburger Firma " Die Vierlande Meisterbetriebe ( VMB ) Johannson GmbH " beispielsweise, bedient sich als eher kleine Klitsche auf dem Markt, jener Ausbeutungsmethoden und wurde deshalb in einem " SPIEGEL " - Artikel ( Vgl. " DER SPIEGEL " 48 / 2014 ) dafür angeprangert.

http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-130458639.html


Während sich die Arbeitswelt innerhalb der letzten 3 Dekaden vor allem durch den Einsatz der neuen Komunikationstechnologien gewandelt hat, konnten die Arbeitnehmer rechte nicht im gleichen Maße Schritt halten. Im Gegenteil: Der Einfluss der vormals starken Gewerkschaften als Arbeitnehmervertretungen und Widerpart zu der Arbeitgeberseite, nahm kontinuierlich ab. Damit auch der Organisationsgrad der abhängig Beschäftigten. Statt dessen wird über die Vierte Gewalt in diesem Staate, der Presse oder - ganz allgemein formuliert - den Medien, zunehmend über Ausbeutungsmethoden berichtet.

In einem solchen Beitrag ging es um die aktuellen Arbeitsbedingungen von Zustellern bei der Deutsche Post AG. Diese beklagen seit einem langen Zeitraum, die Zunahme der Arbeitsintensität oder auch Arbeitsverdichtung genannt. Die Post setzt hierzu ein theoretisches Model der Arbeitszeiterfassung mit dem Namen " IBIS " ein.
Hierunter ist das " IT - gestütztes Bemessungs - und Informationssystem ) zu verstehen, dass die komplette Arbeitszeit erfasst und in separate Arbeitsschritte, mit der dafür vorgegebenen Zeitspanne in ein mathematisches Wertgebilde umsetzt. " IBIS " beruht auf den Grundlagen der gängigen Arbeitszeiterfassungssysteme.

Da dem Postzusteller während seiner Tätigkeit keine elektronische Chipkarte, kein GPS - Implantat oder ein ( e ) Mini - Sender /- Kamera verabreicht werden darf, um seine Arbeit zu kontrollieren, wird das Zeitfenster einfach vorgegeben. Nun, dass führt eben auch zu dem gewünschten Erfolg, denn dadurch kann das " Humankapital ", als eingesetzter Faktor zur Gewinnmaximierung optimal verwendet werden.

In diesem Zusammenhang beklagt eine große Zahl von Mitarbeitern auf dem Zustellungsfeld ( nicht nur bei der Deutsche Post AG ), dass die so genannten Zustellbezirke oder Zustellbereiche ständig vergrößert werden und damit die Arbeitsintensität höher werden muss. Ein anderer Trick der Optimierung ist, den Montag als  Arbeitstag in Bemessungsgrundlage quantitativ nicht einfließen zu lassen, jedoch dann das gesamte Aufkommen, mengenmäßig durch 6 statt 5 Zustelltagen zu dividieren.
Der hiermit ermittelte Durchschnittswert wird in die Berechnung der Zustellbereichsgröße eingefasst.

Dann wäre auch noch das vermehrte Aufkommen, der für Kunden / Adressaten, nervigen und lästigen Einwurfwerbung. Diese wird ebenfalls nicht von IBIS eingerechnet.
So werden sowohl die Beschwerden von Kunden als auch von Postzustellern lauter, die über einen Rückgang der Zuverlässigkeit bei der Zustellung der täglichen Post, als auch über die Erhöhung der Zustellmenge und Vergrößerung des Zustellbereichs Klagen führen.

http://www.abendblatt.de/hamburg/article108437809/Ein-Brieftraeger-klagt-an-Immer-mehr-Werbung.html

Aber auch die Gewerkschaft " verdi " hat sich längst dieses Problems angenommen und ist bemüht, hier durch tarifvertragliche Regelungen eine gewisse Verbesserung herbei zu führen, um den Trend, die Zustellbezirke zu vergrößern, entgegenzuwirken.

https://publik.verdi.de/2010/ausgabe_04/gewerk/regional/rheinland/A1


Die Deutsche Post AG indes hüllt sich geflissentlich in Schweigen, wenn der Begriff IBIS benannt wird. Derweilen bemüht sich die Konzernführung weiter im Ausland zu expandieren, um konkurrenzfähig zu bleiben. Seit der unsinnigen Privatisierung durch das Kohl - Kabinett, hat die Deutsche Post AG mit einem Image - Verlust zu kämpfen. So ganz nebenbei, allerdings. Was einst bei den Millionen Kunden zu einem erfreulichen Ereignis zählt, wenn der Postbote klingelte und ein Pakt, ein Päckchen und noch besser - einen Liebesbrief der Angebeteten / des Traummannes übergab, ist längst in die nostalgische Mottenkiste gewandert.


 https://de.wikipedia.org/wiki/Deutsche_Post_AG


Aber auch die Porti und Gebühren oder Entgelte für Leistungen des " Gelben Riesen " haben sich rasant verändert. Ein Standardbrief ( bis 20 Gramm Gewicht ) kostete ab 1948
10 / 20 Pfenning, ab 1972 20 / 40 Pfennig, ab 1974 30 / 50 Pfennig, ab 1979 40 / 60 Pfennig, ab 1982 50 / 80 Pfennig, ab 1989 60 / 100 Pfennig, ab 1992 einheitlich im Inland 100 Pfennig, ab 1997 110 Pfennig, ab 2002 56 Eurocent, ab 2003 55 Eurocent, ab 2013 58 Eurocent, ab 2014 62 Eurocent und ab 2016 70 Eurocent.


http://www.bund-sammlung.de/Portotabelle.htm


Nun, ja, alles wird eben teurer. Nur das Telefonieren nicht. Denn für ein Ortsgespräch waren zunächst 16  Pfennig, dann 22 Pfennig und später sogar 25 Pfennig zu zahlen. Heute gibt es die Flatrate für unter 10 Euro im Monat und ohne Begrenzung.

Der arme Postbote, der heutige Zusteller hat davon nicht viel. Er darf weder Beamter werden, noch erhält er deren einstige Privilegien.
Dafür muss er / sie bis zur Rente schuften - wenn dieses Alter überhaupt erreicht wird?

Mal hören, was die Beatles 1963 dazu sagten:




Mann, wat waren se´jung - und ich erst!

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