" Hier ist Charlina "
Manchmal spielt die allzu große Skepsis gegenüber Entwicklungen rund um das eigene irdische Dasein dem Menschen einen Streich. Da kann es dann und wann schon passieren, dass sich die aufgrund von Erfahrungen angeeignete Vorsicht gegenüber Seinesgleichen eigentlich nicht angebracht ist.
Als ich heute Morgen nach dem Spaziergang mit dem Hund das Haus unserer Kinder wieder betrat, informierte mich meine bessere Hälfte, dass seit mehr als einer Viertelstunde eine als unbekannt auf dem Display des Telefons angezeigte Nummer anrufen würde. Sofort schrillten bei mir die Alarmglocken. Unbekannte Rufnummern können darauf hindeuten, dass es sich um irgendwelche Werbeaktionen von einer der vielen Callcenter handelt. Jene Nerv tötenden Anrufe, die zwar nach dem Gesetz verboten sind, aber dennoch ständig stattfinden.
So wartete ich ab, bis sich die ominöse Rufnummer wieder meldet. Und, tatsächlich, das Telefon klingelte erneut. Ich drückte auf den grünen Knopf und meldete mich mit dem Satz: " Hier bei H. ".
Ich erhielt allerdings keine Antwort und beendete das Telefonat. Dieser Ablauf wiederholte sich mindestens ein Dutzend Mal.
Nach einigen Minuten bemühte ich das Internet und gab die auf dem Display jetzt erkennbare Rufnummer in das Suchmaschinenfeld ein. Mutter Google erklärte mir, dass diese Rufnummer der Telekom gehöre. Aha! Immerhin kein Callcenter. Aber dennoch war damit die Frage nicht geklärt, was dieser Anrufer denn eigentlich wollte. Der Anrufer ließ das Telefon erneut klingeln. Wieder und wieder bimmelte es. Diese Anruferei ging uns langsam auf die Nerven.
Obwohl der automatische Anrufbeantworter dabei ansprang, hinterließ der Anrufer keine Nachricht. Es ging deshalb in den berühmten Telefonterror über. So langsam wurde ich ungehalten. Ich redete mich in Rage. Ich drohte mit rechtlichen Konsequenzen gegen den Anrufer. Ganz egal, wer es war. Diese Bimmelei nervte. Sie ging mir auf den Keks. Deshalb drohte ich mit einer Unterlassungsklage. So, wie ich es vor vielen Jahren des Öfteren bei dem Telefon - Quälgeistern praktiziert hatte, die sogar nachts klingelten.
Es läutete das Telefon wieder. Ich drückte auf den grünen Knopf und meldete mich mit: " Hier bei H. Mit wem spreche ich? "
" Hier ist Charlina. ", antwortet eine zarte, kindliche Stimme. " Ach, Du bist das, Charlina. ", gab ich ihr zu verstehen. " Du, A... ( gemeint war unsere älteste Enkeltochter ) ist nicht da. "
Die Schulfreundin unserer Enkelin hörte sich etwas enttäuscht an. Dann fragte ich sie, ob sie hier mehrfach angerufen hätte. " Ja. ", war ihre kurze Antwort.
Jetzt war ich beruhigt. Es war also kein Callcenter. Keine Gewinnspiel - Abzocke. Kein Ökostrom - Anbieter.
Es war nur die Freundin unserer Enkeltochter. Sie hatte Langeweile. Es sind immerhin noch Schulferien.
Während meiner Schulzeit haben wir auch geklingelt. Allerdings an der Haustür der elterlichen Wohnungen unserer Schulfreunde. Ein Telefon gab es bei uns zu Hause nicht. Ein eigenes Handy schon gar nicht. Und wenn die Eltern an die Haustür kamen, sagten sie uns, dass die Schulfreunde keine Zeit hätten. Zumeist deshalb nicht, weil sie im Haushalt oder sonst wie den Eltern helfen mussten.
" Jethro Tull " - " Back To The Family ", Album: " Stand Up " - 1969:
Kommentare