Massenwanderung


Heute Vormittag haben wir es nach einigen Jahren der auferlegten Abstinenz erneut geschafft, die " IKEA " - Niederlassung an der Washingtonstraße in unserer schönen Landeshauptstadt aufzusuchen. Das Haus des Schweden Kamprad liegt ja im " Elbe Park ", dem nach der Wende aus dem Boden der einstigen Grünflächen gestampften Sammelsurium von Konsumtempeln.

Hier gibt somit Parkflächen satt. So sollte der gemeine Autofahrer sich vor einem geplanten Besuch dieser Lasterhöh(l)le eigentlich keinen Sorgen machen müssen, ob sein Schmuckstück auch wirklich in fußläufiger Nähe dort unter kommt.

Doch der schöne Anschein kann trügen. Als wir gegen 10.30 Uhr in den Kauf - Park einfuhren waren die Parkplätze brechend voll. Rs wimmelte überall von Menschen. Ob es nun daran gelegen haben könnte, dass ein Tag zuvor der Lohn oder das Gehalt auf dem Konto eingegangen sein musste, möchte ich nicht behaupten. Denn bis auf eine überschaubare Zahl von Einkaufstütenträgern, bewegten sich die meisten Menschen mit leeren Händen von den Parkflächen zu den Geschäften und zurück.

Und so sah es auch im Hause Kamprad aus. Menschenscharen stiegen dort die Eingangstreppe hinauf. Es herrschte ein buntes Treiben und in den Gängen ein stressiges Gedränge. Kinder liefen kreuz und quer durch die aufgebauten Möbelstücke, wurden von einem Elternteil hinter sich hergezogen oder von einem anderen in einem Einkaufswagen gefahren.

Das Durchschnittsalter der wandernden Kundschaft muss sich weit unter 30 Jahren belaufen haben. Da zählten wir locker zu den Alten bis sehr Alten Eisen. Während wir die engen Gänge in der immer vorgeschriebenen Richtung entlang trieben, beobachtete ich so ganz nebenbei die vielen Mitleidenden. Von 10 Besuchern hatte allenfalls 1 einen Einkaufswagen, eine Tasche oder eine Mischung aus beiden, nämlich eine große Rolltasche. Und wenn, dann befanden sich ein paar Kleinteile darin.

Die erdrückende Mehrheit bewegte sich - so wie wir auch - in dem mäandernden Menschenstrom mit leeren Händen. Da mag der obligatorische Ultimo erst vorgestern gewesen sein, es wurde nahezu nichts gekauft. Was also treibt die umtriebigen Kamprad - Fans an jenem Samstag in die Dresdner Niederlassung? Die reine Neugierde? Der Zwang, einfach dazu zu gehören? Oder die Angst, irgendeinem " IKEA " - Werbegag, einem hier entwickelten Modetrend, nicht mit aufgesessen zu sein?

Wie dem auch sei - Menschenmassen mit leeren beuteln. So, wie das berühmt berüchtigte Känguru - Prinzip es auch beschreibt. Immerhin stand für uns fest, dass wir uns um die späteren Rentenzahlungen eigentlich nicht sorgen müssten, denn im Hause Kamprad bewegte sich genügend junges Volk, dass später - vielleicht - in die Rentenkasse einzahlt.

Wir waren mittlerweile im Untergeschoss angelangt. Dort, wo die Bilder als Teil des Kleinartikelangebots ausgestellt und zu sehen waren. Das Motiv, dass sich meine bessere Hälfte Monate zuvor bereits ausgesucht hatte, war nicht mehr vorrätig. Von der gesuchten Decke gab es nur noch ein unverkäufliches Ausstellungsstück und auch sonst wurde die Luft hier wieder wesentlich angenehmer. Der nicht enden wollende Menschenstrom ebbte, wie von Geisterhand gelenkt, plötzlich wieder ab. Wo waren die vielen Besucher geblieben? Hatten sie sich zum Frühstück oder bereits zum Mittagsmahl in das Restaurant begeben?

Nein! Dort erkannte ich fast nur leere Tische und Stühle. Auch waren keine langen Schlangen an den Kassen zu sehen. Die Mittagszeit hatte allerdings auch noch nicht begonnen. Dennoch: Wo sind all die Menschen geblieben?

Des Rätsels Lösung war so simpel, wie auch einleuchtend. Sie waren durch den Ausgang, der nur wenige Meter hinter dem Eingang liegt, wieder aus Kamprad´s Reich entfleucht. Ohne etwas von dem reichhaltigen Möbel -  und Schnickschnack - Angebot mitzunehmen. Einfach so! Wie begonnen, so beendet. Das Känguru - Prinzip lässt herzlichst grüßen.

Wir standen inzwischen an einer der Kassen. Dort herrschte tatsächlich ein überschaubarer Verkehr. Vielleicht waren es fünf bis sechs Kunden, die an den genauso vielen geöffneten Kassen anstanden. 5 mal 5 macht 25. Eventuell 30 oder höchstens 36 Kaufwillige. Bei einer Wartezeit von 5 bis maximal 8 Minuten, wären dieses höchstens 400 Kunden je Stunde. Die Einkäufe waren sehr überschaubar.
Eigentlich zu wenig, um einen solch großen Schuppen. Aber, der Mehrfachmilliardär aus dem fernen Schweden wird dieses sicherlich verkraften können.

Ich legte die rollbare Einkaufstasche in den Farben der schwedischen Fahne zu anderen Taschen in einen großen Korb. Das war falsch. " Wir Sie bitte die Tasche an den Haken hängen! ", schallte es von der Kasse zu mir herüber. " Aber ich hänge mich nicht dazu. ", frotzelte ich zurück, um meine Ahnungslosigkeit zu überspielen. Schließlich waren wir einige Jahre nicht mehr bei Papa Kamprad. Und seit dem hat sich vieles wieder ver - und geändert.

Meine besser Hälfte hatte eine unverkäufliche Musterdecke mit zur Kasse geschleppt. Ein Anruf genügte und schon gab es dafür einen Ersatz in der Originalverpackung. " Sie hätten doch vor Ort fragen können, wenn dieser Artikel nicht mehr vorhanden ist, ", belehrte uns die Kassiererin. " Ja, wir haben geguckt. Da war niemand a. ", antwortete meine bessere Hälfte. Sie erhielt daraufhin ein eisiges Schweigen zurück.

Wir waren zwar einige Jahre nicht mehr vor Ort, aber die personelle Situation ist so geblieben, wie sie damals war: Hundsmiserabel, eben! Und dieses trotz der Massenwanderung in Kamparad´s Refugium. 

Meine bessere Hälfte bezahlte mit " Karte " und wir verstauten unseren Einkauf in ihre Tasche. Beim Herausgehen bemerkten wir dann, wo die Menschenmassen verblieben waren. Auf dem riesigen Parkplatz stand Karosse an Karosse und die meisten davon waren gerade erst gekommen. Aber beinahe genau so viele Autos fuhren auch schon wieder weg.

Massenwanderung im wahrsten Sinne des Wortes.




" Monkey 3 " - " Gate 57 " - Beyond The Sky " - 2011:








   

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