Sprachpolizei
Am gestrigen Freitag war unsere älteste Enkeltochter wieder
zu Besuch. Sie kommt regelmäßig freitags ab Schulschluss mit dem Fahrrad vorbei, um hier
ein wenig zu plaudern und vor allem, um sich ein wenig verwöhnen zu lassen. Bei zwei weiteren Geschwistern, ist das nur allzu verständlich. Gegen 18.00 Uhr hat sie ihr Vater dann mit dem Kleinbus wieder abgeholt. In der
jetzigen, dunklen Jahreszeit ist dieses die sicherere Lösung.
Bevor sie gegen Viertel Eins bei uns an der Tür klingelte,
waren wir noch im Supermarkt. Der Wocheneinkauf stand an. Hier legte meine
bessere Hälfte eine Packung Schoko – Küsse in den Einkaufswagen. Es waren die
in dem Mini – Format. Okay, es mag sein, dass sie eher etwas für den „hohlen
Zahn „sein könnten, denn so vier bis sechs Stück verdrücke selbst ich.
Unsere Enkeltochter schaffte locker die halbe Packung. Das
stellte ich beim Heraussuchen aus der Schublade fest. Dabei blickte ich auf den
Deckel des Behältnisses. Hier war zu lesen:
„ Dickmann´s Schoko Strolche "
Während ich mir zwei der Köstlichkeiten gönnte, erinnerte
ich mich an meine Kindheit und Jugend. Zu jener Zeit, also in den 1950er bis in
die frühen 1970er Jahre gab es nur eine Sorte der so genannten Negerküsse, die
auch Möhrenköpfe oder vulgo „ Dschungelknutscher „ genannt wurden.
Wir haben uns damals an diese Namen gewöhnt. Auch sonst
störte sich niemand an jene Bezeichnung der auch als „ Schaumküsse „
bezeichneten Süßigkeit.
Es war eine andere Zeit. Die Nachkriegsjahre in Westdeutschland´s Provinzen, wozu ohne jedwede Einschränkungen auch Heeßen / Bad Eilsen zählt, sie waren von einer frappierenden Einfachheit gekennzeichnet. Neben der eher materiellen Beschränkung, die sich auch im täglichen Leben niederschlug, waberte der Zeitgeist des untergegangenen Tausendjährigen Reichs überall noch umher. In der Schule, wie auch im eigenen familiären Umfeld. Dementsprechend wurden Namen, Bezeichnungen und Begriffe gebraucht, deren tieferer Sinn darin lag, andere Menschen und ihre Kulturen verächtlich zu machen.
Dunkelhäutige Menschen respektive Afrikaner hießen deshalb " Neger " und lebten im Dschungel oder im Urwald. Was dann gleichzeitig deren geistige Beschränkheit und einer niederen Kultur entsprach.
" Neger " gab es aber nicht nur in Afrika oder in Amerika, wo sie nicht minder diskriminiert wurden, sondern auch in den drei Besatzungszonen. Es waren zumeist die US - amerikanischen Soldaten, in denen Reihen sich eben auch Farbige befanden.
Ließ sich im Nachkriegsdeutschland ( West ) ein " Frollein " mit einem farbigen GI ein und wurde sie von diesem schwanger, drohte dem Erzeuger die sofortige Abschiebung in die USA und schlimmstenfalls die Entlassung aus dem Militärdienst. Das gezeugte Kind aber hatte noch erniedrigendere Diskriminierung zu erfahren. Kinder verhöhnten diese mit dem Singsang:
" Neger, Neger, Schornsteinfeger! "
Aber auch andere Bevölkerungsgruppen wurden durch entsprechende sprachliche Verunglimpfungen als minderwertig gehalten.
Die vielen italienischen " Gastarbeiter ", die beispielsweise in Obernkirchen bei H. Heye in der Glashütte malochten oder sich mit einer selbständigen Tätigkeit auf dem Gastronomiesektor ( Eiscafe´, Pizzaria ) versuchten, mussten Schmähungen in Form von " Itaker, Kanaken, Spaghettifresser " hinnehmen. Türkische Mitbürger wurden später als " Knoblauchfresser, Kümmeltürken, Kanaken " bezeichnet. Unsere uns nicht gerade liebenden Nachbarn aus den Niederlanden waren als " Grachten - Kacker " oder auch " Käs´- Koppe " bekannt. Als " Inselaffen " bezeichnete so mancher " Einheimische " die englischen " Besatzungssoldaten " nebst ihren Familienangehörigen.
Im Verlaufe der vielen Jahre verschwanden dann diese diskriminierenden Begriffe nach und nach aus dem Sprachgebrauch. Auch die für Deutsche geltenden Begriffe, wie " Krauts ", " Teutonen " oder " Kartoffelfresser ", wie auch " Piefkes " finden sich nicht mehr ständig in der Wortwahl von Ausländern wieder. Das könnte mit dem langsamen Verschwinden der westdeutschen Touristen - Arroganz einher gehen, die durch den Massenurlaub von Reisenden aus der gesamten Welt merklich zurück ging. Zumal auch die Deutsche Mark, das einstige Symbol westdeutscher Protzigkeit in den Nach - Wirtschaftswunder - Jahren langsam abnahm, weil es Wohlhabende auch in anderen Ländern dieses Erdballs gibt.
Es muss wohl aus eine Phase in diesem, unserem, immer noch viergeteilten Land, gewesen sein, innerhalb derer dann die Sprache sich nicht nur wandelte, sondern auch ein entsprechendes Umdenken des Durchschnittsmichels vo statten ging, welches dieses letztendlich bewirkt hat. Die Sprachwissenschaftler, die Politik und jene Auswirkungen des, von den Neofaschisten im Dunstkreis der AFD bekämpften " Gender Mainstream ( Genderismus ) ", werden mutmaßlich zu einer veränderten Sprachkultur beigetragen haben. In der sind Begriffe, wie " Negerküsse " oder auch " Mohrenköpfe " verbannt worden; der umgangssprachliche Gebrauch ist von daher verpönt.
Wegen eines vermeintlichen rassistischen Hintergrunds jener Benennungen der kalorienhaltigen Süßigkeit, heißen sie eben " Schaumküsse " oder auch " Schokoküsse ".
https://de.wikipedia.org/wiki/Schokokuss
Wie dem auch sei, ich stelle mich zu diesen Namen für eine immer noch sehr beliebte Köstlichkeit, denn eher zu den Traditionalisten.
" Negerkuss " bleibt " Negerkuss ", weil dieser längst nicht mehr schwarz, sondern auch weiß und schokobraun daher kommt.
Und: Bei unseren Nachbarn, im Land der eigentlich besseren Ur - Deutschen, werden die " Schokoküsse " als " Schwedenbomben " geführt, Na, wenn dass keinen revanchistischen Hintergrund hat? Schließlich war Schweden während der Zeit des Tausendjährigen Reichs neutral, obwohl dort ein hoher Anteil an Verehrern und Gefolgsleuten des " Führers " lebte.
Eine Besonderheit der " Schwedenbombe " ist die Variante mit Kokostreuseln. Diese sieht bei näherer Betrachtung dann eher wie eine durch Scharlach belegte Haut.
Nö, und schmecken tun se´auch net besonders.
Da liebe ich doch immer noch meine " Negerküsse " in der Originalform, so richtig frisch und dick. Mag die " Sprachpolizei " auch hierzu Amok laufen: " Negerkuss " bleibt " Negerkuss ", basta!
SOPWITH CAMEL - Astronaut Food - The Miracolous Hump Returns From The Moon - 1973:
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