Banausen in Bergen - Belsen



Als am 8. Mai 1945 das Tausendjährige Reich seine bedingungslose Kapitulation erklären musste und damit das Konstrukt eines einstigen Gefreiten H. aus Braunau am Inn ( Österreich ) in Schutt und Asche fiel, wurde sukzessive das gesamte Ausmaß der Untaten jener Berufsverbrecher in Braun deutlich. Ihr Oberdruide, der selbst ernannte Führer und sein Dauerhetzer Goebbels hatten sich einige Zeit zuvor bereits durch Suizid aus der Verantwortung gestohlen. Alle anderen Überzeugten, Mitläufer und / oder Karrieristen wurden nach der Kapitulation mehr oder weniger für ihr Dazutun und dem Dienst an dem Mörderstaat zur Verantwortung gezogen.

Was nebenbei folgte, war eine Art Aufarbeitung der Geschehnissen innerhalb und außerhalb des NS - Staates. Hierzu zählt zweifelsohne auch die dazu gehörige geschichtliche Aufbereitung jenes Zeitraumes von 1932 bis 1945. In dem einen deutschen Staat, der sich ab 1949 Bundesrepublik Deutschland nennen durfte, geschah dieses über viele Jahre lang durch kategorisches Verschweigen der Beteiligten sowie durch das Aussparen der NS - Herrschaft im Geschichtsunterricht. In dem anderen deutschen Staat, der Deutsche Demokratische Republik benannt werden musste, erfolgte die NS - Geschichtsaufarbeitung durch ideologisch gefärbte Schwarz - Weiß - Malerei, indem vornehmlich schlicht und ergreifend behauptete wurde, dass alle Ex - Nationalsozialisten in die BRD geflohen seien, so dass der eigene Staat als bereits als entnazifiziert gelten darf.

Die eine Variante der historischen Aufarbeitung durch stringentes Verschweigen der Verbrechen der Nationalsozialisten war eine verlogene Vorgehensweise; die andere in jedem Fall auch.

Erst ab den frühen 1970er Jahren, als ich die Hochschulreife nachholen durfte, wurde mir klar, dass die Generation meiner Eltern kein Interesse an ein aktives Erinnern der Jahre nach 1932 hatte. Sie waren nämlich durch Indoktrination einer verbrecherischen Ideologie aufgesessen, die über sie und viele Millionen andere Menschen nur Tod und Verderben gebracht hatte.   

Einige Jahre nach dem Studienende verbrachte ich einige Tage in der Lüneburger Heide. Ich fuhr dieses Mal als Urlauber dorthin zurück, wo ich 18 Jahre vorher für Vaterland, Volk und Volkswirtschaft den Dienst an der Waffe bei der Bundeswehr angetreten musste. Während ich in der Nähe von Munster / Örtze verweilte, kam ich auf die, für meine Ex - Frau allerdings wenig zündende Idee, einen Abstecher in das innerhalb einer dreiviertel Stunde erreichbare und zirka 60 Kilometer entfernt gelegene Konzentrationslager Bergen - Belsen machen zu wollen. Zu meiner Bundeswehrzeit wurde ein Besuch dorthin zwar im Rahmen des Unterrichtsfachs " Innere Führung " angeboten, doch der sollte an einem Samstag stattfinden und darauf hatte ich keine Lust. Ab Freitagnachmittag waren immer nur die Heimfahrten eingeplant.

Nun, die Ex - Gattin hatte aus anderen Gründen eine ablehnende Einstellung zu dem vorgeschlagenen Besuch der Gedenkstätte Bergen - Belsen, denn sie behauptete schlankweg, dass es dort " stinken " würde. Sie sei mit ihrer einstigen Hauptschulklasse bereits in der Gedenkstätte gewesen und deshalb wisse sie das. Ich ließ das Vorhaben fallen und fuhr eine Tage später ohne KZ - Besuch nach Bremen zurück.

Vor einigen Tagen las ich im " SPIEGEL " - Nr.  3 / 2020 auf S. 25 einen Bericht, der bei mir den " Kamm anschwellen " ließ. Der Geschäftsführer der Stiftung niedersächsische Gedenkstätten Dr. Jens - Christian Wagner wurde auf der Facebook - Seite der AfD Opfer eines so genannten Shitstorms. Seien " Untat " bestand darin, dass er  ein Interview gab, was den AfD - Pöblern missfiel. Er berichtete darüber, dass seit geraumer Zeit Schüler und weitere Besucher die anwesenden Betreuer der Gedenkstätte Bergen - Belsen mittels provozierender und tendenziell geschichtsrevisionistischer Fragen vorzuführen versuchten.

So wurde hier beispielsweise behauptet, dass die Alliierten aufgrund der erfolgten Luftangriffe auf militärische Anlagen rund um das damalige KZ, an dem Tod der 52.000 Inhaftierten ein Mitverschulden gehabt hätten, weil die Versorgung der KZ - Insassen durch die Wachmannschaften nicht mehr möglich gewesen sei.

Diese Geschichtsverdrehungen haben - so die Erkenntnisse der dort arbeitenden Angestellten - eine Reihe von Ursachen. So werden zum Teil auf Seiten in den sozialen Netzwerken oder über Lügen - und Hetzseiten Informationen heraus gefiltert, die eine bereits bestehende, jedoch irrige Meinung aufgrund von Falschinformationen  hierzu, erneut bestätigen. In solchen Social Media - Blasen kommt es dann auch zum Austausch jenes Unsinns, der dann immer wieder und weiter verbreitet wird.

Sicherlich steht jungen Menschen das uneingeschränkte Recht zur Seite, kritische oder auch missliebige Fragen stellen zu dürfen. Auch für diese gilt alle Male die grundgesetzlich postulierte Meinungsfreiheit. Die Grenzen werden allerdings dann überschritten, wenn damit bewusst gestreute Lügen und Halbwahrheiten legitimiert werden sollen und ein Diskurs zu einem bestimmten Thema durch eine entsprechend ablehnende Haltung unmöglich bleibt.

Damit aber nicht genug. Jene Indoktrinierten beleidigten und bedrohten auf der Facebook - Seite der AfD zudem den zuvor Interviewten Dr. Jens - Christian Wagner. Die hierfür verantwortliche AfD ließ dieses zu. Das dürfte nicht weiter verwundern, denn - so berichtete der zuvor Angegriffene dem " SPIEGEL  " -  in einem konkreten Fall ließ sich nachvollziehen, dass die anwesenden Schüler jene provokanten Fragen aufgrund gezielter Indoktrination eines Lehrers gestellt hatten. Dieser war an jenem Besuchstag selbst nicht anwesend. Er hatte sich krank gemeldet und so musste eine Kollegin in Vertretung einspringen. Wie sich alsbald heraus stellte, war der " erkrankte " Lehrer ein AfD - Mann.



Warum wundert das jetzt nicht?










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