Cindy ruikt lekker!


Die niederländische Sprache ist in ihrem Begriffen durchaus vielseitig, aber für einen Bundesbürger mit etwas Sprachtalent und, wenn er zudem irgendwo im Hohen Nordern aufwächst, dennoch verständlich. Sicherlich hat so manches Wort ein " i, j, k " oder " z " zuviel, sodass es für einen Außenstehenden schlichtweg als unaussprechbar gelten könnte. Doch mittels einer gewissen Kehlkopfakrobatik beim Ausüben der niederländischen Sprache, kann dieses vermeintliche Problem denn schnelle gelöst werden.

Als ich im Frühsommer 1992 einen eher kurzen Urlaub in den Niederlanden antrat, waren die Vorbereitungen dafür doppelt so lang als der darauf folgende, tatsächliche Aufenthalt ind em Nachbarland. Ein Grund dafür war die Yorkshire Terrier - Hündin mit dem einprägsamen Namen " Cindy ". Nach ihrer Abstammungsurkunde war " Cindy " eigentlich als " Ebony of High Society " eingetragen und stammte von einer Züchterin aus Dötlingen. Dieses ist ein kleiner Ort zwischen Bremen und der niedersächsischen Stadt Wildeshausen.

" Cindy " lebte nach ihrem Kauf bei einer Rentnerin in Bremen, ehe diese sie aus gesundheitlichen Gründen abgeben musste. So gelangte " Cindy " zunächst zu einer Haushaltshilfe, die bei der betagten Damen in Bremen stundenweise die Wohnung reinigte und dieser die Einkäufe erledigte. Die Haushilfe hatte allerdings schon mehrere Tier, darunter auch einen bissigen Mischlingsrüden, mit dem sich " Cindy " dann nicht verstand. So kam die Yorkshire - Adelige auf Umwegen zu mir.

Damals wohnte ich noch in einer 4 - Zimmer - Wohnung im 2 Stock in der Waterloostraße 50 in Bremen und musste deshalb die Hündin zum Gassi gehen ständig herunter tragen. " Cindy " war nämlich nicht mehr die Jüngste, hatte zudem einen Herzfehler, benötigte deshalb " Lanitop " - Tabletten, war aber insgesamt noch fit.

" Cindy " mochte aber keine Autofahrten. Sie bellte vor und nach dem Aus - und Einsteigen laut herum, sprang während der Fahrt aus dem Hundekorb und setzte sich grundsätzlich auf meinen Schoss. " Cindy " war somit alles andere als pflegeleicht. Weshalb mir vor unserer Fahrt nach Holland auch schon ein wenig grauste. Beim Verstauen des Gepäcks in den kleinen Mazda 323 musste ich auch darauf achten, dass der " Maxi Cosi " für die einjährige Tochter ausreichend Platz hatte. Nach zirka einer halben Stunde und einer Vielzahl von Wegen hinauf in den 2. Stock, konnte ich die Fahrt nach Oostkapelle (  https://de.wikipedia.org/wiki/Oostkapelle ) in der niederländischen Provinz Zeeland antreten.

Nach der mehr als fünfstündigen Fahrt, die ich für die Strecke von Bremen nach dorthin ( mehr als 500 Kilometer ) benötigte, musste ich zunächst die schon etwas ältere Hundedame betreuen und natürlich versorgen. Nachdem Gassi gehen, gab es die übliche, portionierte Mahlzeit aus der mitgenommen Futterdose. Dazu stellte ich der betagten Yorkshire - Hündin einen Napf mit frischem Wasser . " Cindy " legte sogleich los. In rasender Geschwindigkeit war das Nassfutter verschlungen. Anschließend stand die Dame gesetzteren Alters wie geölter Blitz am Tisch, der just für das Kaffeetrinken gedeckt werden sollte. " Cindy " saß dort wie eine Eins und rührte sich nicht von der Stelle. Selbst dann noch nicht, als ich den Kaffee in die Tassen goss.

Ein Yorkshire Terrier zählt neben dem Labrador, Beagle oder auch Besset zu den verfresseneren Rassen, die ein bestimmtes Gen in sich tragen, dass jene Fresssucht bedingt. Ein Hundehalter muss deshalb streng auf das altersgemäße Gewicht des Tieres achten. Da Yorkshire Terrier eher klein bleiben ( bis zirka 20 cm Höhe, 3,5 KG Gewicht ) ist die Nahrung darauf abzustimmen. Hat ein Hund erst Übergewicht, wird es schwierig, dieses ohne Reduzierung des täglichen Futters abzubauen. Yorkshire Terrier sind zwar Jagdhunde jedoch wird es bei übergewichtigen " Yorkis " problematisch, diese zum Gassi gehen zu bewegen. Das zu hohe Gewicht macht auch einen Jagdhund träge.

Bei " Cindy " musste ich also darauf achten, dass die ältere Hundedame nicht zu viel frisst. Sie bekam deshalb die Ration Futter möglichst immer zur gleichen Zeit. Die Kroketten wurden fast abgezählt; das Nassfutter gab es nur Löffel weise aus der Dose.
Dieses war nicht nur wegen des von der Natur aus vorliegenden Vielfrass - Gens , das dem Yorkshire Terrier immanent ist, erforderlich, sondern vornehmlich deshalb, weil die alte " Yorki " - Damen eben den angezüchteten Herzfehler hatte.

Aber auch beim Essen am Tisch, bei den eigenen Mahlzeiten also, war äußerste Vorsicht geboten. Die Yorkshire - Dame setzte sich zu diesen, täglich wiederkehrenden Ereignissen, direkt neben einen Stuhl oder neben den Tisch und wartete in " Habtachtstellung " mit großen, rehbraunen Augen, die dort platzierten Personen beobachtend, darauf, ob nicht doch ein Stück Essbares auf den Boden fällt.

War das, so, wie es bei meiner Tochter es dann und wann vorkam, der Fall, stürzte sich der Jagdhund wie ein solcher auf den am Boden liegenden Bissen und verschlang diesen laut schmatzend. In Vielfrass- Manier, eben.

Es geschah an einem der vielen Spaziergänge, die ich mit Kind und Hund innerhalb der großzügig angelegten Wohnparkanlage vornahm, als sich " Cindy " plötzlich auf Abwegen befand. Ich hatte sie von der Leine gelassen und ging, den Buggy mit Tochter schiebend auf einen der vielen Sandwege entlang, als der Yorkshire Terrier nach einer leichten Biegung aus dem Blickfeld entschwand. Der Hund war weg. Nicht zu sehen, nicht zu hören; einfach nur weg. Ich rief laut den Namen der Hunde - Dame. Keine Reaktion! Ich sah mich um. Sie war nirgendwo zu sehen. Nach einigen Minuten machte ich mir ernsthafte Sorgen um die herzkranke Yorkshire - Hündin.

Nach einigen Hundert Metern fand ich den Hund wieder. " Cindy " hatte sich - so, wie ich es von ihr kannte - neben einen Gartentisch auf einer Terrasse, ähnlich der, die an dem gemieteten Ferienhaus angelegt war, platziert. " Cindy " schaute starr zu dem Tisch hoch. An diesem befanden sich vier Personen, die Bewohner des Ferienhauses. Zwei schon etwas ältere Paare, vielleicht auch Ehepaare, hatten an jenem frühen Nachmittag den Grill angeworfen und auf dessen größeren Rost bruzzelte Fleisch. Auch auf den Tellern der Herrschaften lag Fleisch. Das hatte die Yorkshire - Hündin bereits lange vor uns gerochen.

Nun saß sie mit ihren Rehaugen am Tisch und bettelte. Nicht laut bellend, nicht mit den Pfoten kratzend, sondern still und leise. Sie saß dort und wartete auf die Dinge, die da noch kommen können. Will sagen: Es könnte ja ein Stück Fleisch, ein Zipfel Wurst herunter fallen.

" Cindy " saß jetzt dort, bei fremden Leuten am Tisch. Mit gestrengen Unterton rief ich mehrfach ihren Namen, denn das Verhalten der Dame war mit eher peinlich. Einer von den älteren, ergrauten Herren hob verständnisvoll leicht den Kopf in unsere Richtung und erklärte dann: " Cindy ruikt lekker! "

Wir lachten laut los.

In diesem Moment kam der Hund zu uns herüber gelaufen. Ich leinte die Yorkshire - Dame wieder an, denn ich traute dem Frieden nicht. Es hätte ja sein können, dass sie es sich noch überlegt und erneut an den Tisch der vier Holländer herüber eilt, um nach Fleisch zu betteln.

Die weiteren Tage an der niederländischen Küste verliefen ohne Zwischenfälle. Die anderen Frühurlauber waren zwar längst weider abgereist, doch ich leinte den Hund jetzt rein vorsorglich immer an, wenn wir an den anderen Häusern der Ferienanlage vorbei gingen.Es hätte ja wieder sein können, dass dort gegrillt wird und " Cindy lekker ruikt "!




VESPERADO - Strangest Thing In The Ocean - Live in Kiev - 2013:












 


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