Monika Maron: Schreib´nicht mit den Schmuddelkindern!



Ein elementarer Grundsatz des heutigen Vertragsrechts lautet: " pacta sunt servanta ". Damit wird impliziert, dass das Nichteinhalten eines geschlossenen Vertrags zu möglicherweise rechtlichen Konsequenzen führen kann. Aber nicht nur das. In weiten Teilen des Wirtschaftsprivatrechts führt nolens volens ein festgestellter Vertragsbruch zu der Konsequenz, dass mit dem vertragswidrig Agierenden künftig keine wirtschaftlichen Verbindungen eingegangen werden. 

Wenn sehr lange Geschäftsbeziehungen nicht weiter geführt werden, dann kann dieses sicherlich vielerlei Gründe haben. Es ist dennoch erlaubt und zudem wohl auch folgerichtig, dabei zu hinterfragen, warum eine über viele Jahre andauernde geschäftliche Beziehung, innerhalb derer vielleicht eine Vielzahl von Verträgen geschlossen und zur Zufriedenheit beider Parteien umgesetzt und abgewickelt worden sind, plötzlich nicht mehr so funktioniert. Auch langjährige Geschäftsbeziehungen sind dem Wandel der Zeit unterworfen.

Das gilt selbstverständlich auch für Autorenverträge. Gerade in den sich durch die Digitalisierung und die damit einhergehenden, nahezu revolutionären Veränderungen unseres eigenen Lebensumfeldes. Nichts bleibt, so wie es einst war. Das dürfte in etwa als Bewertung dieses, vielleicht seit 3 Jahrzehnten andauernden Prozesses in eine von virtuellen Einflüssen gekennzeichnete Welt stehen.

Die geistige bis hoch geistige Kunst, somit auch die des Schreibens, musste sich diesem noch andauernden Wandel unterwerfen. Wer heutzutage mit veröffentlichter Literatur oder dem, was als solche darunter zu verstehen sein könnte, einen Namen machen möchte, um diesen in klingende Münze umzusetzen, der muss schon ein gewisses Talent haben, was ihn aus der Masse hervor ragen lässt.

Die Schriftstellerin Monika Maron gehörte über viele Jahre zu jener Gruppe der Außergewöhnlichen. Allerdings ist ihr großer Erfolg schon sehr viele Jahre her. Die am 3. Juni 1941 in Berlin geborene Maron lebte von 1961 bis 1988 in der DDR. Ihre biografischen Eckdaten lassen nur erahnen, dass sie in jenem Zeitraum wohl kaum als aktive Widerstandskämpferin bezeichnet werden darf.        

Im diffusen Licht ihres " wikipedia " - Eintrags lässt sich zunächst keine klare politische Richtung ausmachen. Was war sie denn nun? Mitläuferin und Privilegierte innerhalb des Systems des SED - Unterdrückungsstaats? War sie vielleicht sogar Teil desselben? Wer, so wie sie und ihr Mann, von den DDR - Apparatschiks ein BRD - West - Visum, wenn auch " nur " auf 3 Jahre zeitlich befristet, erhält, zählte als - eventuell wichtiger -  Bestandteil des staatlichen Bespitzelungs - und Denunziationssystems des damaligen zweiten deutschen Staates.

Bei " wiki " ist dazu nachlesbar:

"  Ab Oktober 1976 traf sich Maron mehrmals mit einem Stasi - Mitarbeiter. Sie gab keine Verpflichtungserklärung zur konspirativen Zusammenarbeit ab, konnte aber als " Kontaktperson " der HVA 1977 mehrmals nach West - Berlin reisen ".

- Zitatende - aus: https://de.wikipedia.org/wiki/Monika_Maron


Was in den nüchter gehaltenen Zeilen nicht steht - weil es möglicherweise nicht belegbar und alsdann als subjektive Wertung anzusehen sein könnte - ist die erforderliche Reflexion des politischen Realzustandes der DDR einerseits und dem der BRD andererseits. Es herrschte immer noch der so genante " Kalte Krieg " zwischen West und Ost. An der innerdeutschen Grenze wurde von den DDR - Einheiten auf " Republikflüchtlinge " geschossen. Das Unterdrückungsregime in Ost - Berlin installierte Selbstschussanlagen, pflegte einen Minengürtel innerhalb der " Demarkationslinie " und hetzte unverblümt gegen den Klassenfeind im Westen, mit dem es unter der Hand beste Warengeschäfte unterhielt und abschloss, um der sich bereits damals andeutenden " Staatspleite " zu entgehen. Umgekehrt, also von der BRD aus betrachtet, pöbelten reaktionäre Politiker, wie Strauß aus Bayern, gegen die DDR und ihre angeblichen Helfershelfer in den Teilen der westdeutschen Protestbewegungen oder der DKP, um wiederum mit den Machthabern ostseits der Mauer glänzende Geschäfte einzufädeln.

Wer damals, in diesen vergifteten Zeiten, als DDRler in den Westen, zum Klassenfeind reisen durfte, musste im Sinne der DDR - Staats - und Parteiführung funktionieren. Maron schien diese Voraussetzung zu erfüllen. Wie dem auch immer gewesen sei, die Maron´sche Biografie bleibt dazu eher nebulös. Es ist zudem viel zu lange her, als dass ihr daraus noch ein handfester Vorwurf gemacht werden darf. Schließlich waren wir Westler und unsere von einem noch schlimmeren Unrechtsstaat geprägten Eltern, vormals auch keine Engel. Im Westen, in der BRD, durften Ex - Faschisten führende Ämter bekleiden, ohne dass ein Aufschrei durch die Bevölkerung ging. Wer - so wie unsere Eltern - faschistisch erzogen wurde, wer durch Lügen und Indoktrination beeinflusst wurde, legt das hierdurch erhaltene Korsett der politischen - und auch Lebenseinstellungen nicht von einem Tag auf den anderen ab.

Weil Monika Maron ab 1949 die volle Dröhnung DDR - Sozialisation verabreicht bekam, trifft auf sie just das Vorgesagte voll umfänglich zu.

Da mag sie mit ihrem Roman " Flugasche ", der in der DDR ab 1981 wegen der dort praktizierten Zensur nicht erscheinen durfte, sich nun kritisch über die real existierende Umweltvergiftung echauffieren, im Großen und Ganzen hat dieses Buch nichts an den in ihrem Land vorherrschenden, existenziellen Zwängen geändert. Vor allem auch,weil die BRD - Konzerne wegen der strenger werdenden Umweltauflagen nicht mehr den Dreck vor der eigenen Haustür erzeugen durften, zogen sie einige Hundert Kilometer weiter ostwärts. Weil die Pharma - Industrie keine " Menschenversuche " mit ihren aus den Laboren kommenden Arzneien im Westen durchführen durften, holten sie sich die Ergebnisse aus den Testreihen eben von DDR - Bürgern. Wer die systematische Vergiftung der Landstriche durch stinkende, rauchende Kombinate und schäumende Fluss - Kloaken in der DDR betrachten durfte, dem war klar, dass ein sich selbst vernichtender Staat nicht mehr lange auf diesem, unserem Planeten sein wird.

So kam es denn auch. Ende 1989 war Schluss mit dem Experiment, auf deutschen Boden ein anderes Wirtschafts - und Gesellschaftssystem zu installieren. Der real existierende Sozialismus hatte ausgedient. Er bekam einen anderen Mantel umlegt, erhielt ein bunteres Outfit und durfte dabei ein wenig mit entscheiden. Dass, was sich parlamentarische Demokratie nennt, ist indes bei vielen im einstigen Staatsgebiet der DDR verbliebenen nicht nach dem Geschmack der Regierenden transformiert worden und in deren, von staatlicher Gängelung beherrschten Lebensgewohnheiten angedockt. Der als " Ossi " verunglimpfte in die Denkfreiheit los gelassene Deutsche, er hat den zwanghaften Wahn, so wie sein Bruder im tiefen Westen, die dort produzierten Autos fahren zu wollen, die gleichen Urlaubsziele ansteuern zu dürfen und dem ungehemmten Konsum frönen zu können, zwar ungefiltert übernommen, jedoch hapert es nicht selten an der dafür erforderlichen Toleranz gegenüber dem Fremden.

" Pegida " und die übrige Hasskultur ist deshalb nicht von ungefähr dort in aller Öffentlichkeit zelebriert worden, wo die durch die selbst verursachte Wende ab 1989, wunderbar reglementierte Bürger nun auf sich selbst gestellt und die in vermeintliche Freiheit entlassen wurden. Dennoch ist Rassismus, Faschismus und gelebte Intoleranz kein spezifisch ostdeutschen Problem oder Phänomen. Was in den 1950er bis 1970er Jahre in der westdeutschen Gesellschaft, vermehrt durch sämtliche Medien kolportiert, als herrschende Meinung und von den Amtskirchen gepredigte Werte und Normen in die Köpfe der Nachkriegskinder eingepflanzt werden sollte, kommt heutzutage nur noch bedingt an. Es dürfte Teil des Konflikts, der von den ehemaligen ´68ern vom Zaun gebrochenen gesellschaftlichen Diskurses sein, innerhalb dessen die, von den Eltern erhobenen Wertvorstellungen und ihrem, in den Erziehungsmethoden enthaltenen Moralstreben infrage gestellt wurden,  gewesen sein, dass es im Westen höhere Toleranzschwellen gibt. Die Ostdeutschen konnten diesen Diskurs über fragwürdige, auf Recht und Ordnung ( hier: im Sinne der Parteiführung ) basierenden Verhaltenskodizes nicht führen, weil abweichende Meinungen sanktioniert wurden.

Das versuchte Anderssein reduzierte sich damit auf das selektierte private Umfeld, welches aber über den staatlichen Unterdrückungsapparat einer permanneten Überwachung - und Kontrolle unterlag. On die jetzt 79jährige Schriftstellerin Maron Teil dessen gewesen war, dürfte nur sie selbst wissen und einordnen können. Fakt bleibt jedoch: Maron war keine Umweltaktivistin. Konnte und durfte sie auch nicht sein, weil es in der ehemaligen DDR eine " Grüne Partei / eine Umweltbewegung nie gab ).

Ihr zunächst bei dem S. Fischer Verlag in Berlin erschienener Roman " Flugasche " (    https://de.wikipedia.org/wiki/Flugasche_(Roman) ) ist von den Lesern und der Fachwelt der BRD - vielleicht zu Unrecht - als Musterbeispiel " system - kritischer " Literatur in der DDR eingestuft worden. Darin die - so wie es der westdeutsche Propagandasender " Deutschlandfunk " ständig behauptete - Widerstandskämpferin, die Oppositionelle zu sehen, muss im Nachgang als unredlich gelten. Marons gezeigte und gelebte Einstellung zu der Staats - und Parteiführung war ambivalent. Zudem hatte sie bis zu einem gewissen Grad bei den staatstragenden Personen eine Art " Persilschein ", denn ihr Vater Karl Maron war ab 1955 bis 1963 DDR -  Minister des Inneren.

Dem S. Fischer Verlag blieb die Schriftstellerin Monika Maron über Jahrzehnte lang treu und er ihr auch. Der Verlag galt zu jener Zeit als Maron ihren Roman veröffentlichen durfte, als mit führenden im Bereich der anspruchsvolleren bis Welt -  Literatur. Zu jener Zeit als die DDR - Bürgerin ihren Roman über diesen Verlag veröffentlichen ließ und dafür ein ordentliches Honorar in Westmark kassieren konnte, was wiederum der chronisch klammen DDR half, gab es in Westdeutschland einige, große und namhafte Buchverlage, die die bestehende Konkurrenz nicht zu fürchten hatten. Der Fischer - Verlag zählte zweifelsfrei dazu. Bücher wurden in Massen gelesen, denn die virtuelle Welt war einst sehr überschaubar. Weil der Umsatz der Verlage stimmte, konnten sie überleben und sich auch auf solche Experimente, wie die Herausgabe von DDR - Literatur einlassen.

Wer das wahre Gesicht hinter dem Propaganda - Vorhang der staatlich gelenkten und reglementierten DDR - Medien kannte, musste bereits ab den 1970er Jahren erkennen, dass dieser auf Kante genähte Staat nicht ewig überleben konnte. Die vergiftete Umwelt war dabei nur ein Aspekt, der bei diesem Werturteil eine Rolle spielte. Die Schilderungen hierüber in Marons Buch waren für einen kritischen Betrachter der gesellschaftlichen und ökonomischen Verhältnisse im Land, das seine eigenen Bürger einsperrte und überwachte, nicht so neu und außergewöhnlich. Dennoch stürzte sich eine Vielzahl westdeutscher Bücherfreunde auf das Werk. Sie hatten eben keine konkreten Vorstellungen über die DDR - Wirklichkeit. Das war wiederum gut für den S. Fischer Verlag. Der verdiente mit dem Roman klotzig.

Nun, beinahe 39 Jahre danach ist die Läsion zwischen dem Verlag und der Schriftstellerin einseitig beendet worden. S. Fischer ist längst nicht mehr der Verlag, der er vor Jahrzehnten einmal war. Und Monika Maron nicht mehr die Schriftstellerin, die in das Portfolio des Verlags, der ja seit 1962 zu der Georg von Holtzbrinck - Gruppe aus Stuttgart passt. 

Maron liebäugelt seit längerer Zeit mit so genannt rechter Literatur. Seit zirka 10 Jahren kritisiert sie  den Islam. Das bleibt ihr nicht nur unbenommen, sondern es führt zu keinen ernsthaften Sanktionen. Dass sie dafür aus den Medien nicht immer zustimmende Reaktionen erfährt, liegt zunächst an der Meinungspluralität in diesem, unserem Lande. Sie lebt ja seit 1988 nicht mehr in der DDR, deren abgewirtschaftete Machthaber ihr großzügiger Weise ein Drei - Jahres - Visum für die BED gewährt hatten.

Unappetitlich wird allerdings ihre Nähe zu Faschisten und jenen Personen, die sie zu Helfern und Helfershelfern auserkoren oder gewonnen haben. In den Medien, so auch in dem " SPIEGEL " - Artikel  " Schwarzes Schaf ", (  " DER SPIEGEL ", 44, 2020, S. 117 ff ) wird in diesem Zusammenhang der Name Susanne Dagen genannt. Diese Dame aus Dresden hat enge Bande zu dem selbst ernannten Vordenker der " Neuen Rechten " Götz Kubitschek über dessen Ehefrau geknüpft. 

 https://de.wikipedia.org/wiki/Susanne_Dagen

Nun hat sich der bekannte S. Fischer Verlag von Frau Maron getrennt. Hierzu entbrannte - wie nicht anders zu erwarten - eine kontroverse öffentliche Debatte. Es wurde von einem " fatalen Einschüchterungssignal " gesprochen, von dem " Verstoß " gegen ein " moralisches Reinheitsgebot " und ähnlichem Schwulst. Kollegen, wie die ebenfalls in der ehemaligen DDR geboren Jörg Berning und Uwe Tellkamp solidarisierten sich mit Maron. Dieses verwundert den kritischen Betrachter der " Pegida " nahen und Dresdner Szenerie nicht. Schließlich bleibt es auch angeblichen Rechtsintellektuellen frei gestellt, mit abstrusen, abwegigen und plattitüdenhaften Einstellungen und Meinung zu versuchen, den eigenen Bekanntheitsgrad zu steigern, um damit Moneten zu verdienen.   

Bei aller Aufgeregtheit bleibt indes festzuhalten, dass sowohl der Schriftstellerin Maron als auch dem S. Fischer Verlag es unbenommen bleibt, ihre geschäftliche Beziehung zu beenden, zu veränder oder somit auch fortzuführen. es gibt zwischen den beiden ehemaligen Partner kein Kontrahierungszwang, was im Umkehrschluss bedeutet, sofern keine vertraglich fixierten Rechten und Pflichten vorliegen, kann der Verlag davon absehen, ein ihm vorgelegtes Manuskript in Buchform oder sonstwie zu veröffentlichen. Wenn die Schriftstellerin Maron auf dann auf einen anderen Publizierungsweg zurückgreifen möchte  - bitte schön!

Andererseits bleibt es sicherlich fragwürdig, dass allein das Verbreiten einer bestimmten Meinung oder abweichenden Gedankenguts, welche oder welches mit einer vorherrschenden Meinung nicht kompatibel ist, dazu führen kann, in eine bestimmte Schublade abgelegt zu werden. Noch sind die Grundrechte bindend. Das gilt auch für die freie, die unzensierte Meinungsäußerung. Und dieses dürfte auch in der Causa Maron der Fall sein. Hier von einer Beschränkung, Einschränkung oder gar Zensur zu reden und zu schreiben, ist unredlich. Derartige grundrechtswidrige Handlungen können eh nur durch staatliche Organe begangene werden. Und - bei aller Kritik zu der Entscheidung, die Zusammenarbeit mit Frau Maron nicht fortführen zu wollen -, der S. Fischer Verlag aus Stuttgart am Neckar ist kein Staatsorgan. Er ist Teil eines Medienkonzerns, dessen Entscheidungen sich an den bestehenden Marktbedingungen orientieren. Wenn mit einer Schriftstellerin kein Geld zu verdienen ist, wird sie eben abgelegt. Wenn sie mit den braunen Schmuddelkindern schreibt, aber auch?        




 

 

  

 



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