Umgestiegen


Letzte Woche waren wir im benachbarten Neufahrn. Einer mittelgroßen Gemeinde, die wohl eher durch dass berühmt - berüchtigte Autobahnkreuz bekannt sein dürfte, denn als attraktiver Wohnort. Dort hat sich seit vielen Jahren ein " Mazda " - Vertragshändler niedergelassen. Das Autohaus S. befindet sich an einer Straße, die - sinnigerweise - " Galgenbachstraße " heißt. Als ich im vergangenen Jahr dort das erste Mal wegen eines TÜV - Nachprüfungstermins anfragte, erschienen mir die Werkstattmitarbeiter ein wenig zu überheblich. Nicht nur, dass ich mich von dem oberbayrischen Dialekt des dort auftauchenden Meisters, der vorgab, kein Hochdeutsch zu verstehen, mehr oder minder veräppelt gefühlt habe, nein, auch der - meiner Einschätzung nach - türkisch - stämmige Angestellte hinter dem Schreibtisch der Annahme, kam mir zu arrogant herüber. Mit flapsigen Bemerkungen, wie " Das kostete 86, 40 Euro! Zahlen Sie abr oder mit Karte? ", hatte er bei mir bereits " verschissen.

Egal. Das gehört der Vergangenheit an. Ich bin zwar nicht immer nachtragend, aber oft konsequent. Ich fuhr - Grundsatz: Rentner haben ja viel Zeit - nach Chemnitz zu der dortigen " Mazda " - Vertretung und bat um eine Zweitmeinung. Leider war die zuvor erhaltene Diagnose, dass das - aua,aua, das tat weh! - Lenkgetriebe erneuert werden muss, weil es sich leider nicht zurücksetzen und neu justieren ließ.

Die Reparatur war schweine - teuer. Aber: Kein Neueinbau, kein TÜV. Kein TÜV, keine Plakette. Keine Plakette, Ärger mit der Polizei, den Behörden und der Kfz - Versicherung! Das ist in einem geregelten Land, wie das unsrige, eben so.

Ein Jahr später also, hatten wir einen Termin bei " Mazda " in Neufahrn und saßen dieses Mal vor dem Schreibtisch des Autoverkäufers. Auch er sprach eingefärbten Dialekt, war aber äußerst freundlich ( er wollte ja schließlich ein Auto verkaufen ) und erklärte uns exakt, was es denn mit dem neuen " Mazda MX 30 auf sich hat. Meine bessere Hälfte, im Gegensatz zu mir, technisch - theoretisch nicht unbelesen, hatte sich auf diesen Termin vorbereitet und stellte ihre präzisen Fragen.

Nach einer Probefahrt mit eben jenen " Mazda MX 30 ", verflog meine zunächst vorhandene, sehr skeptische Grundeinstellung zu der vollkommen anderen Antriebsart; zum SUV im allgemeinen und zu einem geleasten PKW im besondern. Die Probefahrt verlief - weil ich hyper - vorsichtig fuhr - natürlich konfliktfrei.

Wir verblieben mit dem kompetenten Verkäufer auf ein Wiedersehen am folgenden Tag. 

An diesem Mittwoch, den 7. Oktober 2020, unterschrieb dann meine bessere Hälfte den Kauf - und Leasingvertrag. 

Der " Neue " steht aber noch im fernen Japan und wird wohl erst Ende November ausgeliefert worden sein. Japan ist weit, womit klar ist, dass ein bestellter PKW einige Wochen benötigt, um nach Europa und dann über den Seeweg nach Leverkusen, wo das zentrale Auslieferungslager ist, zu gelangen. Von dort aus muss der Wagen noch nach Neufahrn gelangen, dort angemeldet und gleichzeitig " verkaufsfähig " gemacht werden.

Da bliebt noch genug Zeit, die Verkaufsmodalitäten für den " Alten " in die Wege zu leiten. 

Der erste Schritt hierfür ist ein blank geputztes Fahrzeug, das dann möglichst eindrucksvoll fotografiert wird, um diese Bilder ins Netz stellen zu können. Das Auge sieht alles und isst auch hierbei nicht nur mit. Also begab ich mich am gestrigen Mittwochvormittag an die Arbeit.      

Ich bewaffnete mich mit einem Plasteeimer, einem Autowaschschwamm, allerlei Putz - und Reinigungsmitteln, einem Staubsauger, einem alten Handtuch und einem " Mazda " - Lackreparaturstift.

Dann legte ich los.

Ich hasse Autowaschen eigentlich. Seit jenem Zeitpunkt, an dem ich meinen ersten eigenen Wagen besaß. Es war ein weinroter Renault R 4 mit einer 6-Volt - Anlage und dem berühmten Viergang - Schaltknüppel, der lausige 26 PS bearbeiten sollte. Das Auto, dass ich gebraucht im Januar 1973 in Stadthagen für knapp 3.000 DM erwarb, war von Beginn an ein wahres Abenteuer. Je nach Wetterlage, zeigte es ein anderes Gesicht; änderte ständig sein Motor - und Fahrgeräusch, sprang häufig nicht an, rostete, muckte herum, aber fraß nur knapp 6,5 Liter Normalbenzin für lumpige 52 bis 56 Pfennig; kostete 129 Mark Kfz - Steuern im Jahr und vielleicht um 200 DM Kfz - Versicherung, bei einer  Schadeneingruppierung von 150 % als Anfänger.

Gut, ja, gut, ich sach´ma´, das ist jetzt 47 Jahre her. Seitdem hat sich viel in meinem Leben getan. Dem von mir wie eine jüngere Frau geliebten weinroten R4 folgten weitere Schwestern in lindgrün, sonnen-gelb und marineblau. Dann war Schluss mit den Franzosen. Ich stieg auf Japaner um. Und bin bei dieser Automarke seit 1987 geblieben. 

So saugte, schrubbte und wienerte ich an und in dem PKW mehr als 1 1 /2 Stunden herum. Dann war er fotogen genug. Ich fertigte mit der Kamera einige Bilder an, die dann meine bessere Hälfte in der eingestellten Verkaufsanzeige hoch lud. Nach einiger Zeit schaute ich mir die Verkaufsannonce an. Bald wird der " Mazda " einen neuen Eigentümer haben und wir fahren dann ein Elektromobil. Wenn ich vor mehr als 47 Jahren danach befragt worden wäre, ich hätte als Antwort einen " Autofahrer - Vogel " gezeigt.

 

THE SACRED MUSHROOM  -  All Good Things Must Have An End  -  1969:


THE SACRED MUSHROOM - ALL GOOD THINGS MUST HAVE AN END



    

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

" Eine Seefahrt, die ist lustig. " - nur nicht in den 60er Jahren zum AOK - Erholungsheim auf Norderney.

" Oh Adele, oh Alele, ah teri tiki tomba, ah massa massa massa, oh balue balua balue. " und die Kotzfahrt nach Wangerooge.

Widerspruch zwecklos!