Extreme

Diese Wochen war so richtig anstrengend. Nicht, weil wir drei Mal 8 Kilometer gelaufen sind und dabei zu der ernüchternden Erkenntnis gelangten, dass es bis zur erhofften Teilnahme am Halbmarathon im kommenden Jahr auf dem Darß noch ein sehr weiter Weg sein wird. Auch nicht, weil wir feststellen mussten, dass unser teurer Mammut - Urwaldbaum den ersten Winter in unserem Garten nicht ohne Blessuren überstanden hat und vor allem deshalb nicht, weil es außer dem Ukraine - Krieg und den widerlichen Pöbeleien des Herrn Melnyk kaum andere Themen für die Medien - Meute gibt, die sich dabei jedoch sehr dezent mit Kritik zurück hält ( https://www.fr.de/meinung/kolumnen/ukraine-konflikt-andrij-melnyk-kritik-konflikt-deutschland-streit-botschafter-91492357.html ).

Nein, diese alles brachte mich nicht so richtig aus dem Sattel. Da mag der ukrainische Botschafter nun dank der medialen Aufmerksamkeit, seinen Hirnschiß zu der Haltung der Scholz - Regierung heraus quetschen, wann und wo er will, dieses ist, verglichen mit dem, was am Freitagabend auf mich zu kam, ein Nichts, eine Marginalie.

Da zappte meine bessere Hälfte - ob eher zufällig oder ganz bewusst - sich aus der Konserve in der Mediathek heraus, um mir einige Bilder des vollendeten Grauens zu kredenzen. Extreme, eben!

Der MDR im Verbund mit dem RBB ließ der Nostalgie an diesem Freitagabend zur so genannten Prime Time den vollen Lauf. Da waren füllige bis adipöse Vollmondgesichter, teils bebrillt, mit Trutschen - Frisuren und Goldkettchen um den Hals, in Blöcken stehend zu erkennen. Nur selten fanden sich männliche Figuren jenes Kalibers unter ihnen. Die Halle - rappelvoll - war im leicht bläulichen Licht getaucht, Spots und Laser jagten sich darin; groß volumige Diskokugel blitzen von der Decke. Ein Geburtstag sollte dabei angemessen gefeiert werden. Der 70te. Aber, wer wird so alt?

Ja, der Wahl - Ostdeutsche mit dem Namen Roland Kaiser. Er darf am 10. Mai 2022 tatsächlich seinen 70ten feiern. Deshalb huldigen der MDR und seine Getreuen ihn mit einer Veranstaltung auf Kosten der Zwangsgebührenzahler. 

Weil der gute Roland dankbarerweise den Sender und die vielen anwesenden Fans mit seiner noch verbliebenen Sangeskunst beglückte, flippte der ganze Laden vollkommen aus. Gejauchze, Gefühle, aufbrausender, nicht endend wollender Applaus folgte nach jedem Liedchen, welches " Uns Rolli " aus einer Mischung von Sprechgesang und Kehlkopfverstimmung von sich gab. Er trug einen Anzug, wie schon vor mehr als 30 Jahren, als er in das Beitrittsgebiet einfiel, um dort ordentliche Kasse zu machen.

Nun, ja, Musik ist nach wie Geschmackssache. Auch extreme Musik zählt dazu. Leider verursacht dieser Schlager - Schund bei mir immer noch permanente Kopfschmerzen und ich werde erst im kommenden Jahr wieder eine Null schreiben dürfen. Doch: Bei mir gibt es keine große Feier. Ich singe nicht, ich trage keinen Anzug und der MDR / RBB wird mir nicht seine Aufwartung machen.

Das sind dann wohl auch Extreme?

    

 

    








https://www.mdr.de/meine-schlagerwelt/roland-kaiser-wird-siebzig-mdr-gratuliert-100.html

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